Hagen-Mitte. Die alte Hagener „Schraubenfabrik“ ist seit Jahren dem Verfall preisgegeben. Das soll sich ändern: Investoren haben große Pläne für die Immobilie

In dem backsteinroten Gebäude an der Bahnhofshinterfahrung erinnert kaum noch etwas an die Glanzzeit, in der hier noch 1500 Mitarbeiter beschäftigt waren und in der 1844 Hagens erste Dampfmaschine gebaut wurde. Vielmehr ist die „alte Schraubenfabrik“ an der Plessenstraße seit Jahren dem Verfall preisgegeben. Die Scheiben sind zertrümmert, die Wände mit Graffiti beschmiert, leere Wodka-Flaschen, Müll und Essensreste von nächtlichen Vandalen und Einbrechern türmen sich in den abgelegenen Ecken. „Mit etwas Vorstellungskraft hat dieser Standort aber echtes Potenzial“, sagt Dr. Thomas Schmidt-Hansen.

Er hat das zentral gelegene Gebäude in unmittelbarer Bahnhofsnähe 2017 übernommen – und will hier gemeinsam mit einigen Investoren ein 20-Millionen-Euro-Projekt realisieren. Entstehen sollen neben einem Gesundheitscampus, einem Restaurant und Luxus-Apartments unter anderem auch neue Büroräume.

Nicht zuletzt präsentierten er, Olivia Aschke und Hendrik Klose (Aschke Seminare und Qualifizierung Gmbh) nun ihre Visionen für die alte Schraubenfabrik, um wiederum weiteren 40 Investoren, die im Rahmen der Investorentour 2021 einen Abstecher nach Hagen gemacht haben, die nahe gelegenen Westside- und Varta-Areale schmackhaft zu machen.

Neue Angebote in Pflegeausbildung

„Einer muss ja beginnen“, ist Schmidt-Hansen überzeugt, eine Veränderung im Bahnhofsumfeld anstoßen zu können. Realistisch gesehen dauert die Umsetzung aber noch: „Wir benötigen noch einige Genehmigungen und stecken in der Fördermittelbeantragung, die finalen Konzepte werden wir vermutlich gegen Ende des Jahres einreichen. Sobald alle Genehmigungen vorliegen – das Gebäude steht unter Denkmalschutz – gehen wir von einem Bauzeitraum von circa zwei Jahren aus“, so Schmidt-Hansen.

Die Investoren geben Einblicke in die konkreten Pläne für das 6300 Quadratmeter Areal, das sich insgesamt über drei Etagen erstreckt und zu einer der wenigen gut erhaltenen, historischen Industriebauten in Hagen zählt. „Den Industriecharme wollen wir auf jeden Fall bewahren“, erklärt Klose die Vision der Investoren. Im Erdgeschoss soll es künftig ein Gastro-Angebot mit Terrasse und Außenbereich geben, draußen sollen Parkplätze mit E-Ladesäulen entstehen, und auch Veranstaltungen, Kongresse oder Partys sollen hier in einer Eventhalle möglich werden.

Im Zwischengeschoss wiederum entstehen Büroräume (Coworking-Spaces) sowie Gemeinschaftsräume und ein Sport- und Fitnessraum für Gäste, Bewohner aber auch Mitarbeiter.

Büroräume und Luxus-Apartments

„Im ersten Geschoss findet sich künftig der neue Gesundheitscampus – als staatlich anerkannte Pflegeschule in der neuen generalisierten Pflegeausbildung mit namhaften Kooperationspartnern in Hagen und Umgebung“, so Klose.

„Dieser Fokus wäre für Hagen sicher ein Alleinstellungsmerkmal“, betont Olivia Aschke, die auch auf geplante Fort- und Weiterbildungsangebote verweisen will. „Mit solchen Angeboten könnte Hagen sich hervortun. Gerade mit Blick auf die fehlenden Fachkräfte im Pflegesektor ist das ein Gewinn.“

Ein Geschoss weiter oben werden kleinere Luxus-Apartments als Übernachtungsmöglichkeit eingerichtet, „außerdem planen wir eine Dachterrasse mit beeindruckendem Blick auf die Stadt“, erklärt Klose das ambitionierte Projekt auf dem ehemaligen Gelände der familiengeführten Firma Funcke & Hueck (1844), welches 1970 von Bauer & Schauerte (Inbus) übernommen wurde (Produktionsstandort bis in die 90er-Jahre).

>>> Hintergrund: Stadt wirbt um Investoren

Gemeinsam mit der Business Metropole Ruhr startet die „Stony Real Estate Capital“ wieder zu vier Touren im Ruhrgebiet – und das trotz Corona nicht virtuell, sondern vor Ort. In neun Städten, bei vier Touren – von denen eine nach Hagen führte. „Mittlerweile bieten wir die Tour, bei der verschiedene Städte angesteuert werden, zum vierten Mal an“, erklärt Dirk Leutbecher, Geschäftsführer Stony Real Estate Capital, der sich über die große Nachfrage freut: „In diesem Jahr sind insgesamt 150 Investoren dabei, bei der Tour nach Hagen rund 40.“

Bereits die Erfahrungen der letzten Jahre hätten gezeigt, dass sich immer wieder Investoren auf diesem Weg finden würden, die vor Ort Projekte umsetzen. „Der Standort ist auf jeden Fall attraktiv“, so Leutbecher. Die Stadt Hagen hatte die Westside-Erschließung und die Varta-Insel zuletzt wieder verstärkt in den politischen Fokus gerückt.

„Die Areale sind gut angebunden und zentral gelegen. Aus unserer Sicht bergen die Grundstücke hier ein hohes Potenzial“, versucht auch Burkhard Schwemin, Geschäftsführer HIG Hagener Industrie und Gewerbeflächen, Investitionsanreize für das Bahnhofsareal zu geben. Oberbürgermeister Erik O. Schulz: „Wir freuen uns über jedes neue Unternehmen, welches sich für Hagen entscheidet und wollen dafür möglichst gute Bedingungen schaffen.“