Arnsberg. Spannung im Gerichtssaal: Immobilienversteigerung zieht verschiedene Bieter an, von Spekulanten bis Familien. Höchstes Gebot erhält den Zuschlag.
Respektvolle Ruhe im Saal A 109 des Arnsberger Amtsgerichts. Heute wird ein Teil einer Immobilie versteigert. Vorne sitzt Rechtspflegerin Sabrina Täubert, die diese Sitzung leiten wird; rechts neben ihr die zuständige Protokollführerin und an der Seite der Hufeisen-Formation ein Rechtsanwalt des Antragsstellers. Im gegenüberliegenden Bereich des Saals sind drei Stuhlreihen für Besucher aufgebaut. Fast alle Plätze in den hinteren Reihen sind besetzt.
Vorne sitzt die dreiköpfige Erbengemeinschaft, die sich von besagter Immobilie trennen will. Wer mögliche Bieter sein werden, weiß Rechtspflegerin Sabrina Täubert noch nicht. Sie lächelt und hofft auf eine lebendige Versteigerung. Die räumliche Distanz im Saal gleicht die junge Beamtin durch ihre freundliche Art aus. Die Verhandlung dauert nicht ganz eine Stunde, dann fällt der Hammer. „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten“, verkündet Sabrina Täubert.
Diesmal gibt es nur einen Bieter. Die Immobilie, für die ein Verkehrswert von 183.000 Euro angesetzt worden ist, wechselt für die Summe von 91.501 Euro den Eigentümer. „Eine Zuschlagsversagung wird nicht beantragt. Damit verkündige ich, dass der Zuschlag erteilt wird“, sagt die Rechtspflegerin abschließend. Der Käufer freut sich. Die Erbengemeinschaft gratuliert. Alles in allem ein zufriedenstellender Ausgang der Verhandlung. Und der Anwalt legt den Stift nieder. Die Sitzung ist geschlossen.
„Nicht immer geht eine Versteigerung so reibungslos über die Bühne“, erklärt Ursula Dyk. Sie ist Geschäftsleiterin am Arnsberger Amtsgericht und außerdem seit über dreißig Jahren als Rechtspflegerin tätig. In all ihren Berufsjahren hat sie schon viel erlebt. „Eine Versteigerung oder gar Zwangsversteigerung ist oftmals eine sehr emotionale Angelegenheit“, sagt sie. Allerdings seien Zwangs- oder Teilungsversteigerungen für die Öffentlichkeit auch sehr interessant. „Manchmal kommen sogar Nachbarn bzw. Interessierte, die wissen möchten, mit wem sie künftig zu tun haben“, so Dyk.
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Jede Versteigerung sei einzigartig und daher unvorhersehbar. „Manchmal ist der Saal voll besetzt und kein einziges Gebot erfolgt - und dann wieder scheint das Interesse eher gering, doch zum Schluss überbieten sich die Leute gegenseitig.“ Unter den Bietern seien ganz unterschiedliche Typen. „Es gibt Spekulanten bzw. Immobilienmakler, Familien, die auf ein Schnäppchen hoffen und auch Privatinvestoren.“
Der Ablauf erfolgt immer nach dem gleichen Schema: „Zuerst muss der Gläubiger beim Amtsgericht einen Antrag stellen“, erklärt Ursula Dyk. Nach Prüfung des Antrags und dem Rechtsmittelverfahren, bei dem der Eigentümer nochmals zu Wort kommt, muss zunächst der Verkehrswert durch einen Sachverständigen ermittelt und durch das Gericht festgesetzt werden. Nach Abschluss dieses Verfahrensabschnitts setzt das Gericht einen Versteigerungstermin fest, der öffentlich bekannt gemacht wird. Interessenten können so Einblick in das zu versteigernde Objekt nehmen.
„Meist werden Fotos und ein Exposé veröffentlicht“, so Dyk. Der Sachverständige hat die Immobilie so genau wie möglich unter die Lupe genommen. Am Versteigerungstag selbst versammeln sich dann alle Interessenten im Gerichtssaal. „Der Schuldner muss dabei nicht unbedingt anwesend sein“, erklärt Ursula Dyk. Eine Rechtspflegerin oder ein Rechtspfleger leitet die Versteigerung, erläutert die Verfahrensregeln und eröffnet das Bietverfahren. Dann können Gebote abgegeben werden. „Das Mindestgebot wird vom Gericht aus den bisherigen Kosten ermittelt und im Termin bekannt gegeben. Im ersten Termin muss zumindest die Hälfte des Verkehrswerts geboten werden, um einen Zuschlag zu erhalten. Geringe Gebote sind aber möglich.“
„Das Mindestgebot orientiert sich oft am Verkehrswert der Immobilie, es können aber auch niedrigere Gebote abgegeben werden, mindestens die Hälfte des Verkehrswertes.“
In der Regel gibt es eine Bietzeit von mindestens 30 Minuten. Nach Ablauf der Zeit erteilt die Rechtspflegerin dem Höchstbietenden den Zuschlag. Dieser muss in der Regel innerhalb weniger Wochen den Kaufpreis begleichen. Erst dann wird er als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. „Zudem sind die Kosten zu beachten, die beim Erwerb anfallen - wie die Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtskosten. Auch Risiken wie versteckte Mängel oder bestehende Mietverhältnisse sollten beachtet werden“, klärt Ursula Dyk auf. Oft muss zudem zehn Prozent des Grundstückswertes als Sicherheit hinterlegt werden. „Früher ging das sogar in bar, doch das ist mittlerweile nicht mehr möglich.“
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Abschließend bliebe noch zu sagen, dass Zwangsversteigerungen am Amtsgericht eine Möglichkeit bieten, günstige Immobilien zu erwerben. Sie können aber auch mit erheblichen Risiken verbunden sein, da die Bietenden die Objekte zuvor meist nicht von innen begutachten können. „Daher sollten Interessenten gut vorbereitet in den Prozess gehen“, erklärt Ursula Dyk.