Brilon. Im Tierheim in Brilon gibt es in den nächsten Jahren einigen Handlungsbedarf.
Die Finanzierung ist für viele Tierheim ein überlebenswichtiges und auch schwieriges Thema. Erst kürzlich hatte sich die Situation im Tierheim Meschede offenbar so zugespitzt, dass kurzfristig das Aus drohte, aber dann doch verhindert werden konnte. Das hatte die WP-Redaktion in Meschede berichtet. Deshalb haben wir im Tierheim Brilon nachgefragt, ob die Situation dort auch so dramatisch ist.
Lesen Sie auch
- Ein Hauch Eurovision-Song-Contest: Michael Schulte in Brilon
- Darum bekommt das Berufskolleg Brilon einen Treppenhaus-Anbau
- GPS-Schnitzeljagd im Sauerland: Reporter testet Geocashing
- Hartnäckiger Marsberger: Zweimal erwischt, keine Einsicht
- Pilotengewerkschaft: So sicher ist der Flughafen Paderborn
- Sicherheitsrisiko: Pedelec-Unfälle auf hohem Niveau
Handlungsbedarf in den nächsten Jahren
Tierheim-Leiterin Carolin Meerpohl erklärt dazu: „Aktuell halten wir uns noch ganz gut über Wasser und erhalten auch viele Sachspenden. Aber natürlich könnte es finanziell besser aussehen. Das ist kein Geheimnis.“ Bezüglich der finanziellen Situation gehe es aktuell allen Tierheimen gleich. Ein Problem in Brilon: „Besonders die Instandhaltung des Tierheimgebäudes wurde zugunsten der Tierversorgung und Umständen wie Corona und Inflation in den letzten Jahren auf das Nötigste reduziert. Hier ist aber in den nächsten Jahren Handlungsbedarf. Wir werden von einigen Handwerkern ehrenamtlich unterstützt, aber die größeren Investitionen (Hundequarantäne, Erneuerung der Heizung etc.) stehen noch aus und sind wichtig zum Erhalt des Tierheims.“
„Aktuell halten wir uns noch ganz gut über Wasser und erhalten auch viele Sachspenden. Aber natürlich könnte es finanziell besser aussehen. Das ist kein Geheimnis.“
Städte zahlen eine Pro-Kopf-Pauschale
Das Briloner Tierheim ist keine städtische Einrichtung, sondern hat einen privaten Träger, den Tierschutzverein Brilon e.V.. Carolin Meerpohl erläutert das Prinzip: „Wir sind quasi Dienstleister für die Gemeinden, mit denen wir Verträge geschlossen haben. Dies betrifft Fundtiere, sowie Tiere aus Sicherstellungen von Amts wegen. Hierzu erhalten wir eine Pro-Kopf-Pauschale pro Einwohner. Dies deckt natürlich nicht alle anfallenden Kosten. Daher sind wir auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen.“ Eine weitere Einnahmequelle sei eine kleine Hundepension mit fünf Plätzen, die dankend angenommen werde. Und: Es gebe auch „Stammgäste“, die regelmäßig durch das Tierheim betreut werden, wenn die Besitzer z.B. in den Urlaub fliegen und ihre Hunde nicht mitnehmen können.
Die Pro-Kopf-Pauschale, die die sieben Kommunen im Einzugsgebiet des Briloner Tierheims zahlen, beträgt aktuell ein Euro. Für die Hansestadt Medebach zum Beispiel beläuft sich die aktuelle Jahrespauschale für das Jahr 2024 somit auf 8.101 Euro. Auf WP-Anfrage erklärte die Stadt, dass die Tierheime einem ständig wachsenden Kostendruck ausgesetzt seien, so dass die aktuelle Vereinbarung mit dem Ziel einer Erhöhung der Jahrespauschale ab 2025 gekündigt worden sei. Dazu erklärt Carolin Meerpohl: „Unsere Verträge laufen in der Regel zwei Jahre. Aktuell sind wir bei den Neuverhandlungen für die Verträge ab 2025. Wir haben in den vergangenen Jahren sehr gut mit den Ordnungsämtern kooperiert und freuen uns auch auf die weitere Zusammenarbeit. Da die Verhandlungen noch laufen, behandeln wir diese selbstverständlich mit Diskretion.“
Die Stadt Olsberg weist darauf hin, dass der Betrieb – und damit auch die Finanzierung des Tierheims - in der Verantwortung des Trägervereins liegt und sich der kommunale Beitrag ausschließlich auf die Aufgabe bezieht, die das Tierheim Brilon für die Kommunen übernimmt: Die Unterbringung von Fundtieren sowie behördlich beschlagnahmten Tieren.
Kalkulation mit Unsicherheits-Faktoren
Carolin Meerpohl macht deutlich, wo die Knackpunkte sind, die es für Tierheime wie die Briloner Einrichtung finanziell so schwierig machen. Es sei zum Beispiel nicht kalkulierbar, wie viele Tiere pro Monat zu versorgen sind. Sie beschreibt die Situation so: „Mal kommen zum Beispiel über 60 Katzen pro Monat in unsere Obhut (wie vor einigen Wochen durch eine Sicherstellung geschehen) oder ‚nur‘ fünf Mutterkatzen mit Kitten und drei Abgabehunde. Es ist also nie vorhersehbar, wie viele Tiere unsere Pflege benötigen. Zusätzlich kommen Tiere dazu, die ausgesetzt werden oder Sterbefälle, wo Tiere nicht bei den Angehörigen untergebracht werden können.“
Die Folge sei, dass dementsprechend die Kosten für die Unterbringung, Tierarzt usw. schwanken. Gleichzeitig könne man mit Spenden natürlich nicht fest rechnen. Weitere Unsicherheits-Faktoren seien die steigenden Energie-, Lebensmittel- und die Futterpreise. Und auch die Gebührenordnung der Tierärzte sei erhöht worden. „Das sind alles Faktoren, die wir natürlich mit einkalkulieren, die Höhe aber natürlich nicht voraussehen können“, so die Tierheimleiterin. Sie appelliert: „In der aktuellen Zeit sind wir mehr denn je auf Spenden angewiesen. Egal ob monetäre oder Sachspenden. Jede Art von Unterstützung sichert die weitere Versorgung der Tierheim-Schützlinge.“ Carolin Meerpohl liefert ein paar Zahlen, die deutlich machen, wie viel Futter und Streu gebraucht wird: „Aktuell benötigen wir zur Versorgung der Katzen aus der Sicherstellung pro Tag über 30 Nassfutterdosen, vier große Packungen Trockenfutter, sowie fünf Säcke Klump- und zwei Säcke Hygienestreu.“
Aufnahmestopp für Katzen
Was die Katzen betrifft, ist im Briloner Tierheim fast durchgehend Aufnahmestopp. Carolin Meerpohl berichtet: „Die Kittenzeit ist in vollem Gange und es ist jedes Jahr eine „Flut“ an unkastrierten, kranken Katzen, die uns erreicht. Viele Katzen kommen in einem kranken Zustand bei uns an und müssen erst einmal aufgepäppelt werden, bevor man an Impfungen und die Vermittlung denken kann. Die Quarantänezeit muss natürlich auch eingehalten werden, um den gesunden Bestand zu schützen. Aber sobald eine Vermittlung stattgefunden hat, rücken quasi die nächsten Katzen schon nach. Früher waren es das Frühjahr und der Herbst, heute ist es ganzjährig, dass sich die Katzen vermehren.“ Die Tierheimleiterin fordert angesichts dieser Lage eine bundesweite Kastrationspflicht für Katzen.
Großes Problem: Animal Hoarding
Große Sorge bereitet den Tierschützern aktuell das sogenannte „Animal Hoarding“. Dabei gehe es um zehn oder mehr Tiere, die ad hoc untergebracht und versorgt werden müssen. Carolin Meerpohl macht deutlich, warum das besonders problematisch ist: „Dies ist nicht nur eine finanziell hohe Belastung, sondern auch personell eine Herausforderung. Trotzdem darf man nicht wegschauen und sollte solche Fälle melden, um den Tieren weiteres Leid zu ersparen.“
Die WP Brilon auf Social Media
- Abonniere den Kanal WP Brilon/Winterberg - Westfalenpost auf WhatsApp.
- Immer auf dem neuesten Stand bleiben: Unsere News-App gibt es auch für Android und iPhone
Im Hunde- und Kleintierbereich konnte das Tierheim nach eigenen Angaben in den letzten Wochen sehr gut vermitteln. Allerdings gebe es täglich Anfragen für Neuaufnahmen. Deshalb werde mit einer Warteliste gearbeitet: Sobald ein Tier vermittelt und die Probezeit gut verlaufen sei, komme die Zusage für die Aufnahme für das nächste Tier. Wenn die Kapazitäten erschöpft seien, gebe es auch die Möglichkeit, Tiere vorab auf der Tierheim-Homepage unter der Rubrik „Fremdvermittlung“ vorzustellen. Einige Tiere hätten so schon ein neues Zuhause gefunden.
Immer wieder ausgesetzte Tiere
„Das Aussetzen von Tieren beschränkt sich nicht nur auf die Ferienzeit. Wir haben das Gefühl, dass diese Problematik seit der Coronapandemie extrem zugenommen hat. Vor allem Listenhunde wurden die letzten Monate vermehrt in unserem Zuständigkeitsbereich ausgesetzt.“ “
Gerade in der Ferienzeit gibt es immer wieder Meldungen, dass vermehrt Tiere ausgesetzt werden. Spürt das Tierheim Brilon das auch? Carolin Meerpohl sagt: „In den letzten Wochen haben wir bisher ,nur‘ ein ausgesetztes Kaninchen aufgenommen. Das Aussetzen von Tieren beschränkt sich nicht nur auf die Ferienzeit. Wir haben das Gefühl, dass diese Problematik seit der Coronapandemie extrem zugenommen hat. Vor allem Listenhunde wurden die letzten Monate vermehrt in unserem Zuständigkeitsbereich ausgesetzt.“