Sundern. Grünen-Kandidatin Sandra Stein will im Bundestag für nachhaltige Wirtschaft kämpfen. Bürger sollen von erneuerbaren Energien profitieren.

Die Sunderner Unternehmerin Sandra Stein tritt für Bündnis 90/Grüne als Direktkandidatin im Hochsauerlandkreis an. Auf Platz 19 der Landesliste der NRW-Grünen hat sie auch über diesen Weg Chancen, ein Mandat im Bundestag zu erhalten. Im Interview spricht sie über ihre politischen Schwerpunkte.

Im Kernland des Mittelstandes, dem Sauerland, treten Sie als Unternehmerin als Direktkandidatin für den Bundestag an. Was braucht die schwächelnde Wirtschaft und was kann grüne Politik da jetzt bewirken?

Ich will mich im Bundestag dafür einsetzen, dass unsere Wirtschaft zukunftsfit wird. Ich weiß, auch aus vielen aktuellen Gesprächen mit Unternehmen im Sauerland, dass die Situation sehr herausfordernd ist. Es muss wieder mehr investiert werden, damit die Betriebe hier bei uns stark bleiben. Dafür braucht es erstens bessere Rahmenbedingungen mit günstiger Energie, einer digitalen Verwaltung, weniger Papierkram und steuerlichen Anreizen für Investitionen. Es braucht zweitens eine Investitionsoffensive durch den Staat in unsere Straßen und Brücken, in die digitale Infrastruktur, in Innovation, Bildung und Klimaschutz. Und drittens den richtigen Rahmen, um das Arbeits- und Fachkräftepotenzial zu heben: durch erleichterte qualifizierte Zuwanderung und bessere Bedingungen gerade für Eltern am Arbeitsmarkt.

HSK-Direktkandidaten

Das Scheitern der Ampel-Regierung hat dem Image der Grünen in Teilen der Bevölkerung geschadet? Sehen Sie Fehler Ihrer Partei in den vergangenen vier Jahren, die nicht wiederholt werden sollten?

Das Ende der Regierungskoalition hat aus meiner Sicht besonders der FDP und der SPD geschadet. Beide Parteien haben in den Umfragen eingebüßt, während wir wieder auf dem Niveau unserer Ergebnisse von 2021 sind. Seit dem Ende der Regierungskoalition hat meine Partei zudem über 30.000 neue Mitglieder gewonnen. Im HSK waren es alleine um die 50. Nichtsdestotrotz war die Regierungszeit der Ampel eine Herausforderung – für alle beteiligten Parteien. Wir haben als Grüne Verantwortung übernommen in einer Zeit multipler Krisen: Klimawandel, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation. Wir haben viel erreicht - mit Robert Habeck haben wir die Energieversorgung sichergestellt und den Ausbau der erneuerbaren Energien stark beschleunigt. Aber es gab auch Entscheidungen, die zu Verunsicherung geführt haben, wie etwa das Gebäudeenergiegesetz oder die Herausforderungen für den Haushalt durch die gestrichenen Milliarden aus dem Klima- und Transformationsfonds. Ich denke schon, dass wir diese Themen besser hätten kommunizieren können. Insgesamt glaube ich, dass wir zu lange an einer Koalition festgehalten haben, deren Zusammenhalt zunehmend brüchig wurde.

„Jetzt geht es darum, dass unsere Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger im Sauerland noch stärker vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren““

Sandra Stein
HSK-Direktkandidatin von Bündnis 90/Grünen

Die Energiewende wird von vielen politischen Lagern jetzt wieder kritischer als noch vor vier Jahren gesehen. Mit welchen Argumenten wollen Sie das Thema im Sauerland dennoch konsensfähig machen, wo ja auch große Windanlagen und Windparks geplant werden?

Weltweit nimmt der Anteil erneuerbarer Energien rasant zu, NRW ist bei Wind sogar deutscher Spitzenreiter und wir sind Teil dieser Erfolgsgeschichte. Das finde ich großartig und das sollten wir immer wieder in Erinnerung rufen. Es ist natürlich wichtig, dass vor Ort Steuerungsmöglichkeiten da sind für den Ausbau der Windenergie. Das Energie-Paket, das kürzlich im Bundestag beschlossen wurde, hat die Sorge vor einem ungesteuerten Ausbau aus meiner Sicht befriedet. Jetzt geht es darum, dass unsere Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger im Sauerland noch stärker vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren: Indem zum Beispiel ein großer Teil der Gewinne in Schulen und Kitas, in Radwege oder die digitale Infrastruktur direkt vor Ort fließt, indem Kommunen stärker an den Gewinnen beteiligt werden oder Regionen wie unser Sauerland, in denen viel Windkraft entsteht, besonders günstige Strompreise bekommen.

Mit welchem politischen Partner könnten Sie sich vorstellen, dass Grüne im Bund erneut mitregieren?. Merz und die CDU haben sich vor der Abstimmung über Asylanträge schon sehr distanziert zu Grünen geäußert - seitdem gehen Sie ganz hart mit Merz ins Gericht. Könnten Sie mit einem Kanzler Merz?

Für uns Grüne steht im Mittelpunkt, wofür wir Politik machen: Klima- und Umweltschutz, eine zukunftsfähige Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, eine starke Demokratie und eine vielfältige, offene Gesellschaft. Die Frage ist also nicht, mit wem wir regieren könnten, sondern wofür. Ich kann mir keine Regierungsbeteiligung vorstellen, in der diese Themen zu kurz kommen und eine grüne Handschrift nicht klar zu erkennen ist. Dafür brauchen wir ein starkes grünes Ergebnis, für das wir bis zum Wahltag kämpfen. Wir wissen aber auch: Verantwortungsvolle Politik bedeutet Kompromiss und Dialog. Wir werden immer offen für Gespräche mit demokratischen Parteien sein, um unser Land voranzubringen. Deutschland braucht klare Mehrheiten und eine stabile Regierung, die die großen Themen bewegt. Es braucht außerdem eine Koalition, in der die Partner respektvoll und auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Wir werden nach der Wahl sehen, mit wem das umzusetzen ist.

Sehen Sie das Sauerland mit seinen besonderen Herausforderungen aktuell im Bundestag gut vertreten. Für welche Probleme des Wahlkreis bieten insbesondere Grüne ggf. mehr als anderer aus Ihrer Sicht die Lösung?

Im Bundestag fehlt eine starke grüne Stimme aus dem Hochsauerlandkreis. Unsere Region leidet sehr unter den Folgen des Klimawandels. Wir sehen das in unseren Wäldern oder bei den zunehmenden Extremwetterereignissen. Beim Klimaschutz dürfen wir nicht nachlassen und gleichzeitig müssen wir unsere Kommunen besser gegen die Folgen des Klimawandels wappnen. Dafür kämpfen wir Grüne. Auch an anderer Stelle muss das Sauerland zukunftsfähig sein. Der Fachkräftemangel wird sich durch den demografischen Wandel verschärfen. Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung, mehr Bildungsinvestitionen und starke Perspektiven für junge Menschen auch hier im Sauerland, damit unsere Betriebe wettbewerbsfähig bleiben. Dafür müssen wir Geld in die Hand nehmen für lebenswerte Kommunen, für gute Straßen, Brücken und Schulen, für eine verlässliche, moderne Gesundheitsversorgung und einen attraktiven ÖPNV, der auch auf dem Land gut funktioniert. Mit dem Deutschlandfonds haben wir Grüne eine kluge Idee, um das zu verwirklichen, von der auch das Sauerland profitiert.

„Ich komme aus der Wirtschaft und will mich daher für eine grüne Wirtschaftspolitik einsetzen. Mir ist dabei wichtig, dass wir Klimaschutz und eine starke Wirtschaft zusammendenken““

Sandra Stein
HSK-Direktkandidatin von Bündnis 90/Grüne

Sie haben möglicherweise Chancen, bei einem guten Ergebnis der Grünen in NRW über die Liste in den Bundestag einzuziehen. Welche Themen würden Sie dann dort gerne besetzen und bearbeiten?

Ich komme aus der Wirtschaft und will mich daher für eine grüne Wirtschaftspolitik einsetzen. Mir ist dabei wichtig, dass wir Klimaschutz und eine starke Wirtschaft zusammendenken. Es darf nicht passieren, dass die Zukunftsmusik nachhaltiger und innovativer Wirtschaft woanders spielt, nur nicht bei uns. Mit einem starken Mittelstand und Handwerk im Sauerland bringen wir schon eine unglaubliche Power mit. Wir müssen die Rahmenbedingungen so setzen, dass diese Betriebe auch in Zukunft ganz vorne mitmischen. Als berufstätige Mama von drei Kindern ist es mir außerdem wichtig, die Situation von Frauen zu verbessern. Immer noch übernehmen Frauen einen Großteil der Sorgearbeit. Sie verdienen weniger Geld als Männer, haben ein größeres Risiko, in Altersarmut zu landen und sind bis heute seltener in Führungspositionen, aber auch in politischen Ämtern und Mandaten vertreten. Das will ich nicht hinnehmen. Übergeordnet verfolge ich mit meinem politischen Engagement das Ziel, an einer guten Zukunft für unsere Kinder und Kindeskinder zu arbeiten. Es gibt noch viel Arbeit für mich im Bundestag zu tun.

Zur Person

Sandra Stein ist 38 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kindern. Die Sunderanerin ist Familienunternehmerin bei Sorpetaler Fensterbau. Seit Oktober 2021 ist sie Vorsitzende der GRÜNEN im Hochsauerlandkreis. Kommunalpolitische Erfahrung sammelte sie im Ausschuss für Wirtschaft, Soziales und Kultur der Stadt Sundern. Sie ist auch stellvertretende Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Wirtschaft der Grünen NRW.