Hagen. . Oberstes Ziel der Ratsgruppe Bürger für Hohenlimburg/Piraten bleibt, dass sich die Stadt dezentral aufstellt und in Nebenzentren investiert wird.

  • Mit zwei Leuten in einem 63er-Rat könne man nicht einfach seine Ziele umsetzen, das müsse man im Kopf haben
  • Ratsgruppe sieht sich als Opposition und will nicht in Allianzen eingebunden sein
  • Das oberste Ziel von Schmidt und Kiszkenow bleibt, dass die Stadt Hagen sich dezentraler aufstellt

Sie mussten um ihren Status kämpfen. Als die zwei Einzel-Ratsmitglieder Frank Schmidt von den Bürgern für Hohenlimburg und Thorsten Kiszkenow von den Piraten sich zu einer Ratsgruppe – mit entsprechenden Rechten und Ausstattung – zusammenschließen wollten, da legte die Verwaltung zunächst ihr Veto ein. Erst nach der Klage der beiden vor dem Verwaltungsgericht kam die Wende.

Thorsten Kiszkenow (vorne,Piratenpartei) und frank Schmidt (hinten) bilden eine Ratsgruppe.
Thorsten Kiszkenow (vorne,Piratenpartei) und frank Schmidt (hinten) bilden eine Ratsgruppe. © Michael Kleinrensing

Die Ratsgruppe Bürger für Hohenlimburg/Piraten ist die kleinste Gruppierung im gesamten Rat. Wie haben Sie die vergangenen drei Jahre erlebt als „die Zwerge“ im Stadtparlament?

Frank Schmidt: Mit zwei Leuten in einem 63er-Rat kann man nicht einfach seine Ziele umsetzen, das muss man im Kopf haben. Aber wir haben erfahren können, dass wir Überzeugungsprozesse starten können und andere für unser Themen interessieren. Wir können mit jedem im Rat sprechen, wir werden ernst genommen, das ist ein angenehmes Gefühl. Das kann man aber nur schaffen, wenn man gut arbeitet und nicht unseriös ist.

In welcher Rolle sehen Sie sich eher: In der der Opposition im Rat oder würden Sie doch gerne in einer Koalition oder Allianz mitmachen und damit Teil der Macht sein?

Ich sehe uns tendenziell eher als Opposition, wir wollen nicht in irgendwelchen Allianzen eingebunden sein, wir wollen auf der Basis der sachlichen Anträge mit den anderen sprechen. Für uns ist nicht entscheidend, ob eine Initiative von der SPD oder aus den Reihen der Allianz kommt. Wir befürworten einen Antrag, wenn er sinnvoll ist. Wir wollen nicht das fünfte Rad am Wagen sein, sondern andere überzeugen, dahin mit zu gehen, wo wir hin wollen.

Wo wollen Sie denn hin?

Wir wollen das verwirklichen, was in unserem Programm steht. Oberstes Ziel ist es, dass sich die Stadt dezentral aufstellt, dass nicht nur das Zentrum gestärkt wird, sondern dass auch in die Nebenzentren investiert wird. In Haspe oder Hohenlimburg muss es weiter tragfähige Einrichtungen geben. Wichtig ist für uns auch, dass der Schutz von Mensch und Umwelt im Zweifel Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen hat. Breitensport vor Spitzensport ist ebenfalls eine unserer Leitlinien. Und wir wollen, dass die Belange von Menschen, die nicht zu den Starken gehören, die etwa Hartz IV beziehen, innerhalb dieser Stadtgesellschaft besser berücksichtigt werden.

Haben Sie denn als kleine Gruppierung etwas von Ihren Zielen umsetzen können?

Wir haben zum Beispiel in den Haushaltsberatungen mit anderen durchsetzen können, dass das Richard-Römer-Lennebad nicht geschlossen wird. Wir sind weiter fest davon überzeugt, dass trotz aller gegenteiligen Behauptungen von Hagen-Bad das Lennebad für den Schul- und Vereinssport unverzichtbar ist. Zudem waren wir die Vorreiter, als es darum ging, den Windrädern in Hagen ein Stück weit den Wind aus den Propellern zu nehmen. Wir haben als erste größere Mindestabstände zur nächsten Wohnbebauung gefordert. Insofern unterstützen wir auch das vom Rat verabschiedete Moratorium, vorerst keine neuen Windradanlagen zu genehmigen, bevor die neue Landesregierung nicht neue Richtlinien erlassen hat. Wir sind ja für alternative Energien; die Förderung von Solaranlagen war zum Beispiel ein wichtiges Instrument, davon konnten auch die Bürger profitieren. Von den großen Windenergieanlagen werden am Ende hauptsächlich die Konzerne profitieren.

Was sind die Bürger für Hohenlimburg/Piraten: Am Ende doch eine reine Gruppierung für Hohenlimburger Belange?

Nein, als Ratsgruppe kümmern wir uns um alle Hagener Belange. Ich persönlich kann meine Herkunft natürlich nicht verhehlen, mein Herz schlägt für Hohenlimburg. Aber wir nehmen es sehr ernst, dass wir im Rat für Gesamt-Hagen entscheiden, wir knien uns da rein, und zwar nicht nur bei Themen, die Hohenlimburg betreffen. Alles andere wäre nicht seriös. Und man sieht dabei auch die deutliche Handschrift der Piraten: Bei unserem Engagement für eine flächendeckende Breitbandversorgung im gesamten Stadtgebiet haben die Piraten nun mal eine gute Expertise. Und das Thema ist äußerst wichtig. Deutschland ist insgesamt im Vergleich mit vielen, eigentlich viel schwächeren Staaten beim Thema Breitband schlecht aufgestellt. Und wenn die Republik hier im Bummelzug sitzt, dann sitzt Hagen überdies im Schlafwagen dieses Zuges.

Von der anderen Seite: Werden Sie in Hohenlimburg nun kritisch beäugt, weil sie auch für Rest-Hagen Politik machen?

In der Anfangszeit bin ich sicherlich auch beäugt worden. Da gab es durchaus ein paar Frotzeleien, wenn ich mit dem Oberbürgermeister an der Spitze über das Springefest gegangen bin. Aber ich bin in der Zeit bewusst zu vielen Terminen gegangen, ich wollte wissen, was vorgeht und jeden Stein umdrehen.

Haben Sie in den vergangenen drei Jahren, seit sie im Stadtrat sitzen, eine andere Sicht als Hohenlimburger auf den Rest Hagens bekommen?

Wir als Hohenlimburg haben ja nie ein Problem mit den Hagenern als Menschen gehabt. Ich habe sicherlich ein größeres Verständnis für die Arbeit der Verwaltung entwickelt. Ich verstehe jetzt mehr die Logik, wie die Hagener Verwaltung tickt, weiß um Ursachen von Stärken und Schwächen.

Haben sie am Ende ihre Meinung revidiert und sehen die Eingemeindung Hohenlimburgs nach Hagen von mehr als 40 Jahren gar nicht mehr als Fehler an?

Nein, ich bin immer noch davon überzeugt, dass Hohenlimburg als eigenständige Stadt seine Angelegenheiten deutlich besser lösen könnte, so wie es ähnlich große und noch selbstständige Städte wie Gevelsberg, Wetter oder Herdecke auch erfolgreich tun.

>> Moderne Trimmpfade auf der Agenda

Erfolge

Einen Erfolg sieht die Gruppe zunächst in ihrer Anerkennung als Gruppe. Dies auch mithilfe des Verwaltungsgerichts durchgesetzt zu haben, sehen Bürger für Hohenlimburg/Piraten als Sicherung der Rechte kleiner Gruppierungen im Rat.

Auf der Erfolgsliste verbucht die Gruppe aber auch den Erhalt des Richard-Römer-Lennebads und das Windkraft-Moratorium.

Ziele:

Eins der wichtigsten Ziele für die kommenden drei Jahre soll der Erhalt des Nachtdienstes in der Polizeiwache Hohenlimburg sein. Als ebenso wichtig wird die Erarbeitung eines Konzepts zum dauerhaften Erhalt des Hallenbades angesehen. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) soll weiter ausgebaut werden, damit auch bislang vernachlässigte Gebiete, wie Oege, besser angebunden werden. Die Schaffung von modernen Trimmpfaden als Teil von dezentraler Infrastruktur ist ein weiteres Ziel.

OB-Frage:

Die Bürger für Hohenlimburg, so Frank Schmidt, werden auf keinen Fall mit einem eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten für ganz Hagen antreten: „Das wäre deplatziert“. Wie die Piraten sich 2020 verhalten werden, ist derzeit noch offen.