Hagen. Dass der Tunnel Werdestraße modernisiert wird, ist in Hagen Konsens. Doch wirklich glücklich ist niemand mit dieser kostspieligen Idee.

Bislang hat die Stadt Hagen die Idee verfolgt, mit zwei Tunnelanbindungen unter dem Hauptbahnhof hinweg die Stadt an die Westside anzuknüpfen. Eine Lösung, die deutlich jenseits der 20-Millionen-Euro-Marke liegt und in weiten Teilen der Politik lediglich als 1-B-Lösung wahrgenommen wird.

Mit viel Licht und hellen Farben glauben die Planer, den Werdestraßentunnel für Radfahrer und Fußgänger akzeptabel gestalten zu können.
Mit viel Licht und hellen Farben glauben die Planer, den Werdestraßentunnel für Radfahrer und Fußgänger akzeptabel gestalten zu können. © Unbekannt | Schüßler-Planingenieurgesellschaft

Eine Machbarkeitsstudie (Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft) hat eindeutig gezeigt: Eine zeitgemäße Verbindung zwischen dem noch brachliegenden Entwicklungsgebiet Westside, das in Hagen gerne als Filetstück etikettiert wird, und dem Hauptbahnhof und dann weiter zur Hagener Innenstadt zu schaffen, wird richtig teuer. Dabei haben die Städtebauexperten ihren Fokus sowohl auf eine Verlängerung bzw. den Durchbruch des vorhandenen Gleistunnels als auch auf die Reaktivierung der furchterregenden Unterführung Werdestraße gerichtet. Das zentrale Ergebnis: Idealerweise wären beide Verbindungen städtebaulich wünschenswert, doch deren Bau bzw. Wiederherstellung sind unter 20,7 Millionen Euro Investitionskosten (Stand: 2020) kaum zu haben. Und mit jedem Jahr, das für dieses so wichtige Stadtentwicklungsprojekt verbummelt wird, steigt der davongaloppierende Preis um etwa fünf Prozent – also eine Million Euro – weiter an.

Investoren erwarten Verkehrsidee

Vorrangiges Ziel der Stadtplaner im Rathaus für das Bahnhofsquartier bleibt es, die Innenstadt wieder mit Ennepe und Volme zu verbinden und auf der 26.000 Quadratmeter großen Westside ein neues, lebendiges und vor allem qualitätvolles Dienstleistungsquartier zu schaffen, das zugleich die Hagener Innenstadt weiter an die Flüsse heranrückt. Erschlossen durch die Bahnhofshinterfahrung und den benachbarten Hauptbahnhof bietet sich das Areal, so auch der Eindruck erster interessierter Projektentwickler, für diese Zwecke perfekt an. Zumal auf der anderen Seite der Bahnhofshinterfahrung am Zusammenfluss von Ennepe und Volme parallel ein Freizeitareal mit hohem Aufenthaltswert entstehen soll.

Es bleibt eine planerische Herausforderung, die Flächen hinter dem Hauptbahnhof mit dem Rest der Stadt zu verbinden.
Es bleibt eine planerische Herausforderung, die Flächen hinter dem Hauptbahnhof mit dem Rest der Stadt zu verbinden. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Dafür sollen, so die Empfehlung der Verwaltung aufgrund entsprechender Machbarkeitsstudien, mit Priorität sowohl der arg marode, aber weiterhin vorhandene Tunnel Werdestraße reaktiviert und mit Gleiszugängen versehen werden (Gesamtkosten etwa 10,6 Millionen Euro) als auch im Anschluss der Personentunnel zu den Bahnsteigen um etwa 15 Meter in Richtung Westside (Kosten: 10,1 Millionen Euro) verlängert werden. „Für den Endausbauzustand hält die Verwaltung beide Unterführungen für erforderlich“, hatte Baudezernent Henning Keune bis zuletzt betont. Jetzt kommt als Alternative auch noch ein Brückenschlag für Fußgänger und Radfahrer mit in die Diskussion.

Frequenz im Angstraum

Für Verwaltung und Politik ist jedoch klar, dass dies am schnellsten über den Tunnel Werdestraße gelingt. Erst mit dessen Wiederbelebung werde es für Investoren interessant, die Westside vertiefend zu betrachten. Damit einher geht die Chance, direkte Zugänge zu den meisten Gleisen zu schaffen. Das würde zugleich die Nutzerfrequenz und somit die soziale Kontrolle in der wenig einladenden Gleisunterführung deutlich erhöhen und somit das drohende Gruselflair reduzieren. „Ohne diese kann die Unterführung zum Angstraum werden“, weiß auch die Verwaltung, dass das Millionen-Projekt auf erhebliche Akzeptanzprobleme bei den Bürgern stoßen wird. Wirke der Tunnel lang und schmal und habe möglicherweise zusätzliche uneinsehbare Bereiche, so fühle sich der Nutzer ohne Fluchtmöglichkeiten eingekesselt, da auf engem Raum ein Ausweichen erschwert werde. „Die durch das ungünstige Längen-Breiten-Verhältnis der Unterführungen entstehende Schlauchwirkung kann durch Aufbrüche in Form von Bahnsteigzugängen verringert werden“, meinen die Stadtplaner.

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