Holthausen. Holthausen ist für seine gehobene Wohnlage bekannt. Historisch liegt es Hagen näher als Hohenlimburg - und birgt Geheimnisse. Ein Besuch
Vermutlich inspiriert durch die eigene Sommerserie „Neulich in Hagen“, bei der wir bestimmte Orte in der Stadt besuchen und einfach aufschreiben, was wir dort erleben und sehen, riet mir eine innere Stimme dieser Tage auf meiner Fahrt die Hünenpforte hinab mal zum Holthauser Friedhof abzubiegen. Ich war noch nie in meinem Leben hier.
Friedhof im Grünen
Es ist ein ruhiger, grüner Ort auf einer Anhöhe über dem Dorf, durchgrünt und man kann hier besonders stark sehen, dass die gewöhnliche Erdbestattung auf dem Rückzug ist und der Trend zur Urnenbeisetzung aus Friedhöfen große grüne Parkanlagen macht. Plötzlich stehe ich vor dem Grabstein von Friedrich Schmalenbeck. „Ehrenbürger von Holthausen“ steht darauf.
Meine Meinung: Holthausen genießt in Hagen eine sehr dezente Wahrnehmung. Bekannt ist es für seine gute und gehobene Wohnlage. Sozialer Wohnungsbau findet hier nicht statt. Was bemerkenswert ist. Denn Hartwig Sülberg, ein Holthauser Junge von Geburt an und als Senior weiter Holthauser geblieben, berichtet mir, dass die Ortschaft vor vielen Jahrzehnten Heimat des Arbeitermilieus war.
Früher Arbeitersiedlung
Schuftende Männer, die in den Stahlbuden Hohenlimburgs malochten und hier, vor den Toren der einstigen Stadt lebten. Das hat sich, so meine Beobachtung, ins Gegenteil verkehrt. In Holthausen wohnt heute vornehmlich nicht mehr die Arbeiterschicht, sondern viele, die es sich leisten können, sich hier niederzulassen.
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Wie dieser Wandel sich vollzogen hat, ist historisch nicht so ganz nachvollziehbar. Ein Grund könnte sein, dass der soziale Wohnungsbau, wie man ihn in manchen Bereichen in Hohenlimburg heute sieht, irgendwann vorangetrieben wurde und es möglich wurde, näher an der Stadt oder näher an der jeweiligen Fabrik zu leben.
Teil der Bauernschaft Haßley
Doch das ist reine, persönliche Deutung. Holthausen gehörte ehemals in der Eppenhauser Mark zur Bauernschaft Haßley und im Amt Wetter, Kirchspiel und Gericht Hagen zur Grafschaft Mark. Das klingt jetzt vielleicht etwas unübersichtlich, wenn einem möglicherweise der regional-historische Hintergrund über das 15. oder 16. Jahrhundert fehlt. Den benötigt man aber eigentlich auch gar nicht. Entscheidend ist: Hagen gehörte nach seiner Stadtgründung später auch zur Grafschaft Mark, genau wie Holthausen. Als das Amt Boele 1808 bis 1813 unter französischer Besatzung stand wurde eine neue Gemeindeverwaltung eingerichtet, der auch die Ortschaften Eckesey, Fley, Halden, Herbeck und Holthausen unterstanden.
Nähe zu Hagener Gebiet
Das zeigt: Holthausen und Hagen waren sich gebiets- und verwaltungstechnisch eigentlich immer viel näher als Holthausen und Hohenlimburg. „Wieso wir also heute zum Beispiel eine Hohenlimburger Vorwahl haben, ist nicht klar“, sagt Hartwig Sülberg. Holthausen gehörte nicht zur eigenständigen Stadt Hohenlimburg zwischen 1903 und 1974. Heute gehört es allerdings zum Stadtbezirk Hohenlimburg. Ein ziemlicher Verschiebebahnhof für das kleine Dorf, in dem heute rund 1600 Menschen leben. Mit Hohenlimburger Vorwahl, im Stadtbezirk Hohenlimburg, aber als Teil der Stadt Hagen.
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Der Grabstein von Friedrich Schmalenbeck liegt so ganz allein unweit der Friedhofshalle in Holthausen im Gras. Die Recherche im Stadtarchiv Hagen ergibt lediglich: er starb an Herzschwäche. Und zwar am 26. Mai 1928, an einem Samstag. Der einstige Gemeindevorsteher Friedrich Schmalenbeck kann er nicht gewesen sein.
Zwei gleichnamige Personen
Der amtierte ab 1847, das liegt aber vier Jahre vor der Geburt des Mannes, dessen Grabstein hier auf dem Holthauser Friedhof liegt. Auf jenen Friedrich hier geht aber zurück, dass er der Gemeinde ein Grundstück für das Errichten des Holthauser Ehrenmals überließ, das man heute noch sehen kann. Ob nach jenem Gemeindevorsteher oder dem letztgenannten Friedrich Schmalenbeck die gleichnamige Straße benannt ist, ist unklar.
Die Sonne blickt plötzlich zwischen Wolken hervor, tränkt den Friedhof über dem Dorf in helles Licht. Strukturell hat das Dorf in den vergangenen Jahrzehnten, wie viele andere Stadtteile auch, einiges eingebüßt. Zum Beispiel seine Kneipen. Der Dorfkrug gehörte viele Jahre dazu. Vor der erst 1954 errichteten Gnadenkirche in Holthausen (die Errichtung wurde erforderlich, weil die geistige Betreuung des Dorfes infolge seiner besonderen, geografischen Lage unzureichend war. Durch die große räumliche Ausdehnung der Gemeinde Eppenhausen, wozu Holthausen noch gehörte, wurden weitere Predigtstellen nötig) steht eine wuchtige Plastik eines Pelikans. Er zierte das Dienstsiegel der früheren Gemeinde, war lange Inbegriff für den Holthauser Gemeindebrief. Das geht aus dem Archiv der Erlöserkirche in Hagen hervor.
Pelikan als Symbol
Wörtlich heißt es da: „Natürlich ist der Pelikan ein Symbol und Sinnbild. In der Bibel kommt er zwar nicht vor, aber eine frühchristliche Schrift, kaum jünger als das Neue Testament, bringt gleich ein ganzes Kapitel über ihn: „Der Pelikan geht völlig auf in der Liebe zu seinen Kindern. Er hackt sich selbst in die Brust, um die Kinder mit dem eigenen Blut zu ernähren.“ Und weiter: „Als Anfang der 1950er Jahre die Zeit gekommen war für den Bau der Holthauser Kirche, kam Pastor Wilhelm Stuckmann das alte Emblem wieder in den Sinn.
Leben für Kinder gegeben
Die Kirche sollte „Gnadenkirche“ heißen, da es alle Beteiligten als eine unverdiente Gnade empfanden, dass so bald nach dem Krieg ein so schönes neues Gebäude im Dorfe errichtet werden konnte; aber der damalige Seelsorger wusste kaum ein besseres Sinnbild für die Gnade als den Pelikan. Wie das Tier der Legende nach sein Leben hingibt für seine Kinder, so gibt auch Christus durch seinen Tod das Leben und mit dem Leben Frieden und Gerechtigkeit, ganz unverdient – allein aus Gnade.“