Sundern. Mit nur 26 Jahren beginnt Goltsch seine Laufbahn als Priester. Er ist der Gegenentwurf zum aktuellen Nachwuchsmangel in der katholischen Kirche.
Manche nennen es Zufall, andere würden dahinter eine geradezu göttliche Vorsehung vermuten. „Als ich das erste Mal St. Johannes betreten habe und mich überall umgeschaut habe, dachte ich auf einmal, dass mir das Kreuz rechts vom Altar bekannt vorkommt. Und dann ist es mir auch schon direkt wieder eingefallen, dass es mich an das Mindener Kreuz erinnert“, berichtet Tobias Goltsch.
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Der 26-Jährige stammt aus Minden und den jungen Vikar führt ausgerechnet seine erste Station als junger Priester in eine Stadt, in der er durch ein Relikt direkt an seine Heimat erinnert wird. „Das ist natürlich ein schöner Zufall. Ich habe mich direkt heimisch gefühlt“, berichtet er mit einem Lächeln. Goltsch hat herausgefunden, dass vor mehr als 60 Jahren Dechant Hubert Ortwein die Kreuzkopie von Minden nach Sundern gebracht hatte.
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Nun ist Tobias Goltsch einen vergleichbaren Weg gegangen. 1997 an der Weser geboren, verschlug es den jungen Mann nach dem Abitur nach Paderborn, um dort acht Jahre lang das Priesterseminar zu besuchen - mit einem einjährigen Studienaufenthalt in Würzburg. Ein ungewöhnlicher Lebens- und Karriereweg für einen jungen Mann. Manch einer im Freundes- und Bekanntenkreis habe zunächst etwas Unverständnis geäußert, doch richtige Kritik habe es laut Goltsch nicht gegeben. Vorwürfe, dass er für die Katholische Kirche arbeiten wolle, die durch etliche Skandale in der Vergangenheit in Verruf geraten war, habe es keine gegeben. „Mir wurde mit Toleranz und Wohlwollen begegnet“, so der Mindener.
Er sei sich durchaus bewusst, dass er einen für die heutige Zeit ungewöhnliche Karriereplanung gewählt habe. „Früher war es sicherlich normaler, dass man sich so früh für einen geistlichen Beruf entscheidet. Heutzutage kommt es häufiger vor, dass Menschen zunächst etwas ganz anderes studieren oder in einem anderen Bereich arbeiten, um dann später vielleicht solch einen Weg einzuschlagen.“ Tobias Goltsch ist quasi der Gegenentwurf zum aktuellen Nachwuchsmangel in der katholischen Kirche.
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Geprägt habe ihn der tiefe Glaube seiner Großmutter, inspiriert wurde er von einem Priester in der Erstkommunionvorbereitung. „Das hat mich damals sehr beeindruckt. In der Oberstufe hat sich dann bei mir das Gefühl gefestigt, dass ich Priester werden möchte. Geholfen haben mir auch die Gespräche mit Gott“, erzählt der 26-Jährige.
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Das Priesterseminar in Paderborn stellt aus seiner Sicht eine eigene Welt dar. Man erfahre während des Studiums u.a. etwas über Philosophie, Kirchengeschichte und die Liturgie. Neben der Theorie gehöre auch viel praktische Arbeit in Kirchengemeinden, sozialen Einrichtungen und Schulen dazu. „Besonders die Arbeit mit jungen Menschen und die Vermittlung von religiösen Themen gefällt mir sehr“, sagt Goltsch. Vor seiner Priesterweihe war er bereits jeweils ein Jahr als Praktikant und als Diakon in Dortmund tätig.
Diese Themen würde er auch sehr gerne in seine Arbeit in Sundern einbinden. Goltsch komplettiert als Vikar als vierter Geistlicher das Team im Pastoralen Raum Sundern, der das gesamte Stadtgebiet mit sämtlichen Ortschaften und Dörfern umfasst. Dem Pastoralteam gehören außerdem die drei Gemeindereferenten an. Seit Mitte Juni ist der 26-Jährige in Sundern tätig. Im Moment versuche er „so viel wie möglich aufzusaugen.“ Neben der täglichen Arbeit gilt es für Goltsch auch noch den Umzug zu bewältigen. „Ich habe erst am Tag meiner Priesterweihe erfahren, dass ich nach Sundern geschickt werde und musste dann alles sehr kurzfristig planen“, gibt der gebürtige Mindener Einblicke in die stressigen letzten Wochen.
Das Sauerland habe er vorher nicht wirklich gekannt und Sundern zwangsläufig auch nicht. Aber sein Ersteindruck von Stadt und Menschen sei sehr positiv. Bei seiner ersten Messe in St. Johannes sei er mit offenen Armen und viel Herzlichkeit begrüßt worden. „Ich fühle mich für die Aufgabe nach acht Jahren Ausbildung sehr gut vorbereitet und freue mich, nun hier arbeiten zu dürfen.“
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Dass Sundern den jungen Vikar erhalten hat, ist als Wertschätzung zu betrachten, denn Tobias Goltsch ist nur einer von drei jungen Priestern, die dieses Jahr vom Erzbistum Paderborn in Gemeinden geschickt wurden. Dass der Pastorale Raum Sundern personelle Verstärkung erhalten hat, ist keineswegs selbstverständlich.
Pfarrer Stefan Siebert, Leiter des Pastoralen Raumes und Vorsitzender der 13 Sunderner Kirchenvorstände, freut sich über den unerwarteten Zuwachs im Seelsorgeteam. „Dass Tobias Goltsch zu uns kommt, ist für uns wie ein Geschenk. Letztes Jahr noch haben wir Pastor Otto Dalkmann verabschiedet und uns darauf eingestellt, dass wir mit weniger Personal künftig alle Aufgaben schultern müssen. Mit dem neuen Vikar können wir jetzt überlegen, welche Schwerpunkte wir in den nächsten Jahren setzen können, wie die Zuständigkeiten sich verändern. Wir gehen jetzt in die konkrete Planung.“
Siebert kann sich gut in die Gefühle von Tobias Goltsch versetzen. „Vor 20 Jahren bin ich selber als junger Priester in meiner ersten Gemeinde gestartet. Man sagt immer, dass die erste Gemeinde auch so etwas wie die erste große Liebe eines Priesters wird“, so Siebert im Gespräch mit unserer Zeitung. Man sammle viele Erfahrungen und könne sich ausprobieren. Dabei wolle er helfen. In einem ersten Schritt hatte Siebert den neuen Vikar ins Auto gepackt und sämtliche Orte Sunderns, die zum Pastoralen Raum gehören, abgeklappert. „Nun gilt es, die Menschen kennenzulernen und anzukommen.“
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Er selbst habe Ostern erfahren, dass das Erzbistum plane, einen jungen Geistlichen nach Sundern zu schicken. „Im Erzbistum Paderborn ist es üblich, dass die Entscheidung, wo man hingeschickt wird, am Tag der Priesterweihe beim gemeinsamen Essen zwischen dem Hauptgang und dem Nachtisch den jungen Priestern übermittelt wird. Das ist eine Tradition.“ Er freue sich nun auf die Zusammenarbeit in den nächsten fünf Jahren. Denn so lange soll Tobias Goltsch in Sundern bleiben, ehe er in eine andere Gemeinde wechselt.