Holthausen. Seit Beginn der Pandemie singen Nachbarn aus Holthausen in ihren Gärten jede Woche gegen den Corona-Frust. Nun trafen sie sich ein letztes Mal:
Mit Beginn der Corona-Pandemie vor gut drei Jahren startete in Holthausen ein besonderes Projekt: Mehrere Nachbarn sammelten sich in ihren Vorgärten, um gemeinsam über die Gartenzäune hinweg zu singen und zu musizieren. Der Vorschlag zum nachbarschaftlichen Konzert kam damals von der evangelischen Kirche. Den Impuls nahm das Ehepaar Angelika und Jochen Sabulowski in Holthausen auf – und setzte damit den Grundstein für eine Tradition, die drei Jahre andauern sollte und nun ihr Ende fand.
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Erstes Singen im Lockdown
Am 19. März 2020 ertönten erstmals Gesang und Musik aus den Gärten in Holthausen. Es war die Zeit, in der Bilder aus Italien von Lastwagen-Kolonnen mit Corona-Toten die Welt in Schrecken versetzten. Über das Corona-Virus war damals noch wenig bekannt und Abstand halten war das Gebot der Stunde. So auch bei dem „Corona-Singen“ in Holthausen. Zum Schutze aller traf man sich ausschließlich unter freiem Himmel und mit reichlich Abstand untereinander.
Anfangs zwei Mal am Tag, bei Wind und Wetter. Erst am Holderbusch, Ecke Weißensteinstrasse und dann vor den dortigen „Pilzhäusern“ noch einmal. Immer mehr Nachbarn fanden sich an ihren Fenstern und Balkonen ein und schlossen sich der Aktion an, die Angelika und Jochen Sabulowski federführend organisiert haben. Das Ehepaar liebt Musik und als die Idee zum gemeinsamen Singen aufkam, übernahmen sie gerne die Verantwortung. Den Gesang begleiteten sie mit Flöte und Gitarre. Dazu kam Jutta Winter mit ihrem Akkordeon.
Nachdem im Sommer 2020 der erste Lockdown endete und Corona-Regeln gelockert wurden, wollten sie zunächst einen Schlussstrich ziehen. Doch auf Bitten der Nachbarschaft kam es dazu nicht, erzählt Angelika Sabulowski. „Sie genossen das gemeinsame Singen“. Statt das regelmäßige Mitsingkonzert zu beenden, reduzierten sie die gemeinsamen Treffen auf einmal pro Woche, immer sonntags.
Auch Pfarrer Harald Schieber von der evangelisch-lutherischen Emmausgemeinde habe regelmäßig mitgesungen, berichtet Sabulowski.
Liedzettel vorbereitet
Zuerst fand das Singen nur in den Vorgärten ihrer Straße statt, aber als sich dich Nachricht verbreitete, stimmten viele der anliegenden Nachbarn mit ein. Dabei bereitete das Ehepaar Sabulowski das „Corona-Singen“ durchaus aufwendig vor.
„Das geht nur so. Irgendwer muss es in die Hand nehmen.“ Es wurden immer mindestens drei Lieder gesungen, wobei sich das Paar meist für moderne christliche Lieder entschied. Das Lied „Der Mond ist aufgegangen“ war unabhängig von der Auswahl gesetzt und wurde immer zum Abschluss gesungen. Fast wie ein „Abendsegen“, beschreibt Sabulowski. Die Lieder hätten ihnen in der schweren Zeit geholfen. „Wir haben miteinander getrauert und uns gefreut“, blickt sie auf die Stimmung damals zurück. Im Laufe der letzten drei Jahre wurde das Programm etwas heruntergefahren.
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Pandemie-Tradition endet
In der Anfangszeit sangen sie noch jeden Abend zusammen, dann nur noch an Wochenenden und mit dem Ende der Pandemie endet nun auch das Corona-Singen. „Jetzt sind alle Beschränkungen gefallen. Wir hören auf.“ Genau drei Jahre nach dem ersten Treffen fanden sich die Männer und Frauen in Holthausen ein letztes Mal zusammen. „An dem Tag hat es unheimlich geregnet und pünktlich zum Singen riss der Himmel auf. Es war als hätte jemand eine Hand darüber gehalten“, freut sich Sabulowski. Das gemeinsame Musizieren brachte während der Pandemie ein kleines bisschen Nähe und Zusammenhalt in die Nachbarschaft.
Miteinander gestärkt
„Das Singen wurde geboren aus einer Not und hat uns alle über eine schwere Zeit geholfen. Es hat das Miteinander gestärkt“, sagt die Holthauserin. Doch auch wenn die Pandemie für viele eine schwierige und dunkle Zeit war, gewinnt sie den vergangenen drei Jahren auch etwas positives ab. Durch das gemeinsame Singen sei die Gemeinschaft in Holthausen weiter zusammen gewachsen. „Aus Fremden und Nachbarn sind gute Freunde geworden“, freut sich Sabulowski. Und vielleicht will man sich irgendwann nochmal wieder zum gemeinsamen Singen treffen. „Aber dann eher im Gemeindehaus.“
Pfarrer Harald Schieber plant derweil einen Gottesdienst vor den Sommerferien mit Liedern, die bei dem Corona-Singen erklangen.