Attendorn. Das OVG Münster hat einen Eilantrag von Naturschützern gegen einen vorzeitigen Baubeginn im Gewerbegebiet Fernholte in Attendorn abgelehnt.
Für die Stadt Attendorn ist es eine wegweisende Entscheidung: Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat mit Beschluss vom 28. Februar jenen Eilantrag der Landesgemeinschaft Natur- und Umweltschutz (LNU) e.V. abgelehnt, mit dem die Kläger einen vorzeitigen Baubeginn im geplanten Industriegebiet Fernholte/Eckenbachtal verhindern wollen. Seit vielen Jahren wehrt sich die LNU gemeinsam mit der Bürgerinitiative zur Erhaltung des Eckenachtals e.V. gerichtlich gegen die Verlegung eines namenlosen Gewässers. Als illusorisch und unrealistisch bewerten sie das Versprechen der Stadt, den kleinen Bach samt der umliegenden Grünbereiche durch die Verlegung ökologisch aufzuwerten.
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„In unseren Herzen scheint heute die Sonne“, macht Baudezernent Carsten Graumann keinen Hehl aus seiner Freunde. „Wir sind sehr froh über diese Entscheidung. Sie zeigt, dass die Notwendigkeit des neuen Industriegebietes und unser Vorgehen vom Gericht anerkannt werden. Diese Entscheidung aus Münster ist ein wichtiges Signal an alle Gewerbetreibenden, die sehnlich auf neue Flächen warten.“ Als „überragende Entscheidung für Attendorn“ bezeichnet auch Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) den Beschluss aus Münster, der nicht mehr anfechtbar ist.
Rund 26 Hektar groß
Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Olpe hatte bereits Ende 2020 der Stadt die Genehmigung erteilt, den kleinen Bachlauf, der durch das Plangebiet verläuft, so zu verlegen, dass sie auf einer Nettobaufläche von rund 26 Hektar dringend benötigte Gewerbeflächen realisieren kann. Der Kreis hatte bei dieser Genehmigung die Möglichkeit der sofortigen Vollziehung eingeräumt. Gegen diesen Beschluss hatte die LNU in Absprache mit der hiesigen Initiative per Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht in Arnsberg geklagt.
Ohne Erfolg, denn die Richter in Arnsberg lehnten diese Klage bereits im September 2021 ab. Und zwar – grob gesprochen – mit der Begründung, dass der Kreis Olpe als Genehmigungsbehörde und die Stadt Attendorn bei der Planung keine Fehler gemacht hätten und ein „ganz erhebliches öffentliches Interesse an der Realisierung eines neuen Gewerbe- und Industriegebietes im Stadtgebiet von Attendorn“ bestehe. Gegen diese Entscheidung legten die Naturschützer Beschwerde vor dem OVG ein.
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Ähnlich argumentieren nun auch die Richter am OVG: Die Gewässerverlegung sei planerisch gerechtfertigt, der Bebauungsplan für dieses Gebiet leide nicht an Mängeln und „auch die erteilte Befreiung nach dem Bundesnaturschutzgesetz wegen der Zerstörung der unmittelbar überplanten Teile des von der Gewässerverlegung betroffenen Biotops ist rechtlich nicht zu bestanden“, schreibt das OVG in einer Pressemitteilung zu der Entscheidung. Die Naturschützer hatten laut OVG vor allem auf ein als Biotop geschütztes Großseggenried hingewiesen. „Wir freuen uns, dass das OVG unsere sorgfältige Abwägung zwischen den Belangen des Umweltschutzes und der Infrastruktur in Attendorn bestätigt hat“, teilt Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum die Freude aus dem Attendorner Rathaus.
Ernüchterung beim LNU
Mit Ernüchterung nimmt Rainer Fischer, Geschäftsführer der Landesgemeinschaft Natur- und Umweltschutz aus NRW, den Gerichtsentscheid hin. „Wir werden jetzt intern mit unseren Mitgliedern vor Ort beraten, wie wir mit dieser Entscheidung umgehen und ob wir an dem Hauptverfahren weiter festhalten.“ Wichtig: Das OVG hat zunächst „nur“ den Eilantrag gegen einen sofortigen Baustart abgelehnt, eine richterliche Entscheidung im Hauptverfahren gibt es noch nicht. Für Bürgermeister Christian Pospischil ist aber klar: Die Deutlichkeit, mit der Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht den Eilantrag in die Schranken gewiesen haben, lasse keinen anderen Schluss zu als den, dass das Gericht auch in der Hauptsache zugunsten der Stadt entscheiden werde.
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So weit will Wendelin Heinemann, Grünen-Politiker und Mitglied der Initiative zur Erhaltung des Eckenbachtals, noch nicht gehen. Sehrwohl bestehe das Risiko, dass das Gericht in der Hauptsache anders entscheiden könnte und die Stadt dann gegebenenfalls mit einem Rückbau starten müsste. „Wir finden es nicht gut, dass an dieser Stelle Natur vernichtet wird. Und wir fragen uns auch, wie die Stadt Attendorn dieses Bauvorhaben im Eckenbachtal mit ihrem Ziel, bis 2030 klimaneutral zu sein, vereinbaren will“, erklärt Heinemann im Gespräch mit dieser Redaktion.
Mit dem Rückenwind aus Münster wird die Stadt Attendorn nun alle Planungen vorantreiben, um im Sommer mit der Gewässerverlegung zu starten. Das darf sie ab dem 1. August und hat dann bis Ende Februar 2024 aus naturschutzrechtlichen Gründen Zeit dafür. Wenn der Bachlauf im Frühjahr 2024 verlegt ist, folgen weitere vorbereitende Maßnahmen wie beispielsweise Kanal- und Straßenbauarbeiten und der Bau eines Regenrückhaltebeckens. Vermutlich frühestens 2027 können dann die ersten Firmen, die ein Grundstück im Industriegebiet erwerben, mit ihren Bautätigkeiten beginnen. Auf dem Weg dorthin hat das Oberverwaltungsgericht in Münster nun eine wegweisende Entscheidung gefällt.