Winterberg/Medebach. Ein Mann prallt auf der Sky-Fly Zip-Line Winterberg gegen ein Kind. Nun wird die Frage geklärt, wer Schuld an dem schweren Unfall hatte.

Das Amtsgericht Medebach hat einen 59-jährigen Mann aus Olsberg wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 2.400 Euro verurteilt. Richter Michael Neumann sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte am 9. Juli vergangenen Jahres durch eine Unachtsamkeit einen schweren Unfall an der Sky-Fly-Zip-Line in Winterberg verursacht hatte. Neumann verfolgte damit in weiten Teilen Staatsanwalt Elmar Balkenhol, der eine Geldstrafe von 2700 Euro gefordert hatte.

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Veräumnis des Angeklagten

Der Angeklagte war an der beliebten Touristenattraktion, der Sky-Fly-Zip-Line, tätig. Bei dieser handelt es sich um eine Seilrutsche, bei der Besucher von einer erhöhten Plattform in Richtung Tal gleiten. Die Gäste werden dabei von Mitarbeitern eingehängt und nach Rücksprache mit der Talstation auf die Fahrt geschickt. Der Angeklagte erklärte im Zeugenstand, dass er an jenem Tag in sengender Hitze auf der mittleren Plattform gearbeitet habe. Von dieser werden die Besucher zur letzten Station ins Tal geschickt. „Ich kann mir bis heute nicht erklären, wie das passieren konnte“, äußerte er sich.

Sky-Fly-Zipline Winterberg
Auf der Sky-Fly-Zipline in Winterberg kam es 2023 zu einem schweren Unfall, als ein Olsberg dort mit einem Kind zusammenstieß. Nun wurde gegen den verantwortlichen Mitarbeiter am Amtsgericht Medebach das Urteil gefällt. © WP | Benedikt Schülter

Laut Anklage hatte der Olsberger jedoch an diesem Tag versäumt, sich das erforderliche OK per Funk von der Talstation zu holen. Nachdem ein Kind, das aufgrund seines Gewichts nicht aus eigener Kraft die Talstation erreichen konnte, von den Mitarbeitern der unteren Station geborgen wurde, schickte der Angeklagte einen weiteren Gast – einen Mann aus Leverkusen – zu früh los. Dieser stieß mit voller Wucht auf das Kind, das noch an der Seilrutsche hing. Infolge des Unfalls brach das Opfer sich beide Knöchel und leidet bis heute unter den Folgen.

„Der Angeklagte hätte in diesem Moment niemanden auf die Bahn schicken dürfen.“

 Elmar Balkenhol
Staatsanwalt

Drei Zeugen bestätigten, dass der Angeklagte keinen Funkspruch erhalten hatte, der die Freigabe zur Weiterfahrt erteilte. Ein Zeuge betonte: „Die Kollegen waren nach dem Vorfall geschockt und sauer. So etwas durfte nicht passieren.“ Allerdings berichteten mehrere Zeugen auch von häufigen Problemen mit der Funkverbindung an der Anlage.

Verteidiger fordert Einstellung des Verfahrens

Der Verteidiger des Angeklagten, Hubertus Stickel aus Olsberg, forderte eine Einstellung des Verfahrens und verwies darauf, dass der Betreiber der Anlage in der Verantwortung stünde. „Mein Mandant hätte niemals in diese Lage kommen dürfen“, so Stickel. Er führte weiter aus, dass das Verfahren bereits im Vorfeld einmal eingestellt worden sei. Daraufhin erklärte Staatsanwalt Elmar Balkenhol, dass man zu diesem Zeitpunkt noch nicht von den schweren Verletzungen des Opfers ausgegangen sei. Außerdem lag kein Strafantrag vor.

Trotz Hinweisen des Gerichts und der Staatsanwaltschaft, dass ein Strafbefehl mit einem geringeren Tagessatz für den Angeklagten von Vorteil gewesen wäre - insgesamt 1.500 Euro - beharrte Rechtsanwalt Stickel auf der Fortführung des Verfahrens. „Der Betreiber müsste hier sitzen, nicht mein Mandant“, argumentierte der Verteidiger.

Richter Michael Neumann verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe.
Richter Michael Neumann verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe. © Unbekannt | Benedikt Schülter

Verteidiger legt Berufung ein

Balkenhol widersprach energisch und machte deutlich: „Es gibt kein Recht im Unrecht.“ Jeder, der an einer Anlage wie der Sky-Fly-Zip-Line arbeite, müsse verantwortungsbewusst und gewissenhaft handeln. „Der Angeklagte hätte in diesem Moment niemanden auf die Bahn schicken dürfen“, so der Staatsanwalt. Die Schuld liege eindeutig beim Angeklagten.

Richter Neumann folgte dieser Argumentation bei der Urteilsverkündung: „Das war ein Unglück, doch die Frage ist, wer die Verantwortung trägt. Der Angeklagte hat seine Pflichten nicht erfüllt.“ Er wies darauf hin, dass der Angeklagte in das Sicherheitskonzept eingewiesen worden sei und die Verantwortung für die Freigabe der Fahrt trage. „Das hätte nicht passieren dürfen – auch nicht, wenn es so heiß ist wie an diesem Tag“, betonte der Richter.

Das Urteil sieht eine Geldstrafe in Höhe von 2.400 Euro vor, womit der Fall für den Angeklagten abgeschlossen ist – zumindest vorerst. Der Verteidiger hatte bereits frühzeitig erklärt, Rechtsmittel einzulegen, falls man seinen Mandanten verurteilen würde. Wie Richter Neumann am Freitag (20. September) erklärte, hat die Verteidigung nun offiziell Berufung eingelegt.