Marsberg. Das St.-Marien-Hospital gehört zu den Häusern, die jeden Cent umdrehen müssen. Das sagt Geschäftsführer Siegfried Rörig zur Standortsicherheit:
Die finanzielle Belastung ist zu groß, die lange überfällige Krankenhausreform lässt auf sich warten und sorgt für enorme Planungsunsicherheit: Viele Krankenhäuser in Deutschland - vor allem im ländlichen Bereich - stehen am Rand der Insolvenz. Dass das St.-Marien-Hospital in Marsberg in solchen Zeiten schwarze Zahlen schreibt, wirkt da wie ein Wunder. Es ist aber keines, wie im Interview mit Siegfried Rörig deutlich wird. Er ist Geschäftsführer der Christliches Klinikum Paderborn gGmbH, zu der das St. Marien-Hospital-Marsberg gehört. Was sich jüngst am St. Marien-Hospital verändert hat und wie sicher der Krankenhausstandort Marsberg in der Zukunft ist:
1. Die BBT-Gruppe hat die Krankenhausstandorte Marsberg und Paderborn in die regionale Tochtergesellschaft Christliches Klinikum Paderborn gGmbH ausgegliedert. Was ändert sich dadurch?
„Die BBT-Gruppe ist einer der größten Gesundheitsanbieter im kirchlich-caritativen Bereich in der gesamten Republik, der Schwerpunkt liegt in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pflanz. Wir sind hier die nördliche Außenstelle. Die Einrichtungen waren bislang recht uneigenständig in einer großen GmbH untergebracht. Durch die Entwicklung war das funktional und gesellschaftsrechtlich irgendwann nicht mehr sinnvoll. Im Gesundheitswesen ist es aber vor allem heutzutage wichtig, schnell und agil reagieren zu können. Deshalb gab es diese Idee der Ausgründung von Regionalgesellschaften. Wir hier in Marsberg und Paderborn sind in der BBT-Gruppe der Vorreiter, die ersten, die diesen Prozess durchlaufen. Ende Oktober wurden wir in das Handelsregister als Christliches Klinikum Paderborn eingetragen. Damit sind wir jetzt handlungsfähiger als zuvor.“
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2. Was bedeutet diese Ausgliederung das konkret für die Patienten des St.-Marien-Hospitals?
„Für das St.-Marien-Hospital Marsberg bedeutet das weiterhin die ganz enge Verbindung mit dem Brüderkrankenhaus St. Josef in Paderborn. Auf die medizinische Versorgung hat das jedoch keinen Einfluss, unsere Hauptfachabteilungen, alle Chefärzte und das Direktorium bleiben weiter erhalten. Ich glaube, die BBT-Gruppe weiß, was sie am St.-Marien-Hospital Marsberg hat. Wir waren von Anfang an ein integraler Bestandteil der BBT-Gruppe und durch die enge Verbindung mit Paderborn ist es uns über die mittlerweile 25 Jahre gelungen, auch in so einem kleinen Krankenhaus am Rande des Sauerlandes eine hervorragende Medizin und Pflege anbieten zu können. Daran soll sich in Zukunft nichts ändern.“
3. Mit Blick auf die geplante Landeskrankenhausreform: Wie sicher ist Marsberg als medizinischer Versorgungsstandort?
„Die Frage ist immer berechtigt. Kleine Krankenhäuser hatten es in den letzten Jahrzehnten zunehmend schwer. Wir werden auch weiterhin immer hart arbeiten müssen, um die Nase in kleinen Krankenhäusern über Wasser zu halten – auch mit den Reformen. Aber mit Blick auf die Landeskrankenhausreform wissen wir: Wir werden keine Hauptfachabteilungen in Marsberg verlieren. Das ist ein großer Erfolg für uns! Es hat viele Gespräche mit den Krankenkassen und der Politik gegeben. Am Ende steht, dass wir zwar mit der Wirbelsäulenchirurgie eine Leistungsgruppe nach Paderborn verlagern müssen, aber dafür werden wir andere Leistungsgruppen hierher holen. Das Kerngeschäft Innere Medizin, Geriatrie, Orthopädie und Unfallchirurgie bleibt uns eins zu eins erhalten.“
4. Wie steht das St-Marien-Hospital mit Blick auf die Bundeskrankenhausreform da?
„Viele Kollegen und ich sind der festen Überzeugung, dass auch die Bundesreform dringend notwendig ist. Wir in Marsberg sind extrem stolz darauf, dass wir nun schon seit acht Jahren in Folge schwarze Zahlen geschrieben haben. Das ist nicht selbstverständlich für ein Krankenhaus dieser Größenordnung - viele Krankenhäuser stehen am Rand der Insolvenz. Und es wären noch mehr, wenn ein Großteil nicht jedes Jahr von ihren Stadt- und Landräten subventioniert würde. Wir glauben, dass die Bundesgesundheitsreform sehr bald in den Vermittlungsausschuss gehen wird. Das ist auch wichtig, denn wir brauchen die Reform dringend, aber wir brauchen sie in Teilen anders. Wir sind weiterhin in einer unfassbaren Rechts- und Planungsunsicherheit. Was sich aus dem Abstimmungsprozess nach diesem Vermittlungsausschuss ergibt, ist nicht abzusehen. Es steht völlig in den Sternen, ob die Reform kommt und wie sie kommt.“
5. Mit welchen Problemen haben Häuser wie das St- Marien-Hospital Marsberg weiterhin zu kämpfen?
„Es bleibt für die Krankenhäuser bei der Mangelverwaltung. Das ermüdet manchmal, und es bekommen natürlich alle Abteilungen mit, wenn jeder Euro dreimal umgedreht werden muss. Wenn man sich immer fragen muss: Was machen wir als erstes? Kaufen wir das neue Ultraschallgerät, renovieren wir das Patientenzimmer oder stellen wir noch einen Assistenzarzt ein? Alles auf einmal geht leider nicht, und das macht die Sache extrem schwer. Aber wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft und blicken nach vorne. Ich bin sicher und dafür geben wir alle hier viel Herzblut rein: Wenn wir weiter so zusammenarbeiten, müssen wir uns um das St.-Marien-Hospital in Marsberg keine Sorgen machen.“
6. Welche Bedingungen müssen hier am Standort erhalten bleiben, was wird in Zukunft für den Krankenhausstandort Marsberg wichtig sein?
„Wir müssen unser Leistungsversprechen an die Patienten und die einweisenden Ärzte weiterhin einlösen können. Das heißt, wir brauchen weiter so engagierte Mitarbeitende im ärztlichen Dienst und in der Pflege, wie wir sie heute haben. Ich denke, dass uns das besonders auszeichnet. Und die Reformen haben Recht: Hochspezialisierte Leistungen wie z.B. Kopfchirurgie muss man nicht in kleinen Häusern machen. Aber wir haben einen Auftrag für eine Grundversorgung: Innere Medizin, Gastroenterologie, das zertifizierte Alterstraumazentrum, die zertifizierte Endoskopie, die Chirurgie – diese Grundversorgung ist für Marsberg unverzichtbar. Dafür ist es notwendig, dass wir in Zeiten des Fachkräftemangels durch gute Zusammenarbeit mit Paderborn und die Krankenpflegeschulen die richtigen Leute bekommen. Das Vertrauen aus der Bevölkerung und der niedergelassenen Ärzte ist uns wichtig. Um dieses Vertrauen behalten zu können, haben wir gute Voraussetzungen: Wir haben tolle Verbindungen zu den niedergelassenen Ärzten und in die Lokalpolitik, gute Beziehungen zu den Kirchen und eine gute Kooperation mit den LWL-Kliniken hier vor Ort. Es macht Spaß zu sehen, wie die Dinge hier ineinandergreifen. Das sind unsere Erfolgsgaranten.“