Neheim. Der ehemalige Chefkoch leitet die Gottesdienste in St. Michael auf seine ganz eigene Art. Die Italienische Gemeinde in Neheim dankt es ihm.

Manche Klischees fußen doch auf einem Körnchen Wahrheit. Die Vorstellung vieler Deutscher von Italienern: Es sind lebenslustige Menschen, die sich herzlich umarmen, mit großen Gesten diskutieren und in Gemeinschaft gerne kochen und essen. Wer sonntags die Messe der italienischen Gemeinde in Neheims Kirche St. Michael besucht, der fühlt sich nach kurzer Zeit bestätigt. „Eine herzliche Umarmung, darauf folgt ein Küsschen rechts und eins links und dazu ein freudiges Buongiorno!“

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Barbara Conte Milizia, Pastoralassistentin der italienischen Mission in Arnsberg, begrüßt die Besucherinnen und Besucher der Messe in St. Michael an diesem Sonntagmorgen. Rund 50 Personen - Senioren, Menschen mittleren Alters und Kinder - sind in das Gotteshaus gekommen. Man spricht Italienisch, und das mitten im Sauerland. Die italienische Mission als selbständige Pfarrei umfasst die Dekanate Hochsauerland Mitte, West und Ost und ist vor Ort in Arnsberg, Sundern, Neheim-Hüsten, Schmallenberg-Gleidorf und Siegen. „Wir sind eine große Gemeinschaft. Wir haben so wie viele Gruppen und Vereine unter Corona gelitten, jetzt kommt aber so langsam wieder Bewegung in die Sache“, betont Conte Milizia.

Italienische Mission Arnsberg
Pastoralassistenz Barbara Conte Milizia verteilt Informationen in italienischer Sprache in der Kirche St. Michael. © Eric Claßen | Eric Claßen

Entstanden sind solche Gemeinden in anderer Muttersprache in den 1950er- und 1960er-Jahren in Deutschland. Der Zuzug der Gastarbeiter aus Ländern wie Italien oder Portugal gab den Ausschlag dafür, dass es solche Missionen auch im Erzbistum Paderborn gibt. Konrad J. Haase vom Erzbischöflichen Generalvikariat ist zuständig im Bereich Pastorale Dienste für das Referat Gemeinden anderer Muttersprache. Er sagt: „Im Laufe der Zeit ist das Verständnis gewachsen, dass man den Menschen, die aus anderen Ländern hier nach Deutschland kommen, Angebote benötigen, um ihre kulturelle Identität ausleben zu können. Und dazu gehört auch die Art und Weise des Glaubens.“ Im Idealfall solle dies in den Missionen durch einen Seelsorger begleitet werden, der aus der Heimat der Menschen stamme.

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Bei der italienischen Mission in Arnsberg ist dies der Fall. Seit nunmehr drei Jahren ist Don Marco D‘Orio hier im Einsatz. Und das mit einem für einen Geistlichen eher ungewöhnlichen Lebenslauf im Gepäck. „Ich habe jahrelang in der Gastronomie gearbeitet, als Kellner und später als Koch.“ Natürlich war Don Marco als Pizzabäcker im Einsatz. Die Wege führten ihn früh nach Deutschland, wo er in Frankfurt und in Rosenheim als Chefkoch agierte. Der 48-Jährige kehrte heim nach Italien und wechselte den Beruf bzw. genauer gesagt die Berufung. Es folgten das Theologie-Studium und eine Zeit als Priester, ehe es ihn zurück nach Deutschland zog - und so landete er im Sauerland.

Italienische Mission Arnsberg
Der Geistliche sucht den Kontakt zu den Menschen und ist sehr beliebt in der Gemeinde. © Eric Claßen | Eric Claßen

Der Geistliche betreut mehrere Tausend italienische Katholiken, von Arnsberg bis Siegen, wobei eine Vielzahl vor allem in Neheim und Hüsten lebt. Einer von ihnen ist Piergiovanni „Tino“ Ceccato, der in jungen Jahren als Industriekaufmann nach Deutschland kam und später Sozialarbeiter wurde. „Don Marco kommt zu den Menschen, ist locker im Umgang und ein echter Segen für die Gemeinde. Von Anfang an fühlten sich die Menschen von ihm angesprochen. Er hat es auch ermöglicht, dass es seit rund zweieinhalb Jahren ein Chor gibt, der Lieder auf Italienisch singt“, freut sich Tino. Er trifft sich regelmäßig mit Chorleiter Salvatore Caruso in Sundern in der Christkönigkirche zum Proben.

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In der Tat ist der italienische Seelsorger beliebt in der Gemeinde und pragmatisch in der Handhabung seiner Arbeit. Kinder dürfen bei ihm neben dem Altar stehen und müssen nicht zwingend leise sein in der Kirche. Bei manchem deutschsprachigen Kollegen noch immer undenkbar, Don Marco D‘Orio reagiert gelassen. „Kinder sollen mit Freude in die Kirche kommen und das Wort Gottes positiv verbinden und nicht an Strafen denken. Die Erwachsenen sollten allerdings leise sein“, berichtet er mit einem breiten Lächeln.

Italienische Mission Arnsberg
Lebensfreude auf Italienisch: Mit selbst zubereitetem Essen und allen Freunden. © Missione Cattolica Italiana | Missione Cattolica Italiana

Der grobe Ablauf einer Messe in italienischer Sprache in St. Michael ist mit der einer Messe in deutscher Sprache vergleichbar, es sind die Nuancen, die sich signifikant unterscheiden. Bei der Predigt geht der Italiener nicht auf Distanz zu seinen „Schäfchen“. Vielmehr bewegt er sich im Mittelgang, sucht den Dialog mit den Menschen in den Kirchenbänken. Sie antworten auf Fragen des Priesters, das schafft Nähe und Vertrautheit - und Aufmerksamkeit. „Als Geistlicher in Italien ist man im Grunde rund um die Uhr und jeden Tag im Einsatz. Man wird anders in der Gesellschaft wahrgenommen, zumindest in den kleineren Gemeinden“, berichtet Don Marco.

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Die italienische Mission sucht derzeit ein neues Zuhause in Neheim. Während die Büros von Priester und Pastoralassistenz noch in Arnsberg sind, finden die meisten Gottesdienste in Neheim statt. „Wir wünschen uns feste Räumlichkeiten, die man nicht vorher mieten muss, um vielleicht auch einmal spontan nach einem Gottesdienst gemeinsam zu kochen und essen. Wir Italiener lieben die Spontanität und möchten das ausleben“, sagt Barbara Conte Milizia.

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Don Marco (hinten) hilft bei der Zubereitung der Speisen. Der ehemalige Chefkoch hat Routine darin.  © Missione Cattolica Italiana | Missione Cattolica Italiana

In der Tat laufen im Hintergrund Gespräche zwischen dem Erzbistum Paderborn, das die ausländischen Missionen in ihrem Gebiet finanziert, und der Pfarrei in Neheim. Im Anton-Schwede-Haus in unmittelbarer Nähe zur Kirche St. Michael könnte die italienische Mission künftig Räume erhalten. Dies wird derzeit im Zuge des Immobilienprozesses in der Pfarrei St. Johannes Baptist Neheim und Voßwinkel intensiv diskutiert. Und wer weiß, vielleicht wird dann Don Marco D‘Orio künftig wieder häufiger am Herd und am Ofen stehen.

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