Sundern/Hochsauerlandkreis. Unternehmerin Sandra Stein kandidiert für die Grünen im Bundestagswahlkampf 2025. Den Wirtschaftsstandort Deutschland will sie stärken.
Sandra Stein ist dreifache Mutter, Familienunternehmerin bei Sorpetaler Fensterbau und engagiert sich seit einigen Jahren verstärkt in der Politik. Im kommenden Jahr kandidiert sie erstmals für den Bundestag. Im Interview mit Redakteur Eric Claßen spricht die gebürtige Ulmerin über ihren persönlichen Antrieb, die Vereinbarkeit von Familie und Politik und politische Verdrossenheit in der Gesellschaft.
Frau Stein, was hat Sie dazu bewogen, sich zur Wahl für ein Bundestagsamt zu stellen?
Sandra Stein: Ich will dem Klimawandel etwas entgegensetzen. Seit ich Kinder habe, hat dieser Wunsch zugenommen. Denn es liegt an uns, Verantwortung zu übernehmen, für die Zukunft unserer Kinder. Politik auf lokaler Ebene habe ich schon wahrgenommen, als wir uns in Sundern-Hagen erfolgreich für den Erhalt des Dorfladens eingesetzt haben. Und auch beim Wahlkampf für Bürgermeister Klaus-Rainer Willeke. Den habe ich im Wahlkampfteam unterstützt.
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Welche spezifischen Themen in der politischen Landschaft interessieren Sie noch?
Stein: In puncto Klimawandel müssen die großen Hebel bewegt werden. Ich komme aus der Wirtschaft und bevor ich in unser Familienunternehmen eingestiegen bin, habe ich bereits in der Start-up-Branche gearbeitet. Ich weiß: Unternehmen benötigen die richtigen Rahmenbedingungen, um nachhaltig wirtschaften zu können. Für diese will ich mich einsetzen.
Steckbrief
Sandra Stein ist am 1986 in Ulm geboren worden. Familienbedingt musste sie in jungen Jahren bereits mehrmals umziehen. In Luxemburg und im französischen Nancy hat sie zwischenzeitlich gelebt, in der Nähe von Trier ihr Abitur gemacht. Später folgte das Studium in Bochum, wo sie auch ihren Ehemann Stefan Appelhans kenngelernt hat. Sandra Stein ist Mutter von drei Kindern.
Im Familienbetrieb Sorpetaler Fensterbau in Sundern-Hagen ist sie verantwortlich für den Bereich Marketing. Seit 2021 gehört sie den Grünen an und ist Vorsitzende der Partei im Hochsauerlandkreis. Außerdem ist sie sachkundige Bürgerin in Sundern sowie stellvertretende Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Wirtschaft der Grünen NRW.
Wo sollte dabei vorrangig gehandelt werden?
Stein: Wir müssen den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken. Inflation und Corona-Krise haben die Unternehmen in den letzten Jahren unterschiedlich hart getroffen. In der Infrastruktur muss etwas getan werden. Unsere Region ist ein gutes Beispiel durch die Auswirkungen der maroden Rahmedetalbrücke. Wir haben in Deutschland sehr lange verschlafen, in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren. Die Unternehmen hier merken, dass das ein Problem ist. Stichworte sind Logistik, aber auch fehlende Wettbewerbsfähigkeit und die Suche nach Fachkräften, die ein- und auspendeln. Und die Orte hier wie Sundern spüren den steigenden Durchfahrtsverkehr.
Hilft Ihnen die Erfahrungen, derzeit in der freien Wirtschaft tätig zu sein?
Stein: Davon bin ich überzeugt. Die Erfahrungen der letzten Wochen zeigen mir, dass mir Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft anders begegnen. Sie wissen, dass wir auf Augenhöhe sprechen. Wenn ich gewählt werden sollte, muss ich die Themen, die die Menschen vor Ort bewegen, mit nach Berlin nehmen und dann in politische Entscheidungen gießen. Wenn man aus der Materie kommt, hilft es einem, Vertrauen aufzubauen.
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Ihre Partei, die Grünen, erleben aktuell eine schwierige Phase mit Kritik durch die Öffentlichkeit und Verlusten bei den politischen Umfragen. Haben Sie gezweifelt, ob es jetzt Sinn macht, zu kandidieren?
Stein: Nein. Ich bin ja erst seit 2021 in der Partei. Damals sind wir noch auf einer Erfolgswelle geritten. Nun ist es umso wichtiger, Vertrauen aufzubauen und die Menschen zu überzeugen, von unserem politischen Weg. Das hat mich eher angespornt.
Sie haben in Berlin gelebt. Hilft es Ihnen zu wissen, wie die Stadt tickt?
Stein: Ich habe dort sieben Jahre lang gelebt und für mich ist das immer noch ein Stück Zuhause. Ich bin sowieso schon oft umgezogen und kann mich schnell in neue Situationen reinversetzen. Doch das Innenleben des Bundestags kenne ich aber so nicht. Das wäre eine völlig neue Erfahrung.
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Hand aufs Herz, wie sehr mussten Sie Ihren Mann davon überzeugen, schließlich würde ja das Familienleben mit den drei Kindern durch ein solches Mandat stark beeinflusst?
Stein: Meinen Mann musste ich nicht wirklich überzeugen. Da spüre ich großen Rückhalt. Wenn ich diesen nicht hätte, würde ich das wahrscheinlich aber auch gar nicht probieren. Wir haben aber in Hagen auch das Familiennetzwerk, das uns bei allem unterstützt. Vor allem beim Großziehen der Kinder.
Wie oft wären Sie im Jahr in Berlin, falls Sie nächstes Jahr gewählt würden?
Stein: Grob kann man sagen ungefähr die Hälfte des Jahres. Es gibt Sitzungswochen, Wochen im Wahlkreis und während der Sitzungszeit ist man dann natürlich in Berlin. Sollte ich gewählt werde, müsste ich meine Arbeit beim Sorpetaler Fensterbau auch ruhen lassen, weil beides parallel gar nicht seriös zu stemmen ist. Einer der beiden Bereiche würde auf Dauer darunter leiden.
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Was steht für Sie jetzt als Nächstes an?
Stein: Zum einen werde ich ja als Direktkandidatin antreten. Parallel dazu werde ich mich aber auch um einen Platz auf der Landesliste bewerben, für den Fall, dass meine Direktkandidatur nicht funktioniert. Die Landesliste wird auf dem Landesparteitag im Dezember in Bielefeld verabschiedet. Ich werde jetzt Netzwerke knüpfen, Gespräche führen und Termine vor Ort wahrnehmen. Ich trete im kommenden Jahr für den gesamten Hochsauerlandkreis an. Seit drei Jahren bin ich Vorsitzende des Grünen im Hochsauerlandkreis und kenne dadurch natürlich auch schon viele.
Wie läuft der Wahlkampf konkret ab? Haben Sie Mitarbeiter dafür?
Stein: Nein, an dieser Stelle läuft fast alles über Ehrenamtler. Einen Großteil des Wahlkampfs mit Flyerverteilung und Terminplanung muss ich selbst vorbereiten. Durch den Kreisgeschäftsführer, der den Wahlkampf auch steuern wird, erhalte ich aber Unterstützung.
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Wie pendeln Sie dann nach Berlin?
Stein: Ich fahre nicht so gerne so lange Strecken mit dem Auto allein. Oft, wenn ich aktuell nach Berlin reise, fahre ich von Hagen aus mit dem Auto nach Hamm und steige dort in den ICE ein. Der fährt dann direkt nach Berlin. Die Autofahrt nach Hamm dauert von hier eine Stunde. Die Zugfahrt dann noch gut drei Stunden. Unterwegs kann ich dann auch noch arbeiten.
In Teilen der Bevölkerung herrscht momentan eine Form politischer Verdrossenheit. Können Sie sich in die Menschen und ihre Vorbehalte gegenüber der Politik hineinversetzen?
Stein: Ich kann schon verstehen, dass Menschen unzufrieden sind, wenn sie keine Weiterentwicklung erkennen. Die Aufgabe von uns demokratischen Politikerinnen und Politiker wird sein, das Vertrauen wieder aufzubauen und die Sorgen ernst zu nehmen. Ich glaube, wir brauchen mehr Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ich mache keine Politik für meine Partei, sondern Politik für die Menschen von hier. Das ist meine Überzeugung.