Hallenberg. Die Shell-Tankstelle in Hallenberg schließt nach 70 Jahren ihre Pforten. Angela Paffe erinnert sich an früher und verabschiedet sich von Kunden.
Am 31. Dezember bedient die Tankstelle in Hallenberg zum letzten Mal ihre Zapfsäulen. Angela Paffe (65), Betreiberin der traditionsreichen Tankstelle, verabschiedet sich von ihren Kunden – und von einem Ort, der für viele mehr war als nur eine Anlaufstelle zum Tanken.
Ein Familienbetrieb mit Geschichte
1952 gründete Angela Paffes Vater, Richard Ante, die Tankstelle, nachdem er seinen ersten Vertrag mit Shell unterzeichnet hatte. Damals gab es in Hallenberg nur fünf Autos, und die kleine Tankstation war oft unbesetzt. „Da gab es einen Bimmelschlauch – wenn man drüberfuhr, hat es gebimmelt. Dann ging meine Mutter runter und hat bedient“, erzählt Paffe. Ihre Mutter Alwine kümmerte sich um die Tankstation, während ihr Vater sich auf Autoreparaturen spezialisierte. In diesen Anfangsjahren gab es nur eine einzige Zapfsäule, die von einem Tankwart bedient wurde. Luftdruckkontrolle und das Putzen der Scheiben gehörten selbstverständlich dazu. Zum Verkauf standen lediglich Öl, Scheibenreiniger und kleine Blumenväschen.
„Früher mussten wir mehrmals täglich auf den sechs bis sieben Meter hohen Mast klettern, um die Preise zu ändern.“
Über die Jahre wurde die Tankstelle mehrfach modernisiert. Eine der größten Erleichterungen war der neue Preismast Mitte der 2000er-Jahre. „Früher mussten wir mehrmals täglich auf den sechs bis sieben Meter hohen Mast klettern, um die Preise zu ändern“, erinnert sich Angela Pfaffe. Mit einer langen Leiter balancierte man dabei in luftiger Höhe, um Schrauben zu lösen – besonders im Winter mit kalten Händen war das eine Herausforderung. Dann fiel mitunter eine Schraube herunter und verschwand im Schnee. Heute hingegen funktioniere vieles automatisiert. Der moderne Preismast passt sich selbst an, und auch der Tankbestand wird automatisch überwacht. „Die sehen von Hamburg aus, ob wir was brauchen“, erklärt Paffe.
Ein Ort voller Erinnerungen
Im Rückblick erinnert sich Betreiberin an viele kuriose und lustige Geschichten. Besonders die Waschanlage sorgte regelmäßig für Unterhaltung – etwa wenn Kunden während des Waschvorgangs schnell ins Auto springen wollten und dabei klitschnass wurden. Auch das Vergessen der Handbremse war ein wiederkehrendes Thema: „Die Autos rollen schon los, während die Leute gerade in den Laden gehen. Manchmal quer über die Hauptstraße bis in die Böschung.“ Einmal passierte das sogar einem Hähnchenwagen. „Der hat später am selben Tag noch Hähnchen verkauft.“
Die Tankstelle war jedoch mehr als ein Ort zum Tanken. Sie war ein Treffpunkt für die Hallenberger. Stammkunden kamen nicht nur für Benzin oder Zigaretten, sondern auch für einen Plausch. „Die Leute schätzen den persönlichen Kontakt“, betont Paffe. „Das ist eben etwas anderes, als an einem Automaten zu tanken.“ Immer wieder baten Kunden auch um Hilfe, zum Beispiel beim Öffnen ihrer Tankdeckel. „Das glaubt man kaum, aber es gibt tausend verschiedene Möglichkeiten“, sagt die Fachfrau. Knöpfe oder Hebel, irgendwo in der Front- oder Mittelkonsole, manchmal sogar am Sitz. Bei einigen Mercedes-Modellen war der Tankdeckel sogar unter dem Kennzeichen verborgen. „Früher war der Beruf des Tankwarts nicht umsonst ein Ausbildungsberuf.“
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Schwierige Momente
Neben den schönen Erinnerungen gab es auch belastende Ereignisse. In 70 Jahren wurde viermal in die Tankstelle eingebrochen und dazu kamen noch fünf Überfälle – glücklicherweise ohne Verletzte. Ihr Sohn Peter (34) erlebte einen Einbruch hautnah: „Ich habe nachts Krach gehört und bin runtergegangen. Als sie mich sahen, sind sie sofort getürmt.“
Auch Brände sorgten für Schreckmomente. Zweimal brannte es in der Nachbarschaft, zuletzt im vergangenen Jahr auf der anderen Straßenseite. „Da hatten wir wirklich Angst“, berichtet die 65-Jährige. Die gesamte Straße wurde gesperrt, und selbst aus Winterberg rückte die Feuerwehr mit einem Leiterwagen an.
Ein schmerzlicher Abschied
Ein Nachfolger war eigentlich schon gefunden, doch Shell wollte an dem Standort nicht festhalten. Die Schließung der Tankstelle ist ein Verlust für die ganze Gemeinde. „Viele kleine Besorgungen wie Rasenmäherbenzin oder Öl müssen die Leute jetzt woanders erledigen“, sagt Angela Paffe. Kunden äußern oft, wie sehr ihnen die Tankstelle fehlen wird. Eine Frau brachte sogar Pralinen und Sekt vorbei, um sich für Jahre der freundlichen Bedienung zu bedanken.
Für Angela Paffe ist die Schließung nicht nur das Ende eines Arbeitsplatzes, sondern auch das eines Zuhauses. „Es ist schwer. Das hier ist mein Zuhause. Ich bin hier reingeboren, habe von Kind auf alles miterlebt. Es tut weh, wenn man am Ende den Schlüssel umdreht und alles vorbei ist.“