Arnsberg/Sundern. Smartwatch-Verbot an Schulen? Schulleiter aus Arnsberg und Sundern nehmen Stellung zur aktuellen Debatte. Eltern wollen vor allem Kontrolle übers Kind
Sven Winkler, Vorsitzender des Allgemeinen Schulleiterverbands Deutschland (ASD), hat mit seiner Forderung eines SmartwatchVerbots in deutschen Schulen bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Der Schulleiter aus Oldenburg hatte seine Forderung in einem Zeitungsinterview damit begründet, dass aus seiner Erfahrung immer mehr Schülerinnen und Schüler im Unterricht durch die smarten Uhren ablenkt würden. Winkler sprach dabei von einer verkürzten Aufmerksamkeitsspanne bei den Schülern.
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Doch wie bewerten Lehrkräfte und Eltern in Arnsberg und Sundern diesen Vorstoß des ASD? Wir gehen auf Spurensuche.
Martin Barthel ist Schulleiter des Gymnasiums Sundern. Er stellt eine Zunahme von Smartwatches bei seinen Schülern fest. „Grundsätzlich sehe ich bei Smartphones ein höheres Ablenkungspotenzial als bei den Uhren. Das liegt daran, dass die visuelle Ablenkung durch die Handys einfach größer ist. Deswegen sollten sich die Handys während des Unterrichts am besten ausgeschaltet in der Schultasche befinden. Außerdem haben wir ein Handyverbot in den großen Pausen, damit wir unsere Schülerinnen und Schüler dazu animieren, miteinander zu sprechen und nicht am Handy zu hängen.“
Sicken mit der Internetfunktion
Strikt verboten seien die Smartwatches während der Klausuren. „Dann müssen sie ausgeschaltet und abgelegt werden, da sie durch die Internetfunktion zum Spicken missbraucht werden könnten“, so Barthel. Es sei allerdings eine Herausforderung für die Zukunft, solche Geräte sinnstiftend in den Unterricht einzubauen. „Ich könnte mir für den Sport vorstellen, dass die Nutzerinnen und Nutzer damit ihre Körperfunktionen messen. Oder unter ausschließlicher Anweisung des Lehrers auch im Unterricht verwenden“, so Barthel. Ein komplettes Verbot halte er hingegen nicht für zielführend.
Andrea Heil vom Verband für Bildung und Erziehung (VBE) hat erkannt, dass eine gute Kommunikation zwischen Schule und Eltern helfen kann, dass Smartwatches nicht missbraucht werden. „Die Mithörfunktion muss aufgrund des Telekommunikationsgesetzes ausgeschaltet sein. Das verstehen die Eltern aber durch die Gespräche in der Regel. Sie klären ihre Kinder dann auf und das funktioniert meistens gut“, so Heil. Aus Gründen des Schutzes vor Mobbing sei es auch verboten, mithilfe der Smartwatch Fotos in der Schule, beispielsweise im Unterricht, zu machen.
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Speziell nach der Corona-Pandemie sei ein Anstieg der Smartwatches bei den Schulkindern festzustellen. Viele Eltern würden ihre Kinder mit den Geräten ausstatten, weil sie über eine Ortungsfunktion verfügen. „Daraus empfinden manche Eltern wohl so eine Art Scheinsicherheit, da sie ständig wissen, wo ihr Kind sich befindet.“ Sie selbst habe sogar erlebt, dass Eltern ihre Kinder im Unterricht über die Smartwatch angerufen hätten. „Wenn das Gerät klingelt, wird es einkassiert.“ Diese Abschreckung wirke. Prinzipiell warnt Andrea Heil allerdings vor einer Panikmache wie zum Beispiel einem Verbot. Man müsse Regeln aufstellen und dafür sorgen, dass diese eingehalten und bei Zuwiderhandlung sanktioniert würden.
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Auch Andreas Schauerte, Leiter der Agnes-Wenke-Schule in Neheim, hat schon diverse Vorfälle mit Handys erlebt. „Hier bei uns haben ebenfalls Eltern schon während des Unterrichts angerufen.“ Er erzählt eine Anekdote. „In unserer Schule herrscht absolutes Handyverbot. Die Geräte müssen ausgeschaltet sein. Einmal hat es einen Vorfall gegeben, dass wir einen Schüler erwischt haben, der sein Smartphone noch eingeschaltet hatte. Es wurde daraufhin einkassiert und weggeschlossen. Von morgens 7.45 Uhr bis zum Abholen des Geräts nach Schulschluss hat das Handy über 100 Mal gebrummt. Später stellte sich heraus, dass der Schüler während dieser Zeit 108 neue Nachrichten erhalten hatte“, berichtet Schauerte.
An seiner Schule sei das Problem mit den Smartwatches noch nicht ganz so verbreitet, da gebe es doch noch mehr Probleme mit den Smartphones. Grundsätzlich sei er aber für das Verbot der Uhren, weil sie ähnliche Auswirkungen auf den Unterricht hätten, wie es bei den Telefonen sei. Aktuell überarbeite man gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern das Verbot der smarten Geräte.
Gläserne Tresore
Außerdem wolle man gläserne Tresore anschaffen, in denen die Geräte für die Dauer der Schulzeit aufbewahrt werden, damit es auch keine Tricks in den Pausen oder im Unterricht gibt. „In der Vergangenheit wurden die Geräte auch dazu missbraucht, verbotene Filme und Fotos anzufertigen. Wir haben aber auch nicht die Zeit und Kapazitäten, um jeden Tag die Geräte alle einzusammeln. Dadurch verlieren wir zu viel Unterrichtszeit.“
Die Stadtschulpflegschaft kennt die Problematik mit den smarten Geräten auf dem Schulgelände und im Unterricht. Die Vorsitzende Julia Pauli erklärt: „Bei den Eltern in unserer Delegiertengruppe gibt es großes Verständnis für die Forderung des Schulleitungsverbands und es herrscht Konsens, dass Smartwatches ebenso wie Smartphones im Unterricht störend und ablenkend sind und daher verboten werden sollten.“ Die Vertreter einzelner Arnsberger Grundschulen gaben auch an, dass dies an ihren Schulen bereits der Fall sei.
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Julia Pauli möchte hierbei jedoch bewusst eine differenzierte Betrachtung wagen. „Die meisten Eltern sind dafür, dass die Kinder Uhren (ebenso wie Smartphones) ausgeschaltet im Tornister mitnehmen dürfen oder dass diese an einer zentralen Sammelstelle bis zum Schulschluss sicher aufbewahrt werden. Bei letzterer Lösung erübrigt sich auch die ständige Kontrolle. Ob die Kinder generell über diese Geräte verfügen sollten und somit auch nach Schulschluss mit sich tragen, sollte in der Verantwortung der Eltern bleiben.“
Insbesondere an weiterführenden Schulen könne man den Kindern und Jugendlichen nicht verbieten, ihre Geräte dabeizuhaben und nach Schulschluss zu benutzen. Manchmal würden diese sogar offiziell im Unterricht eingesetzt.