Arnsberg. Denise Göckelers Klientel hat keine Lobby - aber viele Probleme. Was sich die Mitarbeiterin des Caritasverbandes Arnsberg/Sundern von der künftigen Bundesregierung wünscht.

Die Aufgaben sind vielfältig, die Anliegen der Ratsuchenden selten unkompliziert: Denise Göckeler leitet beim Caritasverband Arnsberg-Sundern die „JoKA“ - sprich, die Job-Kontaktstelle Arbeit und Bildung. Dort bieten sie und ihre Kollegen Menschen eine Anlaufstelle, in der diese sich über ihre persönlichen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt informieren können. Was Sie - auch mit Blick auf „ihre Schützlinge“ - von der künftigen Bundesregierung erwartet, haben wir Denise Göckeler gefragt - und zunächst einen eindringlichen Appell als Antwort erhalten:

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„Politik darf Gruppen - und Themenfelder - nicht gegeneinander ausspielen“, warnt Göckeler vor einer Art Machtmissbrauch, der vor allem Menschen ohne Lobby, z.B. Bürgergeldempfänger oder Migranten, hart treffe. Die Kontakt- und Beratungsstelle richte sich vornehmlich an solche Personenkreise, unterstützt werden Langzeitarbeitslose, Schulabbrecher, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund - aber auch Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen sowie Menschen mit Handicap. Um gezielt helfen zu können, gilt es, tagtäglich jede Menge „Papierkram“ zu bewältigen. Ein Umstand, aus dem die „JoKa“-Leiterin direkt eine Hoffnung ableitet: „Nach der Bundestagswahl sollten viele Dinge vereinfacht werden“, wünscht sie sich.

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Ganz konkret heißt das? „Bürokratieabbau - vor allem auf dem weiten Feld der Antragstellung - und gelungene Digitalisierung“, legt sich Denise Göckeler prompt fest. Das wäre auch für „die andere Seite“ von Vorteil, sprich, für Arbeitgeber. Auch für sie soll die „JoKA“ Anlaufstelle sein, soll die „Jobgeber“ bei der Arbeitnehmersuche begleiten. Mit dem Ziel, auch besagte „Menschen ohne Lobby“ in ihre Unternehmen zu integrieren. Damit das gelingen kann, müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden, meint Göckeler. Rahmenbedingungen?

Nehmen wir als Beispiel die Aussage „1,6 Millionen Menschen in Deutschland könnten täglich bis zu drei Stunden arbeiten.“ Fakt ist aber, sie tun es nicht... Weil sie schlichtweg zu faul sind? Das wäre wohl zu einfach, denn: „Die Rahmenbedingungen passen in manchen Lebensphasen einfach nicht“, hat die Caritas-Mitarbeiterin festgestellt. Für Alleinerziehende sei die Kinderbetreuung ein großes Problem, besonders nachmittags und an Samstagen – welcher Arbeitgeber lässt sich - zum Beispiel - nur auf Schichten im Zeitraum von 8 bis 15 Uhr ein? Verständlicherweise nicht viele.

Junge Menschen kämpften im Flächenkreis HSK nicht selten mit dem Faktor Mobilität - mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind die Entfernungen, vor allem abends oder gar nachts, kaum zu bewältigen; Führerschein machen koste viel Geld, ein Pkw ebenfalls. Hier fehle oft die Einsicht der Politik: „Man muss schlechte Rahmenbedingungen zunächst sehen - und dann verbessern wollen“, kritisiert Denise Göckeler die Haltung zahlreicher Verantwortlicher in Düsseldorf und Berlin.

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Lösungen könnten laut Göckeler und Team sein: Führerschein günstiger machen, jungen Menschen in Bedarfsgemeinschaften helfen (hier gebe es bereits erste Verbesserungen), mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, Steuersenkungen für Unternehmer, damit diese besser in Mitarbeiter investieren können. Und - mit Blick auf die wachsende Gruppe der Migranten: Schnellere Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen, Einstiege in Berufe vereinfachen, die Zugewanderten nicht mit schultheoretischen Anforderungen „erschlagen“. „Die Politik muss sich etwas überlegen“, bringt Göckeler es auf einen einfachen Nenner.

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Wie groß ist die Hoffnung, dass sich tatsächlich nach der Wahl etwas ändert? Mit Blick auf Datenschutz und weitere gesetzliche Vorgaben sei Bürokratieabbau insgesamt wenig realistisch, räumt die „Caritasfrau“ ein. Und angesichts der schwächelnden Wirtschaft werde es auch schwierig, die Situation des Einzelnen schnell zu verbessern, sagt sie - und warnt: „Wir dürfen nur die soziale Infrastruktur nicht einfach kappen!“ Denise Göckeler wünscht sich Veränderungen mit Augenmaß und ohne Schnellschuss. Dafür stehe der Caritasverband auch im Austausch mit politischen Vertreten. Ob das gelingen kann? Nun, nach dem 23. Februar wissen wir hoffentlich bald mehr...

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