Arnsberg/Sundern. Rechtsanwältin Christina Vogt erklärt, was Sie über die aktuellen Zwangsversteigerungen am Amtsgericht Arnsberg wissen sollten.

Bereits im vergangenen Jahr hat der bundesweite Trend zugenommen, dass Immobilien unter den Hammer kommen. Ein Grund dafür: Zinssteigerungen bzw. Preisrückgänge bei Wohnungen und Häusern. Auch beim Arnsberger Amtsgericht laufen derzeit einige Zwangsversteigerungen. Rechtsanwältin Christina Vogt aus Sundern erklärt im Interview, was man zu diesem Thema wissen muss.

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Gibt es für Haus- oder Wohnungseigentümer Möglichkeiten, eine Zwangsversteigerung abzuwenden?

Christina Vogt: Ja, zumindest gibt es einige Schritte, die man unternehmen könnte. Sinnvoll wäre es, Kontakt zum Gläubiger aufzunehmen. Möglicherweise kann eine Einigung über Ratenzahlung, über einen Vergleich oder eine andere Lösung erzielt werden. Und sofern Verfahrensfehler oder rechtliche Unregelmäßigkeiten vorliegen, kann ein Widerspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt werden. Außerdem ist es in vielen Fällen sinnvoll, eine Schuldnerberatung in Anspruch zu nehmen. Sie können bei Verhandlungen mit Gläubigern oder bei der Erstellung eines Insolvenzplans unterstützen.

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Wenn die finanzielle Situation es nicht zulässt, die Schulden anderweitig zu begleichen, könnte ein Antrag auf Privatinsolvenz in Betracht gezogen werden. Diese Maßnahme würde das Zwangsversteigerungsverfahren stoppen oder zumindest hinauszögern. Beim Vollstreckungsgericht kann außerdem ein Antrag auf Aufschub der Versteigerung gestellt werden. Dies sollte durch das Einlegen von Rechtsmitteln oder durch die Beantragung eines Stundungs- oder Erstreckungsantrags geschehen. Im Zusammenhang mit einer Zwangsversteigerung bezieht sich ein Erstreckungsantrag auf einen Antrag des Schuldners, der versucht, die Versteigerung seiner Immobilie zu verschieben oder aufzuschieben. Dieser Antrag wird beim zuständigen Gericht gestellt und zielt darauf ab, mehr Zeit zu gewinnen.

In einigen Fällen kann übrigens ein privater Verkauf zu einem besseren Preis führen als eine Zwangsversteigerung. Und zu guter Letzt: Unter bestimmten Umständen kann man eine Sicherheitsleistung hinterlegen, um das Verfahren auszusetzen.

Kann der Schuldner nach der Versteigerung in dem Haus wohnen bleiben?

In der Regel ist das nicht der Fall. Nach einer Zwangsversteigerung geht das Eigentum an der Immobilie auf den Erwerber über, der in der Regel das Recht hat, sein Haus oder die Wohnung zu nutzen bzw. zu vermieten. Wenn der Schuldner vor oder während des Versteigerungsverfahrens einen Antrag auf Aufschub oder Stundung stellt, kann dies zu einer Verzögerung führen. Solche Anträge könnten dazu führen, dass dem Schuldner noch etwas Zeit in der Immobilie bleibt, aber dies ist nicht garantiert.

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Noch etwas: Auch nach der Zwangsversteigerung muss der neue Eigentümer in der Regel ein Räumungsverfahren anstrengen, um den ehemaligen Eigentümer oder Mieter aus der Immobilie heraus zu bekommen. Das bedeutet, dass der Schuldner möglicherweise noch eine gewisse Zeit in der Immobilie bleiben kann. Und im Fall, dass der Schuldner nicht Eigentümer, sondern Mieter ist, können mietrechtliche Schutzvorschriften Anwendung finden. In einigen Fällen kann der Schuldner beim Gericht eine „Unbillige Härte“ geltend machen. Dies könnte dazu führen, dass die Räumung des Hauses hinausgezögert wird, wenn ein Umzug unzumutbar wäre oder besondere persönliche oder familiäre Umstände vorliegen. Am besten ist es natürlich, wenn eine Einigung mit dem neuen Eigentümer erzielt werden kann.

Wie lauten die Rechte des neuen Eigentümers?

Der Erwerber erhält nach Abschluss der Zwangsversteigerung das volle Eigentum an der Immobilie. Dies umfasst das Recht, die Immobilie zu nutzen, zu vermieten, zu verkaufen oder anderweitig darüber zu verfügen. Einnahmen aus der Vermietung oder Nutzung der Immobilie fließen an den neuen EigentümeAußerdem hat er das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen eine Räumungsklage gegen die Bewohner einzureichen, falls diese nicht freiwillig ausziehen.

Und seine Pflichten?

Der Erwerber ist verpflichtet, den in der Versteigerung festgelegten Kaufpreis vollständig zu zahlen. Die Zahlung muss innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist erfolgen. Außerdem übernimmt er alle auf der Immobilie lastenden Verpflichtungen, wie z.B. Grundsteuer, laufende Betriebskosten und eventuell noch nicht beglichene Nebenkosten. Wenn der neue Eigentümer die Immobilie benötigt, kann er ein Räumungsverfahren einleiten - falls der frühere Eigentümer oder andere Bewohner nicht freiwillig auszieht. Er muss sich auch mit möglichen Sachmängeln auseinandersetzen. Bei einer Zwangsversteigerung kann jedoch die Mängelhaftung eingeschränkt sein, was bedeutet, dass der Erwerber oft „wie gesehen“ kauft. Falls die Immobilie vermietet ist, muss der Erwerber die bestehenden Mietverhältnisse übernehmen und kann nicht sofort den Mieter aus der Wohnung werfen, es sei denn, es besteht ein Kündigungsgrund.

Und zum Abschluss: Die Eigentumsübertragung erfolgt durch die Eintragung im Grundbuch, die nach Zahlung des Kaufpreises und dem Erlass eines Zuschlagsbeschlusses durch das Gericht erfolgt. Im Unterschied zu einem regulären Immobilienkauf, bei dem eine notarielle Auflassung notwendig ist, wird bei einer Zwangsversteigerung der Zuschlagsbeschluss des Gerichts als gerichtliche Auflassung betrachtet. Dies ersetzt die notarielle Auflassung und ermöglicht die Eintragung des Eigentumswechsels direkt durch den Zuschlagsbeschluss. Der Wechsel des Eigentümers kann nach dem Gebäudeenergiegesetz zudem eine Sanierungspflicht auslösen.