Arnsberg. Dominic Mause kämpft seit seiner Kindheit gegen Krebs und lebt mit einer Prothese. Seine Geschichte zeigt, wie er trotz allem Lebensmut bewahrt.

Mit 14 Jahren wiegt er gerade einmal 26 Kilogramm. Isst und trinkt nicht - wird künstlich ernährt. Und selbst diese Nahrungsaufnahme stößt sein Körper ab. Nicht der Höhepunkt seiner Leidenstour, jedoch ein Meilenstein in seiner Geschichte. Dominic Mause, heute 30 Jahre jung, lebt schon sein ganzes Leben mit einem Genfehler, der sich TP53-Mutation nennt. Festgestellt im Jahr 2017 - kurz nachdem er seine Frau kennenlernt.

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Eigentlich, so erzählt er, dachten seine Eltern, dass sie ihn wegen eines Leistenbruchs ins Krankenhaus bringen. Doch die Diagnose schockt: Rhabdomyosarkom. Ein bösartiger Tumor, der das umliegende Gewebe angreift. „Ich war 14 Monate alt - musste mich über ein Jahr lang einer intensiven Krebstherapie unterziehen. Mein Körper wurde dabei so geschwächt, dass ich danach zwei Jahre lang überhaupt nicht gewachsen bin“, sagt Dominic Mause. Erinnerungen an diese schwere Zeit hat er nicht. Auch an den Rückfall, den er mit vier Jahren erlebt, erinnert er sich kaum. Zu jung sei er gewesen. „Wieder ein Rhabdomyosarkom an derselben Stelle. Dieses Mal musste ich zusätzlich zur Chemotherapie auch Bestrahlungen über mich ergehen lassen.“ Er besiegt auch diesen Krebs, spielt Fußball, fährt Fahrrad - lebt, wie jedes andere Kind auch. Gute zehn Jahre.

Dominic Mause muss mit dauernder Angst leben

Als er 14 Jahre alt ist, erneuter Tiefschlag. Nun ist es ein Osteosarkom im linken Oberschenkel - ein aggressiver Knochentumor, der sich nicht so einfach besiegen lässt. „Diesmal begriff ich sofort, um was es geht“, sagt er, „es war ein Schock. Sie mussten mir den Oberschenkelknochen entfernen und durch eine Prothese ersetzen.“ Ein Prozedere, das ihn an seine Grenzen bringt. Denn nicht nur, dass dies erneute Krankenhaus- und Reha-Aufenthalte mit sich bringt, auch versteift sein Kniegelenk. „Ich kann es seither nicht mehr beugen. Außerdem sind meine Beine dadurch unterschiedlich lang, was man mir am Gang ansieht.“

Er zieht sich zurück - kann kein Fußball mehr spielen, kein Rad mehr fahren. Teils wenden sich Freunde von ihm ab - teils er sich von ihnen. „Ich habe aber einen besten Freund, der jeden Tag da war“, sagt Dominic Mause, „Aber das Schlimmste war, begreifen und akzeptieren zu müssen, dass ich von nun an körperlich behindert war und mein Leben nicht mehr so leben konnte, wie bisher. Ich war froh, in dieser Zeit meine Familie an meiner Seite gehabt zu haben. Diese haben mir tagtäglich den Mut und die Kraft geschenkt, durchzuhalten und weiterzukämpfen.“

Dominic Mause startet GoFundMe-Kampagne
Seine Familie gibt Dominic Mause den nötigen Halt, insbesondere Ehefrau Esther. © WP | Thora Meißner

Seine Familie, das sind seine Eltern und seine Schwester. „Sie haben mir nie Vorwürfe gemacht“, sagt Dominic Mause, „und trotzdem fühle ich mich manchmal schuldig.“ Warum? „Weil auch sie in vielem zurückstecken mussten; vieles mitmachen mussten.“ Und, so sagt er, weil er sieht, wie auch seine Familie darunter leidet. „Ich mache mir viel mehr Sorgen, wie es meiner Familie und meiner Frau geht als um mich selbst.“ Daher kreisen sich seine Gedanken auch nicht um sich selbst, wenn er darüber nachdenkt, dass sein Bein früher oder später vielleicht doch amputiert werden muss, sondern darum, was er damit seiner Familie antut.

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Vor rund fünf Jahren, 2021, während eines erneuten Reha-Aufenthalts, wird Dominic Mause krank. Er fiebert stark. Diagnose: Die Prothese hat sich komplett entzündet - muss ausgetauscht werden. Und es geht noch weiter: Damit die neue Prothese „hält“, muss ihm Muskelgewebe aus seinem rechten Bein entnommen und transplantiert werden. „Es war zwischenzeitlich ungewiss, ob mein Körper eine neue Prothese akzeptiert oder diese gegebenenfalls abstößt“, sagt er. „Die Alternative wäre eine Amputation des Beines gewesen.“

Esther Mause steht und hält zu ihrem Mann

Dieses Risiko bleibt. Denn wenn er einen Unfall hat, stürzt oder die Prothese erneuert werden muss, droht ihm die Amputation des linken Beines. „Die Ärzte haben mir schon gesagt, dass ein weiterer Austausch der Prothese nicht möglich sein wird - die nächste Stufe ist also die Amputation des Beines.“ Und wenn die Medizin, so Dominic Mause weiter, auch 2031 noch auf heutigem Stand sei, wäre das der ungefähre Zeitpunkt einer möglichen Amputation. Denn das sei die pauschale Lebensdauer des Titans, das jetzt in seinem Oberschenkel stecke.

„Ein wenig Angst macht mir das schon“, sagt er, „aber ich denke da nicht gezielt drüber nach. Wenn man es genau nimmt, wäre eine äußerliche Prothese sogar besser für mich - würde die Lebensqualität erhöhen. Aber es ist doch schon etwas anderes als das eigene Bein.“ Er verdrängt die Gedanken - ebenso wie seine Frau Esther. „Als ich die Diagnose damals gehört habe, da habe ich eine Panikattacke bekommen“, sagt sie, „Ich hatte Angst, dass ich diesen Menschen verliere - es würde eine Welt für mich zusammenbrechen. Ich liebe meinen Mann über alles!“

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Natürlich habe sie sich anfangs auch Gedanken darüber gemacht, ob sie das alles schaffe. Ob sie ihm zur Seite stehen könne - so, wie er es benötige. „Wenn man aber einen Menschen mehr liebt als sich selbst, dann geht man diesen Weg mit ihm.“ Das junge Paar nimmt sein Leben nun bewusster wahr - auch wenn Esther für ihren Mann auch auf einiges verzichtet. Das Radfahren beispielsweise - denn ein normales Fahrrad kann Dominic Mause nicht fahren. „Ich habe beruflich viel mit den Themen Tot und verschiedenen Behinderungsbildern zu tun“, sagt sie, „aber wenn das dann beim eigenen Partner passiert, ist es etwas anderes - da steckt man emotional viel zu tief drin.“

Dominic Mause will seiner Frau einen Traum erfüllen

Dominic Mause schätzt das Durchhaltevermögen und die unermüdliche Unterstützung seiner Eltern und seiner Ehefrau - und gleichzeitig plagt ihn das Schuldgefühl, dass Esther wegen ihm vieles zurückstecken muss. Beispielsweise die Hochzeitsreise 2023. „Eigentlich war geplant, ins Disneyland zu fahren“, sagt er, „unser beider Traum ist zum Beispiel auch -unabhängig von der Hochzeitsreise-, mal nach Afrika zu fliegen.“ Auch wenn Reisen für ihn eine schmerzhafte Tortur bedeuten würden - da es im Flugzeug ja keine speziellen Sitze und Beinfreiheit gebe und ihm klar sei, dass er diesen langen Flug niemals machen könne. Auch das Radfahren vermisst er. „Ich würde so gerne mit meiner Frau Fahrradfahren. Aber dafür benötige ich ein individuell hergestelltes Sitzfahrrad.“

Nach langem Hin und Her geht Dominic Mause den Schritt, sich mit einer GoFundMe Kampagne an die Öffentlichkeit zu wenden. „Ich erhoffe mir, durch ein wenig finanzielle Unterstützung meine Lebensqualität zu steigern und mir und meiner Frau Wünsche zu erfüllen, die ich bisher immer – aus krankheitsbedingten und finanziellen Gründen - zurückstellen musste.“

So können Sie Dominic Mause unterstützen:

Dominic Mause hat eine GoFundMe-Kampagne ins Leben gerufen. Aktuell (Stand: 27.09., 11 Uhr) haben bereits 98 Menschen rund 4.190 Euro gespendet. Das Spendenziel beträgt 35.000 Euro.

Verwenden möchte er den Betrag für die individuelle Herstellung eines Sitzfahrrads sowie eine kleine Hochzeitsreise mit seiner Frau Esther, die ihm voll und ganz zur Seite steht.

Erreichbar ist die GoFundMe-Kampagne unter dem folgenden Link: Hilfe für das Leben mit einem seltenen Genfehler

Die Resonanz auf seine Kampagne ist überwiegend positiv. „Ich freue mich, dass mich viele Menschen unterstützen“, so Mause, „und das Ganze hat auch noch einen schönen Nebeneffekt, der sogar viel wertvoller ist: Es haben sich viele alte Freunde und Bekannte bei mir gemeldet - insbesondere aus meiner Jugendzeit. Sie sprechen mir Mut zu.“ Und genau das möchte er auch - Mut zusprechen. „Anderen Betroffenen Mut machen, offen über ihre Krankheit zu sprechen - die guten Seiten und Zeiten des Lebens in den Fokus zu nehmen und das Schlechte abzulegen.“