Rüblinghausen. Die Retter vermuten, dass die Besitzer die Fische vor ihrem Urlaub loswerden wollten. Nun sind die Tiere artgerecht untergebracht.
Wer in Rüblinghausen und Umgebung vom „Glöckchen“ spricht, meint damit nicht nur eine kleine Glocke, sondern gleich einen ganzen Ort. Mitten im Wald, nahe der berühmten „Jägerfichte“ zwischen Rüblinghausen und Brachtpe, haben dort nach dem Zweiten Weltkrieg junge Rüblinghauser Männer eine Gebetsstätte errichtet. Ein Marienbildstock wird von Bänken flankiert, die zur Rast einladen, und ein kleiner Bach treibt ein kleines Wasserrad an, dessen Drehung den Anschlag zweier kleiner Glocken antreibt und sie so zum Klingen bringt.
Um das bei Regen deutlich anschwellende Rinnsal zu regulieren, wurde oberhalb des Glöckchens ein kleines Bassin angelegt, das größere Wassermengen kurzzeitig aufnimmt und somit verhindert, dass das Glöckchen überschwemmt wird. Bei ausbleibendem Niederschlag ist dieses etwa drei mal drei Meter große und zwei Meter tiefe, eingezäunte Becken fast leer. Umso überraschter war am Sonntag ein Spaziergänger, der am Glöckchen Rast machte und dabei einen Blick in das Bassin warf. Denn in dem nur ein paar Handbreit tiefen Wasser schwammen fünf große, goldfarbene Fische.
Tiere waren ausgehungert
Der Besucher wusste, dass sich einige Rüblinghauser um die Pflege und den Erhalt der Anlage kümmern. Die Gruppe um Mario Skoro, Jürgen Fleischer und Tim Maiworm ist derzeit sogar dabei, die gesamte Anlage zu erneuern und dabei bereits weit vorangekommen. Das vorher undichte Bassin wurde mit Teichfolie abgedichtet, der Überlauf erneuert, der Antrieb des Glöckchens komplett erneuert. Als der Entdecker der Fische die Gruppe informierte, machte Jürgen Fleischer sich ein Bild von der Lage. Schnell war klar: Die Fische müssen aus dem Bassin befreit werden. Denn sie hatten kaum Platz zum Schwimmen und kein Futter. Doch sind die drei Handwerker, keine Tierkenner. Tim Maiworm hatte aber eine Idee: Nahe Rüblinghausen gibt es einen Fischteich, der von einer Gruppe junger Familien gepachtet ist und als Freizeitanlage genutzt wird. Thomas Backmann, Alexander Berg und Maria Lücking gehören dazu, und Thomas Backmann kennt einen Fischwirt. Dieser stellte anhand von Fotos fest, dass es sich um Koi-Karpfen handelt, recht wertvolle Zierfische, die üblicherweise in Gartenteichen gehalten werden. Der Fachmann erklärte, es sei kein Problem, diese zusammen mit den wenigen Forellen in einem Teich zu halten. Unterdessen hatten die „Kümmerer“ Koi-Futter gekauft und die Fische damit versorgt. „Die waren richtig ausgehungert und gingen mächtig ‘ran“, so Alexander Berg. Und am Donnerstag trafen sich die Beteiligten am „Glöckchen“ samt Eimer und Käscher.
+++Lesen Sie auch: Feuerwehren im Kreis Olpe wappnen sich gegen Waldbrände+++
Durch den seit Mittwochabend gefallenen starken Niederschlag war das Bassin allerdings inzwischen vollgelaufen; die Kois ließen sich zunächst nicht fangen. Doch nach dem Ablassen des Bassins, was eine Sache von Minuten ist, war der Wasserspiegel so weit gesunken, dass Backmann, Fleischer und Berg die Tiere zügig einfangen und in einen mit frischem Wasser gefüllten Eimer setzen konnten. Die Fahrt zum neuen Zuhause der Kois dauerte nur Minuten, und als die Retter den Eimerinhalt samt Fischen in den Teich gaben, zogen die fünf Kois sofort ihre Runden, um ihre neue Heimat zu inspizieren.
„Hat mich wütend gemacht“
„Das hat mich wirklich wütend gemacht“, berichtet Jürgen Fleischer: „Wenn da nicht jemand zufällig ins Bassin geguckt hätte, dann wären die Fische nach ein paar Tagen elend eingegangen.“ Die Rüblinghauser haben keine Ahnung, wer die Tiere ausgesetzt hat, nur eine Idee: „Wir vermuten, dass das jemand war, der in Urlaub gefahren ist und niemanden hatte, der sich um die Fische kümmert.“ Warum er oder sie aber gerade das winzige Bassin mitten im Wald gewählt hat, um die Kois auszusetzen, erschließt sich den Fisch-Rettern nicht. „Das muss doch jeder wissen, dass die Tiere dort nicht hätten überleben können“, schüttelt Alexander Berg fassungslos den Kopf.
Apropos Aussetzen: Das ist bei Kois überhaupt keine gute Idee. In Teichen können die Fische zwar problemlos gehalten werden, würden sie aber beispielsweise in den Biggesee gesetzt, dann könnten sie sich dort unkontrolliert vermehren und einheimische Fischarten verdrängen. Sie können bis zu 60 Jahre alt und einen Meter lang werden und dabei ein Gewicht von 24 Kilogramm erreichen.
Der Tierschutzverein weist darauf hin, dass es im Tierheim in Rüblinghausen keinerlei Möglichkeiten zur Unterbringung von Kois gibt. Wer aber in einer Notlage sei und Fische loswerden müsse, dem werde in jedem Fall geholfen, so Elke Stellbrink vom Tierschutzverein Olpe.