Kreis Olpe. Fast 120 Medikamente sind aktuell von Lieferengpässen betroffen. Apotheker Ulf Ullenboom aus Olpe erklärt die Hintergründe und gibt Tipps.
Viele Medikamente sind derzeit von Lieferschwierigkeiten betroffen. Auch im Kreis Olpe sind viele Präparate aktuellausverkauft, wie Ulf Ullenboom, Inhaber der Apotheke am Markt in Olpe und Sprecher der Apothekerschaft im Kreis Olpe, bestätigen kann. Darunter fallen einige Schmerz- oder Wundmittel, aber auch Medikamente, die zur Dauermedikation vorgesehen sind, wie zum Beispiel zur Regulierung des Blutdrucks. „Momentan fehlen uns knapp 120 Medikamente, die wir gewöhnlich auf Lager haben, die zurzeit aber ausverkauft sind“, erklärt Ullenboom. Wann und wie viel Nachschub geliefert wird, ist unsicher.
+++ Lesen Sie auch: Olpe: Tierquäler setzen goldene Kois in winzigem Bassin aus +++
Die Problematik sei nicht neu, meint Ullenboom. „Wir kämpfen seit etwa drei, vier Jahren immer mal wieder mit Lieferengpässen bei Medikamenten.“ In Spitzenzeiten hätten bis zu 200 Präparate gefehlt. Laut Ullenboom sei dafür vor allem der Preisdruck auf dem Markt verantwortlich. Der komme zu einem durch den Gesetzgeber, zum anderen durch die Konkurrenz der Arzneimittelhersteller zustande. „Viele Hersteller haben ihre Produktion nach Fernost verlagert. Wenn sie die Produkte ins Ausland verkaufen, möchten sie Gewinn machen. Das heißt, sie verkaufen dorthin mehr, wo mehr geboten wird.“ In Deutschland werde beispielsweise nicht so viel geboten wie im Vereinten Königreich. Dementsprechend kommen weniger Medikamente in Deutschland an.
+++ Lesen Sie auch: Orgelversion von „Layla“ nun zwei Millionen Mal geklickt +++
Ulf Ullenboom befürchtet, dass der aktuelle Engpass erst der Anfang sei. „Pharmakonzerne sind börsennotierte Unternehmen. Aktionäre stehen im Mittelpunkt, nicht der Mensch – leider.“ Ullenboom spricht von einem Werteverfall. Auch hinsichtlich der Transparenz der Großhändler. „Wochenlang bekommt man kein Update, wie es mit dem Lieferstatus aussieht, dann wird plötzlich mitgeteilt, dass die Produktion eines bestimmten Medikamententyps eingestellt wurde. Diese fehlende Informationspolitik ärgert mich.“
Engpass bei Elotrans: Vom Durchfallmittel zum Katermittel
So gut wie alle Bereiche seien derzeit von Lieferengpässen betroffen. Das fange bei Aspirin, Paracetamol und Ibuprofen von einzelnen Herstellern an, und gehe weiter bei Hustenlösern wie Mucosolvan oder krampflösenden Mitteln wie Buscopan. Elotrans, ein Mittel, das bei Durchfallerkrankungen zum Einsatz kommt, erlebe derzeit einen regelrechten Hype. „Der Markt dafür ist wie leer gefegt, weil es auch bei Katererscheinungen helfen soll. Es ist ein Party-Medikament geworden“, erklärt Ullenboom. Gleichzeitig häuften sich zuletzt Durchfallerkrankungen bei Kindern, die nach den gelockerten Corona-Maßnahmen wieder anfälliger für Infekte seien. Sogar Bisoprolol – ein Arzneistoff, der zur Behandlung von Bluthochdruck, Angina Pectoris oder chronischer Herzinsuffizienz eingesetzt wird – ist aktuell kaum zu bekommen. Wer auf ein derartiges Medikament angewiesen sei, müsse gegebenenfalls umgestellt werden.
+++ Lesen Sie auch: Gastronom rechnet vor: Darum kostet ein Weizenbier 5,90 Euro +++
Der Apotheker rät deswegen dazu, bei Dauermedikamenten rechtzeitig für Nachschub zu sorgen. Das sei vor allem bei Schilddrüsentabletten wichtig, bei denen nicht bedenkenlos zwischen Herstellerfirmen gewechselt werden könne.