Essen/Solingen. Bei einem Stadtfest in Solingen hat ein Angreifer drei Menschen getötet. Der Organisator des Fests berichtet, wie er den Anschlag erlebte.

Um 21.37 Uhr klingelt das Telefon von Philipp Müller. Sein Manager, der an der Bühne am Fronhof Dienst hat, schreit aufgeregt: „Hier sticht jemand Leute ab.“ Kurze Zeit später meldet der Mann, dass Menschen reanimiert werden müssen. Müller eilt vom Neumarkt zum Ort des Geschehens. Es sind nur wenige Meter, aber er braucht fünf Minuten, die Innenstadt Solingen ist an diesem Freitagabend so voll wie lange nicht mehr.

Müller ist der Organisator des Stadtfestes, das an diesem Abend in einer blutigen Tragödie endet. „Als ich am Fronplatz angekommen bin, habe ich gesehen, wie Menschen reanimiert wurden. Da war sehr viel Blut.“ Seine Sicherheitsleute erzählen ihm später, die Attacke sei „irrsinnig schnell“ abgelaufen. Der Täter habe mit einem langen Messer direkt in die Hälse der Opfer geschnitten. Danach taucht der Unbekannte ab. Müller mutmaßt: „Der hat sich sehr gut ausgekannt.“ Der Mann sei Treppen an der Stadtkirche hinuntergeeilt, die direkt am Fronplatz liegt. Unten an der Hauptstraße gebe es vier Richtungen, in die er habe fliehen können. Wie der Mann aussah, können ihm seine Sicherheitsleute nicht sagen: „Die waren damit beschäftigt, den Opfern zu helfen.“

Als Müller die Szene am Fronplatz sieht, weiß er sofort: „Wir müssen abbrechen.“ Müller eilt zur benachbarten Bühne am Mühlenplatz, sagt durch, dass es eine Messerattacke mit Verletzten gegeben habe und bittet die Menschen sich dennoch ruhig zu verhalten. „Panik wäre das letzte gewesen, das wir gebraucht hätten.“ Tatsächlich verlassen die Menschen das Fest nach dem Abbruch ruhig, Chaos bricht nicht aus.

Augenzeuge von Solingen: „Die Menschen haben zum Glück besonnen reagiert“

Josef Neumann (63) ist die Fassungslosigkeit am Morgen nach der Bluttat anzuhören. „Das ist eine menschliche, gesellschaftliche und politische Katastrophe“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete. Er kommt aus Solingen, sein Wahlkreisbüro liegt gerade einmal fünfzig Meter entfernt vom Tatort. Neumann steht um kurz nach 21.30 Uhr vor der Bühne am Mühlenplatz, es herrscht Festivalstimmung, die Leute feiern ausgelassen. Dann kommt die erste Durchsage. „Die Menschen haben zum Glück besonnen reagiert und ruhig die Plätze verlassen.“

Wenige Minuten später zuckt Blaulicht durch die Nacht, etliche Rettungswagen und Polizeiautos treffen ein. Neumann fühlt sich an den Brandanschlag am 29. Mai 1993 erinnert, bei dem seinerzeit fünf Menschen türkischer Abstammung ermordet wurden. „Ich hatte sofort die Bilder von damals im Kopf.“ Später setzt Neumann einen Post in den sozialen Medien ab, in dem den Opfern und Angehörigen der Tat sein Beileid und Mitgefühl ausspricht. „Ich war entsetzt, mit wieviel Hass und Häme darunter kommentiert wurde.“ Die Bluttat vom Freitagabend treffe die Menschen in Solingen „in Herz und Mark“, das habe er bei jedem gemerkt, mit dem er gesprochen habe. 

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