Welschen Ennest/Heinsberg. Über zwei Millionen Klicks hat der Heinsberger Jürgen Poggel mit dem Partyhit auf der „TikTok“-Seite von „Ballermann“-Star Ikke Hüftgold geholt.
Ein kurzes Video aus dem Kreis Olpe geht zurzeit viral. Wer nie geglaubt hätte, dass ein Orgelstück aus einer Schützenmesse im tiefen Sauerland je das Zeug zum Internet-Renner hätte, der wird hier eines besseren belehrt. Denn im sozialen Netzwerk „TikTok“ hat besagtes Video inzwischen sage und schreibe zwei Millionen „Klicks“ geerntet, Tendenz steigend, was wohl der Tatsache zuzuordnen ist, dass der „Ballermann“-Star Ikke Hüftgold es prominent auf seiner „TikTok“-Seite platziert hat, versehen mit dem Kommentar „Ein Grund wieder in die Kirche zu gehen“. Der Grund: Jürgen Poggel, der in dem Video in der Welschen Ennester Pfarrkirche anlässlich der dortigen Schützenmesse in die Tasten greift, intoniert kein klassisches Kirchenlied, sondern den aktuell wohl gängigsten und auch meistdiskutierten Party-Hit der Republik, „Layla“.
Der Musikverein Heinsberg sorgt beim Welschen Ennester Schützenfest für die Musik und damit auch bei der Schützenmesse. Jürgen Poggel, Vollblutmusiker und Schütze zugleich, erklärte uns: „Ich spiele seit 2014 bei Schützenmessen auch die jeweils aktuellen Party-Schlager. Damit zaubert man den Besuchern der Messe stets ein Lächeln ins Gesicht.“ Er war zum Zeitpunkt der Aufnahme noch amtierender Schützenkönig von Heinsberg, und sein Musikerkollege und Königsoffizier Michael Ludwig zückte sein Mobiltelefon, als Poggel ansetzte, um ein Potpourri aus den derzeit angesagten Schlagern zu spielen. „,Layla’ ist derzeit nicht zu vermeiden. Es gibt auf jedem Schützenfest zwei Lieder, die singen die Besucher, ob wir sie spielen oder nicht, und das ist einmal ,Layla’ und außerdem noch ,40 Jahre Die Flippers’. Ich mache mir in diesen Fällen wirklich keine Gedanken über die Inhalte, und das sollte man bei solchen Partyschlagern wohl besser nie tun“, so Poggel, im Hauptberuf Lehrer an der Sekundarschule Hundem-Lenne mit einer Lehrbeauftragung an der Uni Siegen im Fach Musik. „Viel bedenklicher finde ich da Stücke von Rappern, die sich schon selbst ,Strafbefehl’ nennen und die Texte veröffentlichen, die oft nicht vom Grundgesetz gedeckt sind“.
Eine Lawine losgetreten
Nachdem Michael Ludwig den kurzen Film aufgenommen und an die Musikvereins-Kollegen verschickt hatte, ging eine Lawine los. „Wir Musiker sind gut vernetzt. Jeder kennt wen in einem anderen Verein, und das Stück ist richtig durchgegangen“, hat Jürgen Poggel festgestellt, denn die Zahl der direkten Rückmeldungen an ihn war immens. „Erst wunderte ich mich, als eine Kollegin, die in Meschede wohnt, sich meldete und mir sagte: Du bist hier angekommen. Dann kam die Rückmeldung vom Leiter des Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr in Hilden und so langsam begriff ich, was da los war.“
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Und dann kam Ikke Hüftgold, der einen 38-sekündigen Ausschnitt des Videos bei „TikTok“ teilte, genau die 38 Sekunden, die sich mit „Layla“ befassen. Die fast 2000 Kommentare, die daneben stehen, zeigen ein klares Bild: Poggel hat den Menschen damit eine Freude gemacht. Kritik bleibt fast komplett aus, die meisten loben den Auftritt. Viele ehemalige Schülerinnen und Schüler haben ihren früheren Lehrer wiedererkannt, andere haben kirchennahe Strophen zur gängigen Melodie verfasst, und aus einer großen Zahl von Kommentaren wird deutlich, wie begeistert viele sind, wie gut das eingängige Stück auf der „Königin der Instrumente“ klingt, wenn man es von seinem sinnbefreiten Text entkoppelt.
Als „TikTok-Star“ aus Königsamt verabschiedet
Poggel bleibt trotz seines Riesenerfolgs gelassen. „Vor ein paar Jahren war es die ,Vogelwiese’, die ich in der Kirche gespielt habe. Einmal habe ich sogar dafür gesorgt, dass einer den Vogel schoss. Er hatte mir eine Wette angeboten wegen seines Spitznamens. Wenn ich ,Eye of the Tiger’ in der Kirche spielen würde, dann schösse er den Vogel. Ich hab’s getan und er hat sein Versprechen gehalten.“ „Layla“ sei ein eingängiger Schlager, der dieselben vier Akkorde nutze wie „Hulapalu“ oder „Holz“ oder auch die Eishockey-Hymne „Wir woll’n die Eisbären seh’n“. Das Lied werde in diesem Jahr als Partyhit abräumen und dann in der Versenkung verschwinden. Für ihn habe der Auftritt immerhin dafür gesorgt, dass er bei der Verabschiedung aus seinem Königsamt in Heinsberg unter frenetischem Jubel als „TikTok-Star“ angekündigt worden sei. Und auf eins legt er Wert: „Ich kann das natürlich verantworten, das in der Kirche zu spielen. Ich habe es gespielt, nicht gesungen.“ Denn dass der platte Text zur eingängigen Melodie nicht diskussionswürdig ist, daran lässt Jürgen Poggel keinen Zweifel.