Marsberg/Winterberg. Viele Menschen sind Heilig Abend einsam. Kirchengemeinden Marsberg und Winterberg laden zu Feiern ein, um das Fest in Gesellschaft zu genießen.

„Kevin allein zu Hause!“ Den Filmklassiker von 1990 kennen wir alle. Die Familie verreist über Weihnachten, vergisst den achtjährigen Jungen und der arme Kerl muss das Zuhause dann auch noch gegen zwei tollpatschige Einbrecher verteidigen. Heiligabend allein zu Hause ist nicht unbedingt schön. Zumindest dann nicht, wenn man z.B. unfreiwillig durch den Tod des Partners/der Partnerin, den Wegzug der Kinder oder wegen Streitereien solo unter dem Christbaum sitzen muss. In Winterberg und in Marsberg machen jeweils die evangelischen Kirchengemeinden Angebote, um den Heiligabend bei einem gemeinsamen Essen in geselliger Runde verbringen zu können. Angesprochen sind Menschen, die allein sind, Flüchtlinge, aber auch Ehepaare, die sich vielleicht zu Zweit allein fühlen. Ganz wichtig: Die Konfession spielt keine Rolle! Wäre ja auch noch schöner: Man stelle sich vor, Josef und Maria hätten damals bei der Herbergssuche auch noch die Taufurkunde vorlegen müssen…

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In Marsberg findet die gemeinsame Feier am 24. Dezember im Gemeindehaus auf dem Jittenberg statt. Etwa ab 18 Uhr (also nach der Christvesper um 17 Uhr) erwartet die Gäste Weihnachtsbaum, Lichterglanz, ein Abendessen am festlich gedeckten Tisch und ein kleines weihnachtliches Programm in hoffentlich großer Runde. Die Organisation liegt in den Händen von Küsterin Antje Seelbach-Krispin und ihrem Mann. Beide kennen das aus ihrer alten Heimat Mülheim und machen in Marsberg mit der Aktion den dritten Anlauf.

Foto Brilon
Küsterin Antje Seelbach-Krispin © WP | Privat

„Vor zwei Jahren hatten wir zehn Gäste, im vergangenen Jahr haben wir das Ganze abgesagt, weil es nur eine Anmeldung gab. Ich glaube, man muss einen langen Atem haben und durchhalten“, gibt sich Antje Seelbach-Krispin zuversichtlich. Zum einen glaubt sie, dass der Sauerländer an sich immer noch eine gewisse Hemmschwelle hat, sich als jemand zu outen, der Weihnachten allein ist. „Ich denke aber auch, dass es hier nicht nur um Ältere geht. Wir möchten ganz bewusst auch junge Menschen einladen, die an dem Abend ansonsten für sich wären. Und ich denke auch an Paare, bei denen die Kinder vielleicht das erste Mal aus dem Haus sind und die auf dem Weg eine neue, andere Familie kennenlernen können.“ Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass manche an so einem Abend einfach gern für sich sein wollen. Dann sei das auch okay.

„Hinterher bin ich platt. Aber das macht nichts. Vergangenes Jahr, als wir das Ganze abgesagt hatten, hat mir etwas gefehlt. Ich freue mich darauf.“

Antje Seelbach-Krispin
Kirchenküsterin in Marsberg

Eigentlich hat die Küsterin an Heiligabend genug um die Ohren: zwei eigene Pferde im Stall, Minigottesdienst, Familiengottesdienst, Christvesper und dann auch noch Gäste bekochen, ist ein ambitioniertes Programm. „Hinterher bin ich platt. Aber das macht nichts. Vergangenes Jahr, als wir das Ganze abgesagt hatten, hat mir etwas gefehlt.  Ich freue mich darauf.“ Vor zwei Jahren gab es Hirschgulasch mit Rotkohl und Klößen, diesmal ist die Speisenkarte noch nicht geschrieben. „Immer der Reihe nach. Keine Panik. Wir warten erstmal ab, wie viele wir werden. Aber es wird nicht einfach nur ´ne Bockwurst geben.“ Sie freue sich darauf, dass unter den Gästen eine langjährige Schauspielerin sei, die eine Geschichte vortragen werde. „Vielleicht kann jemand ein Instrument spielen, wir singen oder ich hole meine Gitarre hervor, obwohl ich letzte Zeit nicht viel geübt habe“, schmunzelt die Küsterin.

Familiäre Atmosphäre

Auch die Evangelische Friedenskirchengemeinde in Winterberg lädt herzlich dazu ein, den Heiligabend gemeinsam in einer warmen und besinnlichen Atmosphäre zu verbringen. Am 24. Dezember um 17 Uhr findet in der Kirche ein feierlicher Weihnachtsgottesdienst statt. „Im Anschluss daran sind alle herzlich eingeladen, im Gemeinderaum bei einem gemütlichen Abendessen in Gesellschaft den Heiligabend ausklingen zu lassen. Der Abend bietet die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen und die Weihnachtszeit in Gemeinschaft zu erleben“, so Rebecca Bloy. Sie und ihr Mann Patrick gehören mit zum Organisationskomitee der Aktion. Ohne die Idee würden sie die Christvesper und die -mette besuchen und es sich zu Hause gemütlich machen. Aber der Reiz, möglicherweise eine ganz neue Konstellation von Familie zu erleben, ist auch für sie spannend und groß.

Noch Anmeldungen möglich

Bislang sei die Resonanz noch ausbaufähig, sagen die beiden und möchten daher ganz bewusst jegliche Hemmschwelle aus dem Weg räumen: „Zwar grenzt der Gemeinderaum unmittelbar an die Kirche. Aber wer nicht am Gottesdienst teilnehmen möchte, kann trotzdem gern zu unserer Feier kommen. Wir schließen niemanden aus und laden von Herzen ein.“ Die Idee, so Rebecca Bloy, die wie ihr Mann Theologie studiert hat und sich auf ihr Vikariat vorbereitet, sei schon während des Studiums gekommen. Gemeinde sei ja letztlich auch Familie und es gehe an dem Abend um die Erfahrung von Möglichkeiten. „Wir sind sehr gespannt und auch offen, was die Gestaltung des Abends anbelangt. Vielleicht singen wir gemeinsam, vielleicht erzählt jemand eine Geschichte, vielleicht kommen wir auch einfach nur miteinander ins Gespräch“, so Bloy. Die ganze Gemeinde spreche diese Einladung aus und freue sich auf ein schönes, gemeinsames Weihnachtsfest und ein paar besinnliche Stunden mit allen, die Weihnachten nicht allein verbringen möchten.

Jörg Willerscheidt, Gemeindereferent Winterberg
Jörg Willerscheidt, Gemeindereferent Winterberg © WP | wp

Die katholische Kirchengemeinde Winterberg hatte vor zwei Jahren die Aktion „Weihnachten nicht allein“ mit großer Euphorie in Siedlinghausen gestartet. Leider kamen nur fünf Personen. Daher macht die Gemeinde zunächst keinen neuen Anlauf mehr. „Ich kannte das aus meiner Zeit im Dortmunder Norden, wo wir ein Vier-Gänge-Menü für 100 Leute zubereitet hatten. Aber hier hat das nicht funktioniert. Ich glaube schon, dass es einen Bedarf gibt. Aber die Sauerländer scheuen sich, das offen zuzugeben. Das ist schade“, sagt Gemeindereferent Jörg Willerscheidt, der die Bemühungen aber nicht gänzlich aufgeben möchte. Vielleicht müsse man es irgendwie anders aufziehen damit die Stille Nacht dann doch nicht zu still wird…

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Um besser planen zu können, bittet die Gemeinde in Winterberg um eine Voranmeldung möglichst bis zum 20. Dezember. Bei Bedarf wird auch zur Not versucht, einen Fahrdienst zu organisieren. Alle Interessierten sind herzlich willkommen, unabhängig von Alter, Konfession oder Gemeindezugehörigkeit. Anmeldung: Patrick und Rebecca Bloy, Tel. 02981-5089966.

Die evangelische Gemeinde in Marsberg bittet um Voranmeldungen unter 02992/3347. Streng genommen ist die Anmeldefrist schon abgelaufen; aber da geht noch was…