Brilon. Vorweihnachtsstress überall: Was kann man dagegen tun? Die Briloner Pfarrerin Antje Jäkel empfiehlt, den Moment zu genießen und präsent zu sein.
Mürrische Gesichter, miese Laune, gestresste und gehetzte Menschen. Die viel zitierte und angeblich so besinnliche Vorweihnachtszeit hat an Charme verloren und wird immer hektischer. Pfarrerin Antje Jäkel von der Evangelischen Kirchengemeinde Brilon hat auch kein Patentrezept, wie man in Weihnachtsstimmung kommt. Aber einen wichtigen Tipp hat sie trotzdem parat: den Moment bewusst wahrnehmen und genießen!
Weihnachten kommt immer so plötzlich – dabei weiß doch eigentlich jeder, wann es ist. Welche Angebote macht Ihre Kirchengemeinde, damit man sich ein wenig auf das Fest einstimmen kann?
Zu Corona-Zeiten haben wir als Evangelische Kirche die Briloner Fenstergrüße ins Leben gerufen. Diese Tradition hat sich fortgesetzt. So kann man sich jeden Tag ein geschmücktes Fenster anschauen. Das soll ein bisschen Weihnachtsstimmung in den oft stressigen Alltag bringen. Für alle, die nicht mehr gut zu Fuß sind, gibt es auch einen Telefonadventskalender aus der Region. Hier kann man sich jeden Tag einen kleinen Impuls anhören. Wer es mal versuchen möchte: Dies ist die Nummer: 02991 962387. Außerdem haben wir besondere Gottesdienste, natürlich mit viel Musik: Am 22. Dezember wird der Gottesdienst um 10 Uhr vom Bläserkreis im Gemeindehaus mitgestaltet. Heiligabend haben wir um 15 Uhr einen Familiengottesdienst mit Krippenspiel. Da haben wir viele tolle Kinder, die schon fleißig üben.
In einer schnelllebigen und oft kommerzialisierten Weihnachtszeit suchen viele Menschen nach Wegen, die festliche Zeit bewusster und besinnlicher zu gestalten. Welche Traditionen und Praktiken empfehlen Sie Gläubigen, um sich auf das Wesentliche von Weihnachten zu besinnen?
Das ist eine schwierige Frage, denn diese Traditionen und Praktiken suche ich selbst auch noch ganz oft. Im Alltag ist man leider zu oft gefangen, um sich zu besinnen. Gerade im Dezember jagt ja gefühlt ein Termin den nächsten. Was ich für mich versuche und was ich jedem empfehlen würde, ist im Moment zu sein. Wenn ich zu Hause mit den Kindern bin, versuche ich das Handy an die Seite zu legen und zu genießen, dass wir Bücher lesen, malen oder spielen und nicht an den nächsten Termin oder die unerledigten Aufgaben zu denken. Mit dem Kopf komplett dabei zu sein, ist für mich das Schwierigste.
Ich befürchte, wir müssen noch eine Frage klären: Was ist überhaupt das Wesentliche von Weihnachten? Wie erklären Sie jemandem, der aus einem ganz anderen Kulturkreis kommt, in einfachen Sätzen, was Weihnachten ist?
Ich glaube, ganz einfach lässt sich das nicht erklären. Für gläubige Christen ist das Wesentliche, dass Jesus geboren wurde, dass uns Gott seinen Sohn geschenkt hat. Für andere ist es aber vielleicht eher die gemeinsame Zeit mit Familien und Freunden, die Weihnachten so besonders macht. Ich denke. Egal, was das Wesentliche ist, wir alle sind uns wohl einig, dass es eine ganz besondere Zeit ist. Für mich voller Magie und Wunder.
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Adventskalender, Adventskranz, Weihnachtslieder – viele Bräuche begleiten uns in der Zeit vor dem Fest. Welche symbolischen Handlungen oder Rituale halten Sie für besonders bedeutsam, um die christliche Botschaft von Weihnachten erfahrbar zu machen?
Ich finde sie alle bedeutsam und wichtig. Der Adventskalender versüßt uns jeden Tag und steigert die Vorfreude. Der Adventskranz verkürzt nicht nur die Zeit bis Weihnachten, sondern bringt symbolisch auch Licht ins Dunkel.
Die Weihnachtslieder bringen einen in Weihnachtsstimmung. Ich finde es so schön, gemeinsam Weihnachtslieder zu singen. Die klassischen christlichen, aber auch die Kinderlieder. Alle Bräuche machen doch die Zeit zu etwas Besonderem.
„Bewusst genießen und handeln! Das würde ich jedem empfehlen. Denn es sind oft gerade die kleinen, unscheinbaren Dinge, die alles besonders machen. Überall lassen sich kleine Wunder entdecken.“
Oftmals sind es gerade die kleinen Dinge, die die Advents- und Weihnachtszeit so besonders machen. Was kann der Einzelne tun, um im Alltag kleine Zeichen der Liebe und Hoffnung zu setzen und damit sich selbst und anderen die Ankunft Christi zu verdeutlichen?
Bewusst genießen und handeln! Das würde ich jedem empfehlen. Denn es sind oft gerade die kleinen, unscheinbaren Dinge, die alles besonders machen. Überall lassen sich kleine Wunder entdecken: Ein kleiner Vogel, der gerade vorbeifliegt, die Sonne, die das Gesicht nach dem Regen wärmt, die Schneeflocke oder der Regentropfen, die am Fenster hängen geblieben sind. Liebe und Hoffnung bedürfen oft keiner großen, teuren Gesten. Meistens sind es die kleinen Zeichen, die unauffälligen, eigentlich so selbstverständlichen Momente: ein Lächeln, ein Anruf, eine kurze Nachricht, ein Wiedersehen, eine Umarmung oder einfach der Duft von Zimt in der Küche. So unscheinbar das auch allen sein mag, sie sind doch das, was die Weihnachtszeit noch wertvoller macht. Also empfehle ich, bewusst zu handeln: Sich eine Tasse heiße Schokolade, Kaffee oder Tee zu schnappen und mal wieder einen Brief oder eine Whatsapp zu schreiben oder den eigentlich unliebsamen Nachbarn besonders freundlich zu grüßen.
Nicht jeder Mensch findet in der Adventszeit Ruhe und Frieden. Viele kämpfen mit Einsamkeit oder anderen persönlichen Sorgen. Wie kann die Kirche dazu beitragen, dass gerade in der Adventszeit niemand vergessen wird und die Botschaft von Weihnachten als Trost und Stärkung bei allen ankommt?
„Diese Tradition behalten wir auch bis heute bei. Gemeinsames schmücken, Kirche, Essen, Glöckchen. Es ist einfach nach wie vor eine besondere Zeit, auf die ich mich jedes Jahr freue.“
Das frage ich mich auch oft. Wir wollen ja nicht nur immer über Liebe und Trost reden, sondern auch trösten und lieben. Leider wird das immer schwieriger. Alleine ist das fast unmöglich. Es braucht viele ehrenamtliche Helfer, die sich mit engagieren und gemeinsam etwas auf die Beine stellen wollen. In alle Altenheime bringen wir Weihnachtsgeschenke. So wollen wir da ein bisschen Weihnachtsfreude verteilen. Auch versuchen wir das mit den einzelnen Aktionen. Deswegen auch der Telefonadventskalender. Nicht alle sind im Internet aktiv oder können jeden Tag rausgehen, um sich ein Fenster anzuschauen. Dennoch ist es in der Tat oft nicht genug. Verschiedene Ideen habe ich noch auf meiner Liste, die hoffentlich einmal umgesetzt werden: „Gemeinsam einsam“ zum Beispiel. Hier soll es dann Heiligabend ein gemeinsames Essen geben, zu dem jeder kommen kann, damit keiner alleine essen muss. Mit Unterstützung und Planung können wir solche Projekte hoffentlich bald auch umsetzten, sodass jeder die Möglichkeit hat, ein schönes Weihnachtsfest zu verleben.
Was gehört für Sie ganz persönlich zu Weihnachten dazu und welche Kindheitserinnerungen haben Sie in Sachen Weihnachten geprägt?
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Für mich gehören der Gottesdienst, das Essen und das Glöckchenläuten dazu. Der Gottesdienst zu Weihnachten hatte für mich immer etwas Besonderes. Wenn alle zusammen in die Kirche, und dann nach Hause zum gemeinsamen Essen gingen. Dann wurde der Tisch abgeräumt. Ungeduldig das benutzte Geschirr wegzuräumen, war nicht immer einfach, vor allem weil wir vier aufgedrehte Mädels zu Hause waren. Danach gingen wir immer hoch und schauten aus dem Fenster, ob wir irgendwo das Christkind oder auch den Weihnachtsmann sehen konnten. An was wir glaubten oder nicht, war unsere Entscheidung. Der schönste Moment war dabei das Warten auf das Glöckchen. Wenn das läutete, dann wussten wir, dass das Christkind da gewesen war und die Geschenke unter dem Baum lagen. Alle gleichzeitig stürmten wir natürlich die Treppe herunter und zum ersten Mal sahen wir den Weihnachtsbaum leuchten. Wir haben ihn immer ein paar Tage vor Weihnachten gemeinsam geschmückt, aber erst Heiligabend waren die Lichter am Baum an. Diese Tradition behalten wir auch bis heute bei. Gemeinsames schmücken, Kirche, Essen, Glöckchen. Es ist einfach nach wie vor eine besondere Zeit, auf die ich mich jedes Jahr freue.