Hochsauerlandkreis/Brilon. Das Weihnachtsgeschäft im Sauerland verlief zwar schleppend. Was dem Vorsitzende des Gewerbevereins Brilon ein gutes Gefühl für die Zukunft gibt.

Noch vor einem Jahr war der Samstag vor dem dritten Advent ein Festtag für den Einzelhandel – diesmal blieben die Kassen vielerorts deutlich leerer. Die Hoffnung auf ein florierendes Weihnachtsgeschäft hat sich in diesem Jahr im Altkreis Brilon nicht erfüllt. Statt hektischem Treiben herrscht vielerorts Zurückhaltung, die Händler ziehen ein gemischtes Fazit.

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Anja Gröne-Nolte, Geschäftsführerin des Handelsverbands Südwestfalen, fasst die Stimmung der Einzelhändler zusammen: „Der Samstag vor dem dritten Advent war in den vergangenen Jahren oft ein wichtiger Umsatzbringer für den Handel – in diesem Jahr blieb er leider hinter den Erwartungen zurück. Das passt ins Gesamtbild: Das Weihnachtsgeschäft startete schleppend, und der erhoffte Aufschwung, wie wir ihn im vergangenen Jahr noch gesehen haben, ist diesmal schlichtweg ausgeblieben.“

Händler zwischen Enttäuschung und Zuversicht

Eine Umfrage des Handelsverbands zeigt ein differenziertes Bild: Jeder vierte Einzelhändler im Altkreis Brilon gibt an, mit dem Weihnachtsgeschäft unzufrieden zu sein. Gleichzeitig zeigt sich rund die Hälfte der Befragten „großenteils zufrieden“. Vor allem Geschäfte aus den klassischen Weihnachtsgeschenk-Segmenten wie Spielzeug, Schmuck oder Bücher konnten zufriedenstellende Umsätze verzeichnen. Dennoch bleibt die Enttäuschung über die insgesamt verhaltene Kauflaune deutlich spürbar.

Die Zurückhaltung der Kunden spiegelt sich auch in den Zahlen des Handelsverbands Deutschland (HDE) wider. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth berichtet von einem schwierigen Verlauf der Adventswochen: „Kurz vor den Festtagen konnte das Weihnachtsgeschäft etwas Fahrt aufnehmen. Die vierte Adventswoche verlief vielerorts besser als noch die Vorwoche. Der große Schwung ist bislang allerdings ausgeblieben.“

Auch Christian Leisse, erster Vorsitzender des Gewerbevereins in Brilon und Herrenausstatter in Brilon, Willingen und Winterberg, bestätigt diese Entwicklung: „Gerade eben habe ich noch mit Kollegen gesprochen. Unterm Strich ist das Weihnachtsgeschäft auf einem guten Niveau geblieben. Ein großes Umsatzplus wie in den vergangenen Jahren gab es jedoch nicht.“

Strukturwandel im Einzelhandel

Die Herausforderungen des Einzelhandels im Altkreis Brilon stehen exemplarisch für die bundesweite Entwicklung. Die Konkurrenz durch asiatische Shoppingportale wie Temu sowie wirtschaftliche Unsicherheiten belasten viele etablierte Händler. Laut HDE-Präsident Alexander von Preen sparen die Verbraucher, statt ausgiebig zu konsumieren. „Die gestiegenen und als hoch empfundenen Preise, Kriege und wirtschaftliche Verunsicherung drücken weiterhin auf Stimmung und Kauflaune,“ so von Preen.

Leisse sieht dennoch langfristige Chancen für den stationären Handel: „Ich denke, die Phase der großen Konkurrenz durch Onlinegeschäfte haben wir überstanden. Zwar gab es durch die Corona-Schließungen einen Boost für den Onlinehandel, aber mittlerweile haben viele Fachhändler ihre Nische gefunden. Besonders Kundennähe und gute Beratung machen den Unterschied.“

Auch die Zahl der Geschäfte geht rückläufig. Seit 2015 ist sie von 372.000 auf 306.000 gesunken, und allein für 2024 wurden rund 5.000 Schließungen prognostiziert. „Das Weihnachtsgeschäft zeigt in diesem Jahr eine Entwicklung, die uns nachdenklich stimmt. Während es einige Händler gibt, die zufrieden sind, spricht die Unzufriedenheit eines Viertels der Befragten für sich,“ betont Gröne-Nolte. Besonders kleinere Innenstädte wie Brilon, Marsberg oder Olsberg spüren den Strukturwandel besonders stark.

Hoffnung auf die letzten Tage des Jahres

Angesichts der verhaltenen Entwicklung ruhen die Hoffnungen vieler Händler auf den letzten Verkaufstagen des Jahres. „Die Hoffnungen auf mehr Umsatz in der Vorweihnachtszeit waren in diesem Jahr hoch, doch viele wurden enttäuscht. Nun setzt der Handel auf die verbleibenden Tage, in denen traditionell viele Kunden noch einmal in die Geschäfte kommen, sei es, um Geschenke umzutauschen oder um letzte Einkäufe zu erledigen. Gerade durch das derzeit milde und angenehme Wetter hoffen wir auf eine spürbare Belebung der Innenstädte,“ sagt Gröne-Nolte.

Geschäftsführerin HDE Südwestfalen

„ Gerade durch das derzeit milde und angenehme Wetter hoffen wir auf eine spürbare Belebung der Innenstädte“

Anja Gröne-Nolte
Geschäftsführerin Handelsverband Südwestfalen

Leisse ergänzt: „Aktuell bemerken wir eine spürbare Kaufzurückhaltung. Viele Menschen sind unsicher, wie es in der Zukunft weitergeht. Das hat auch mit den häufigen Ankündigungen von Arbeitsplatzabbau durch Unternehmen zu tun, die sich in den Köpfen der Verbraucher festsetzen.“

Die gesamtwirtschaftliche Prognose des HDE für das Weihnachtsgeschäft 2024 ist verhalten optimistisch: Für November und Dezember wird ein Umsatz von 121,4 Milliarden Euro erwartet, was einem nominalen Plus von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Bereinigt um die gestiegenen Preise ergibt sich jedoch lediglich ein Nullwachstum.

Christian Leisse, 1. Vorsitzender des Gewerbevereins Brilon.
Christian Leisse, 1. Vorsitzender des Gewerbevereins Brilon. © Privat | Privat

Leisse selbst zieht für sein Unternehmen eine positive Bilanz: „Ich persönlich kann mich nicht beklagen. Nach einem Rekordjahr 2023 schließe ich auch das diesjährige Weihnachtsgeschäft mit einem Plus ab. Besonders die Standorte in Winterberg und Willingen haben dazu beigetragen.“

Bundestagswahl als Hoffnungsschimmer?

Mit Blick auf das kommende Jahr setzt der Handel auch auf politische Stabilität. Die Bundestagswahl am 23. Februar könnte laut HDE-Präsident von Preen als „Sektkorken“ wirken: „Wenn wir wieder Rahmenbedingungen haben, wo die Menschen sagen: ‚Jawohl, jetzt geht es in eine Richtung‘, dann wird das eine total befreiende Situation sein und extrem viel Dynamik in den Markt bringen.“ Ob diese Hoffnung aufgeht, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass der Einzelhandel dringend positive Impulse braucht – sowohl aus der Politik als auch von den Verbrauchern.

Leisse zeigt sich dennoch optimistisch: „Produkte von Plattformen wie Shein oder Temu sind aufgrund ihrer oft mangelhaften Qualität eigentlich keine echte Konkurrenz. Ich sehe sogar, dass viele Menschen, auch jüngere, wieder vermehrt auf den stationären Handel setzen.“

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Bis dahin bleibt die Frage, ob die verbleibenden Tage des Jahres für die Händler im Altkreis Brilon zumindest ein gutes Ende bringen können. „Unterm Strich bleibt der Eindruck eines schwierigen Jahres für den Einzelhandel,“ resümiert Gröne-Nolte. „Jetzt bleibt nur die Hoffnung, dass die letzten Tage des Jahres einen versöhnlichen Abschluss bringen – für viele Händler könnte das entscheidend sein.“