Brilon/Marsberg. Angst vor dem Schulweg: Viele Briloner und Marsberger Eltern fahren ihre Kinder lieber mit dem Auto. Die Polizei rät ab und gibt Familien Tipps.

Der Schulweg beschäftigt Eltern schon, wenn ihr Kind noch nicht einmal für die Grundschule angemeldet ist. Die Frage: „Lässt du dein Kind laufen?“ wird heißt debattiert. Die Gründe: Vielfältig. Viele sehen in Elterntaxis eine akute Verkehrsbehinderung und -gefahr für die Kinder. Andere bringen ihr Kind lieber mit dem Auto, weil sie den zunehmenden Verkehr in der Innenstadt und um die Schule herum für zu gefährlich einstufen, um ihr Kind laufen zu lassen. Aber wie ist die Lage in Brilon und Marsbergüberhaupt?

Zwanzig Minuten vor Schulbeginn steht das Ordnungsamt an der Engelbertschule

7.40 Uhr, Engelbertschule in Brilon. An der Ecke Derkerborn-Liboriusstraße steht ein Ordnungsamtsbeamter. Stadt Brilon prangt als Schriftzug auf dem Rücken seines Shirts. Er bewegt sich nicht vom Fleck, sein Blick gleitet über die vorüberfahrenden Autos, hat die zur Schule schlendernden Kinder im Blick. Ein Wagen hält kurz hinter dem Zebrastreifen zum Eingang der Schule. Tür auf, Kind und Rucksack quetschen ich heraus, Tür zu. Das ganze dauert keine zwei Minuten, dann fährt der Wagen an. Auch an den Bushaltestellen und den Parkbuchten funktioniert das. Ein Vater steigt mit aus, bringt seine Tochter die Treppe rauf zum Schuleingang. Parkplätze gibt es genug, niemand muss in dem Moment auf ihn warten. Eine Polizeistreife fährt langsam an der Schule vorbei. Ein Kind ruft: „Die Polizei guckt, dass wir über den Zebrastreifen gehen können.“ Eine Mutter kommt vom Kalvarienberg herunter und hält an der Kreuzung Derkerborn-Hohlweg. Ihr Kind hat einige Schwierigkeiten, den Tornister mit Kuscheltier im Arm aus dem Wagen zu hieven, hinter ihr wartet ein Auto, links von ihr ebenfalls. Sie fährt zügig, sobald ihr Sohn ausgestiegen ist. Der hintere Fahrer lässt das Kind noch über die Straße. Hier wird es doch etwas chaotisch.

Engelbertschule in Brilon, 7.40 Uhr. Hier ist gerade alles ruhig, das Ordnungsamt (rechts) kontrolliert die Lage.
Engelbertschule in Brilon, 7.40 Uhr. Hier ist gerade alles ruhig, das Ordnungsamt (rechts) kontrolliert die Lage. © WP | Jana Naima Schopper

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Schulweg: Sauerländer Eltern schildern die Lage in Brilon und Marsberg

Tatsächlich schildern zahlreiche Eltern der WP gegenüber, dass der Schulweg – ganz gleich zu welcher Schule – nicht immer so sicher sei. Das Dilemma scheint schnell klar: Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule, weil sie Angst vor Verkehrsunfällen haben – und machen die Situation dadurch noch unsicherer. Karina Laxa aus Brilon erzählt: „Ich fahre jeden Morgen an der Engelbertschule vorbei, das heißt wenn es klappt. Ich wundere mich, wie wir die Kindheit überlebt haben, heutzutage traut man den Kindern nichts mehr zu. Die Eltern würden am liebsten mit den Autos ins Klassenzimmer fahren. Lass den Kindern mehr Freiheit, um selbstständiger zu werden.“ Das sieht Anna, eine Mutter aus Brilon deren Kind zur Engelbertschule geht, im Prinzip genauso, aber: „Ein ganz ganz großes Problem ist der Kreisverkehr beim Chinarestaurant. Einige Autos halten partout nicht an, wenn Kinder am Kreisverkehr stehen. Die Polizei wurde bereits darauf angesprochen an der Schule. Die nehmen sich aber nicht viel davon an. Wenn Eltern dabei stehen klappt es oftmals besser. Ist aber auch keine Lösung. Kinder müssen bzw. wollen ja auch selbstständig werden. Mir graut es schon vor der dunklen Jahreszeit.“ Auch Rolf Breylske, der beruflich bedingt morgens an den Schulen unterwegs ist, sieht das Problem aufseiten der Autofahrer in Brilon. „Sie brauchen nur mal an den einzelnen Schulen in Brilon morgens zu stehen und sie sehen wo die Fehler liegen. Ab und zu stehen ja auch Polizisten am Rand und wirken dann auf das Fehlverhalten der Autofahrer ein. Peinlich dabei ist nur, dass ein Großteil der Autofahrer Eltern sind, die ihre Kinder zur Schule bringen wollen, und sich dabei dann auch keine Verkehrsregeln mehr halten wollen. So werden Parkbuchten für Busse blockiert, und die Fahrer dann noch dumm angemacht.“ Es wäre seiner Meinung nach empfehlenswert, an der Ratmersteinschule und der Engelbertschule Schülerlotsen einzusetzen, ob es ältere Schüler seien, Lehrer oder Eltern. „Die Tage werden jetzt wieder kürzer, aber die Erziehungsberechtigten reagieren nicht darauf. Sie sollten sich die Fahrräder ansehen mit denen ihre Kinder zur Schule fahren, ob eine ordnungsgemäße Beleuchtung vorhanden ist, und die Kinder oder Jugendliche Kleidungsstücke tragen die reflektieren.“ Er nimmt aber auch die Kinder in die Verantwortung: „Für manchen Schüler ist es wichtiger mit seinen Freunden über das Handy zu kommunizieren, als auf den Verkehr zu achten, sie gehen über die Straße ohne zu gucken. Auf alle Fälle hat dann der Fahrzeugführer schuld.“

Eltern warten oft noch an der Mauer zum Schulhof, um zu sehen, dass ihre Kinder es sicher in das Gebäude schaffen.
Eltern warten oft noch an der Mauer zum Schulhof, um zu sehen, dass ihre Kinder es sicher in das Gebäude schaffen. © WP | Jana Naima Schopper

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Eltern sorgen sich um Sicherheit der Kinder und bringen sie mit dem Auto

Brilon ist mit den Problemen nicht allein, auch Marsberger schildern das Chaos auf den Schulwegen. Anette Hauer aus Marsberg erzählt: „Wir wohnen nur ca. 300 Meter von der Schule entfernt. Unser Kind muss zwei mal die Straße überqueren, an den vorgesehenen Stellen. Die Polizei ist auch ab und zu da, um zu kontrollieren. Was ich wichtig finde ist, dass diese Stellen noch deutlicher gekennzeichnet werden, denn die sind schon teilweise sehr verschlissen. Wir wohnen schon länger hier in Giershagen und mir sind die Bodenmarkierungen bis zu dem Tag, an dem die Polizei mir gesagt hat, wo wir drüber zu gehen haben, nicht einmal aufgefallen.“ Dabei werde es morgens und mittags schon recht turbulent mit den Bussen und dem Auto-Verkehr. Serpil Özka wohnt ebenfalls in Marsberg. Sie sagt: „Man kann diese Zeit nicht mit der vor 30 Jahren vergleichen. Ich bin immer gelaufen und habe meine jüngeren Geschwister auch noch weg gebracht. Klar gab es bestimmt auch Vorfälle oder gefährliche Situationen, aber ich denke dadurch das es kein Internet gab, hörte man nichts. Jetzt ist es anders und Eltern sicherlich auch ängstlicher geworden, weil man soviel liest und hört. Meine Tochter wird immer gebracht, wenn es mal Ausnahmen gibt dann laufen wir gemeinsam zur Schule.“ Zu groß scheint ihre Angst, dass in dem Verkehr ein Unglück geschieht.

An der Briloner Grundschule gibt es einen Parkplatz für Eltern, die ihre Kinder bringen.
An der Briloner Grundschule gibt es einen Parkplatz für Eltern, die ihre Kinder bringen. © WP | Jana Naima Schopper

Polizei im HSK kann Vorkommnisse an Zebrastreifen feststellen

Besondere Vorkommnisse hat es bisher nicht gegeben, wie Polizeisprecherin Laura Burmann auf WP-Anfrage mitteilt. „Allerdings werden durch die Polizeibeamten immer mal wieder Verstöße von Fahrzeugführern festgestellt, die sich nicht verkehrskonform verhalten. Insbesondere an Fußgängerüberwegen. Diese werden von den Bezirksdienstbeamten konsequent auf ihr Fehlverhalten angesprochen und sanktioniert. Damit alle sicher an ihr Ziel kommen, sollte stets an die gegenseitige Rücksichtnahme appelliert werden.“ Die Polizei zeige aber ganzjährig Präsenz an den Schulen, wie Burmann erklärt. „In Marsberg-Westheim gibt es außerdem den sogenannten „Walking-Bus“, der jeden Tag durch Eltern und regelmäßig auch durch Polizeibeamte betreut und unterstützt wird.“

Sauerländer Polizei rät den Eltern, nicht direkt an der Schule zu parken

Die Polizei im HSK gibt Eltern darüber hinaus Tipps, wie Familien sich auf den Schulweg vorbereiten können. „Warten Sie nicht bis zum ersten Schultag. Nutzen Sie frühzeitig die Gelegenheiten und erkunden Sie gemeinsam mit Ihrem Kind den sichersten Weg zur Schule. Üben Sie dabei richtiges Verhalten an möglichen Gefahrenpunkten (Baustellen, parkende Fahrzeuge, Radbenutzung auf Gehwegen, etc.).“ Viele Schulen verfügen über Schulwegpläne, auf denen sichere Wege zur Schule eingezeichnet sind. Laura Burmann konkret: „Neben der polizeilichen kindlichen Verkehrserziehung ist es wichtig, dass Eltern oder Erziehungsberechtigte mit den Kindern den Schulweg ebenfalls abgehen, um somit bestimmte Verhaltensweisen zu trainieren. Hierbei bietet es sich an, dass Kinder sich in kleinen Gruppen zusammenschließen und jeweils ein Elternteil den Schulweg begleitet. Wenn die Kinder den Schulweg sicher meistern können und Gefahren durch die Eltern erklärt und trainiert wurden, spricht nichts dagegen, die Kinder zu Fuß zur Schule gehen zu lassen.“

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Wichtig in der dunklen Jahreszeit: Helle Kleidung und Reflektoren

Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule fahren wollen, sollten an speziell vorgesehenen Elternhaltestellen (Elterntaxi Haltestelle) an der Schule halten, damit der Rest des Weges zu Fuß bewältigt werden kann. Burmann: „Nur in Ausnahmefällen sollten die Kinder mit dem Auto bis zur Schule gebracht werden. An den Schulen gibt es nur begrenzte Haltemöglichkeiten für Pkw. Durch das dann erhöhte Verkehrsaufkommen unmittelbar an den Schulen kann es für die zu Fuß kommenden Schulkinder mitunter zu gefährlichen Situationen kommen.“ Wichtig seit, jetzt in der dunklen Jahreszeit, auf die Sichtbarkeit der Kinder zu achten, sprich: Helle Kleidung mit zusätzlichen Reflektoren.

Während der dritten und vierten Klasse findet in den Schulen in intensives Radfahrtraining statt. Das endet dann mit einer Abschlussfahrt und einer Prüfung. „Vor dieser Phase sollten Kinder nicht mit dem Rad zur Schule fahren.“