Essen. Der IS reklamiert den Anschlag auf das Stadtfest in Solingen für sich. Damit scheint sich eine schon vor Wochen verbreitete Warnung zu bestätigen.
Die Bedrohung durch islamistischen Terror ist aktuell so ausgeprägt wie nie zuvor. Die Anschlagsgefahr sei „abstrakt hoch – so hoch wie nie zuvor“, so hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Juni gewarnt. Zuvor hatte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang vor einem deutlich gestiegenen Anschlagsrisiko gewarnt. Die Sicherheitsbehörden bearbeiteten vermehrt entsprechende Hinweise.
„Wir dürfen uns die Lage nicht schönreden: die aktuell größte Anschlagsgefahr kommt vom Terrorismus aus dem islamistischen Bereich. Hier wird vor allem im Netz massiv gegen unsere freiheitliche Lebensart Stimmung gemacht“, sagte Reul der NRZ. Zwar sehe man aktuell keine konkreten Planungen, man müsse aber „Augen und Ohren offenhalten“. Michael Mertens, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP, warnt vor einer „abstrakten Gefahr“, die konkreter denn je sei.
Gut zwei Monate später, einen Tag nach dem Messer-Anschlag beim Stadtfest in Solingen am 23. August, bei dem drei Besucher getötet wurden, hat sich dann tatsächlich der IS zu Wort gemeldet: Die Terrormiliz teilte mit, sie beanspruche den tödlichen Messerangriff für sich. Der Angreifer sei IS-Mitglied gewesen. Er habe seine Tat aus „Rache für Muslime in Palästina und anderswo“ verübt, hieß es in einer Mitteilung beim IS-Sprachrohr Amak. Der Angriff, so hieß es weiter, habe einer „Gruppe von Christen“ gegolten.
Deutsche Behörden halten IS-Ableger für das größte Sicherheitsrisiko
Aktuell halten die deutschen Behörden den afghanischen Ableger des sogenannten „Islamischen Staates“ für das größte Sicherheitsrisiko. Erst vor wenigen Wochen hatte der „Islamische Staat in der Provinz Khorosan“, kurz ISPK, zu Anschlägen während der EM, konkret: in Berlin, Dortmund und München aufgerufen. Die Spuren von in den vergangenen Monaten vereitelter Terrorpläne führen alle nach Afghanistan.
Mitte Juni war am Flughafen Köln/Bonn ein Mann mit deutsch-marokkanisch-polnischer Staatsangehörigkeit bei einem Ausreiseversuch gefasst worden, der den ISPK finanziell unterstützt haben soll und der sich vergeblich als Ordner bei Großveranstaltungen im Zusammenhang mit der Fußball-EM beworben hatte.
Im Irak und Syrien, wo der IS vor zehn Jahren sein Terrorkalifat errichtete, existieren noch immer viele Zellen von IS-Kämpfern. Auch diese Terroristen sind eine Gefahr für Europa. „Sie suchen nur nach einer passenden Gelegenheit, wieder aktiv zu werden. Auch Deutschland sollte wachsam sein“, warnt Rebar Ahmed Khalid, Innenminister der autonomen Region Kurdistan im Gespräch mit der NRZ.
Kurdischer Innenminister „IS ist stärker als 2014“
Der kurdische Innenminister hält es für gefährlich, den IS im Irak und in Syrien zu unterschätzen. „Aktuell ist der IS viel stärker als im Jahr 2014“, betont Khalid. Als die Terroristen vor zehn Jahren die Großstadt Mossul im Nordirak einnahmen, hätten sie über wenige Hundert Kämpfer verfügt. Jetzt seien Tausende Menschen in der Region noch immer Anhänger der Ideologie des IS.
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Verfassungsschutzpräsident Haldenwang führte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa Koranverbrennungen in Skandinavien und den israelischen Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen als Gründe auf, weswegen sich „Radikalisierungsspiralen in Gang“ setzten.
Landesinnenminister Reul betont: „Die Sicherheitsbehörden tun alles menschenmögliche, um potenzielle Täter dingfest zu machen, bevor etwas passiert. Aber hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht.“
Am Samstagabend bestätigte die Polizei in Solingen eine Festnahme nach einem Einsatz von Spezialkräften in einem örtlichen Flüchtlingsheim. Ob der Verdächtige der Messer-Attentäter ist, werde nun geprüft.
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