Hagen. Es ging längst nicht mehr ums Bad. Dafür war die Debatte im Rat hitzig. Das Ergebnis: Bürgerbegehren abgelehnt, aber zwei neue sind beantragt.
Also rein faktisch ist das eine nüchterne Nummer. Das beantragte Hohenlimburger Bürgerbegehren gegen den Abriss des Lennebades ist erst von der Verwaltung für unzulässig und dann vom Rat der Stadt abgewiesen worden. Elf Stimmen gegen den Ablehnungsvorschlag der Verwaltung, sieben Enthaltungen, der Rest dafür und somit: mehrheitlich abgelehnt. Die Diskussion, die sich im Rat entwickelte, ist aber aus öffentlicher und Bürgersicht ziemlich dokumentierenswert. Denn es geht eigentlich mehr ums Prinzip: Wie gehe ich als Stadt und Politik mit einem Bürgerbegehren um? +++ Auch interessant: Bürgerentscheid? Hohenlimburger Schlappe von 2006 wäre heute ein Sieg +++
Antragsteller erfuhren von Ablehnung aus einer Verwaltungsvorlage
Man könnte auch sagen: Willkommen in Hagen, Carsten Morgenthal. Seit dem 1. Juni ist der Jurist Leiter des Rechtsamtes in Hagen. Er wechselte von Schwerte aus hier her. Er hatte eine Vorlage erstellt, die den Antragstellern des Bürgerbegehrens zum Erhalt des Lennebades irgendwie auch ein bisschen vor den Kopf geknallt wurde. Denn sie erfuhren nur aus der Vorlage, dass allein ihr Antrag schon als „unzulässig“ gelte, weil er voller Tatsachenbehauptungen stecke. +++ Hintergrund: So stehen die Vorbereitungen auf eine mögliche Teilüberdachung des Freibades Henkhausen +++
Dass Morgenthal in seiner Erklärung gestern im Rat zunächst andeutete, dass die Juristerei rund um derlei Bürgerbegehren komplex sei und die Mitglieder des Gremiums das ja alle in ihrer Freizeit machen würden, konnte bei Kritikern als überheblich interpretiert werden. Die Erwiderungen blieben nicht aus. „Sie dürfen uns durchaus zutrauen, auch so etwas zu verstehen“, ließ Frank Schmidt (Bürger für Hohenlimburg) ihn wissen. Jener Schmidt war nämlich auch Adressat von Morgenthals gewollter oder nicht-gewollter Spitze. „Bürger sind nicht am juristischen Hochreck ausgebildet. Ich mache mir zum Vorwurf, dass ich nach mehreren Jahren im Rat immer noch die Rest-Naivität in mir getragen habe, zu glauben, dass eine aussagekräftige Begründung für das Bürgerbegehren der beste Weg sei“, sagte Frank Schmidt und hatte zuvor darauf hingewiesen, dass es sich ja um eines der direktesten Instrumente der Demokratie handeln würde. +++ Lesen Sie auch: Alle Hintergründe: Deshalb wird das Lennebad abgerissen +++
„Schmidt: „Herr König, das gibt Zeugnis über ihr Demokratieverständnis ab“
Ja, stimmt. Was Werner König (SPD) erwiderte, aber vielleicht ein Stück weit auch. „Der Rat hat keinen Anlass, das beschlossene Modell – also Abriss des Lennebades und Teilüberdachung des Henkhauser Freibades – anzuzweifeln. Und es gibt in dieser Stadt auch noch eine repräsentative Demokratie und das ist dieser Rat.“ Darf man so sehen. Sieht Frank Schmidt in dieser Sache naturgemäß aber anders, drückte auf den Mikrofon-Knopf und erklärte: „Herr König, dann müssen Sie sich mal auf Landesebene einsetzen, dass Bürgerbegehren abgeschafft werden. Ihr Beitrag gibt übrigens ein Zeugnis über ihr Demokratieverständnis ab.“
Nur juristische Spitzfindigkeiten und keine Konzentration auf den Inhalt
Warum diese Sätze erwähnenswert sind. Weil sie dokumentieren, dass es längst nicht mehr um das Lennebad ging. Abriss, Fortbestand, Sanierung, gar nichts? Makulatur. Kurz bevor die Hände zur Entscheidung in die Höhe gingen oder unten blieben, ging es um juristische Prinzipien. Da nutzte es gar nichts mehr, dass die Vertretungsberechtigte Britta Ebenfeld in einer Ansprache an den Rat aus ihrer Sicht noch einmal herausgearbeitet hatte, warum eben der Erhalt des Lennebades sinnvoll sei. Auch nicht, dass eine Juristin sich die Vorlage der Stadt sehr genau angeschaut hatte und erklärte, dass die Stadt die Begründung der Antragssteller mit einer zu „engen Betrachtungsweise“ angegangen sei. Rechtsanwältin Sara Buschner stellt deutlich fest: „Die Betreiber des Bürgerbegehrens nehmen am öffentlichen Meinungskampf teil und sind nicht zu einer objektiv ausgewogenen Erläuterung ihres Anliegens verpflichtet.“
Hagen Aktiv, Linke, Bürger für Hohenlimburg und Die Partei stimmen dagegen
Wichtig zu erwähnen bleibt in diesem Zusammenhang: Hagen Aktiv, Bürger für Hohenlimburg, Linke und Einzelvertreterin Laura Knüppel (Die Partei) stimmten gegen die Vorlage der Verwaltung. Josef Bücker, Fraktionssprecher von Hagen Aktiv, stellte fest, dass seine Wählergemeinschaft den Beschluss des Rates zum Abriss des Bades mittrage, die Wählergemeinschaft aber auch für direkte Demokratie angetreten sei. Auch den Grünen ist diese Bürgerbeteiligung wichtig.
Was bleibt zu sagen? Bürgerbegehren adé? Mitnichten. Denn Dezernent Sebastian Arlt gab zu Protokoll, dass zwei weitere Bürgerbegehren in der gleichen Sache „angezeigt“ seien. Und Frank Schmidt ergänzte: „Wir werden uns bei den Begründungen auf eine minimalistische Darstellungsweise beschränken.“ Was das heißt? Bei einem Bürgerentscheid in naher Zukunft könnte die Frage simpel lauten: Sind Sie für einen Abriss des Lennebades – ja oder nein?