Hagen. Der Flaggenstreit von Hagen hat vor einem Jahr für Aufsehen gesorgt. Jetzt wird die israelische Flagge am Rathaus gehisst. Die Hintergründe.
Vor einem Jahr war die israelische Flagge am Rathaus der Stadt Hagen erst gehisst und dann vorzeitig wieder eingeholt worden. Weil der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern gerade zu eskalieren drohte, fürchtete die Stadt teils militante Reaktionen von Hagener Muslimen. In einer Sondersitzung hatte sich der Landtag mit der heiklen Causa Hagen beschäftigt. Am Donnerstag wird nun die Fahne wieder hochgezogen. Anlass ist wiederum der Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel.
Rückblick: Das Hissen der Flagge, so hieß es damals von Seiten der Stadt, sei angesichts des Konfliktes als einseitige Solidaritätsbekundung interpretiert worden. Eine Vielzahl von Beschwerden seien sowohl bei der Stadt als auch bei der Polizei eingegangen. Die Stadt Hagen entschied auch aufgrund von Hinweisen der Polizei schließlich zu reagieren.
Keine Aufforderung der Polizei Hagen
Dabei lag die Betonung auf dem Wort Hinweis. Denn ein Sprecher des Innenministeriums hatte erklärt, dass die Stadtverwaltung die Entscheidung, die Fahne abzuhängen, selbstständig gefällt habe. „Es gab keine Aufforderung dazu seitens der Polizei Hagen.“ Die Polizei habe die Stadt Hagen allerdings darauf „hingewiesen“, dass die Israel-Flagge innerhalb der muslimischen Gemeinschaft zu Unmut führe, es zu einer Eskalation kommen könne.
Oberbürgermeister Erik O. Schulz hatte das Abhängen aus Sicht der Stadt erklärt: „Wir sind seit vielen Jahren in unserer Stadt darum bemüht, das friedliche Miteinander der Religionen zu unterstützen. Wir sind eine vielfältige Stadt.“ Mit dem Abhängen der israelischen Flagge habe man sich in keiner Weise einseitig in dem aktuellen Konflikt im Nahen Osten positioniert, sondern einzig auf einen Hinweis der Polizei Hagen reagiert: „Für uns ging es allein darum, für eine Deeskalation in einer sich möglicherweise zuspitzenden Situation zu sorgen.“
Brief an die Partnerstadt Modi’in
In einem Brief hatte sich Schulz direkt an Haim Bibas, den Bürgermeister von Hagens israelischer Partnerstadt Modi’in gewandt. „Wir wünschen Ihnen von ganzen Herzen, dass sie bald wieder zu einer stabilen Zeit des Friedens zurückkehren“, so der OB seinerzeit.
Gestört an der Israel-Flagge vor dem Rathaus hatte sich unter anderem der Hagener Rat der Muslime. Dessen Vorsitzender Nadim Akbaba hatte erklärt, man habe verhindern wollen, dass es zu Demonstrationen käme und das friedliche Miteinander der Religionen in Hagen gestört würde: „Es war uns wichtig, die muslimischen Jugendlichen unter Kontrolle zu halten.“
Heftige Kritik der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
Rudolf Damm, Ex-Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, hatte der Stadt eine inakzeptable Verhaltensweise vorgeworfen, mit der sie den jüdischen Mitbürgern in den Rücken gefallen sei: „Die Juden in Hagen haben sowieso schon Angst, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Diese Angst wird jetzt noch größer, wo sie sehen, dass der Staat nicht zu ihnen hält.“
„Mit dem Einholen der israelischen Flagge vor dem Hagener Rathaus ist uns fragwürdig geworden, wie stark ausgeprägt die sonst beschworene Solidarität mit Israel und der Jüdischen Gemeinschaft tatsächlich ist“, so hatte der Vorsitzender Hagay Feldheim erklärt. Von der Sondersitzung des Innenausschusses zu diesem Thema erhoffe er sich ein Signal: „Die Polizei muss Israel-Flaggen und jüdisches Leben unter allen Umständen schützen. Die Devise muss lauten: Flagge zeigen, nicht einholen.“
Knappe Mitteilung der Stadt Hagen
Von den hohen Wellen, die es rund um dieses Thema 2021 gegeben hatte, ist zumindest in einer knapp gehaltenen Mitteilung der Stadt Hagen 2022 nichts mehr zu lesen: „Mit dem jährlichen Hissen der Fahne erinnert die Stadt Hagen alle Bürgerinnen und Bürger an die Bereitschaft Israels zur Freundschaft mit Deutschland“, heißt es da nur, nachdem auf den Beginn der Diplomatie im Jahr 1965 hingewiesen wurde. Weiter einlassen will sich die Stadt zu einem Thema, das selbst im Landtag in Düsseldorf diskutiert worden war, nicht.
Eine akute Gefährdung sieht auch die Polizei Hagen nicht. „Wir haben die Situation mit dem Staatsschutz erörtert“, so Polizeisprecher Tino Schäfer, „wir gehen nicht von Störungen aus, behalten die Lage aber im Blick.“