Brilon/Radlinghausen. Im „Pako-Alpaka-Naturerlebnis“ treffen Naturverbundenheit und therapeutische Arbeit auf herzliche tierische Begleiter.

Wenn Silvia Claßen Ende Juli wieder zurück in ihre Briloner Heimat zieht, hat sie tierisch etwas im Gepäck: Fünf Alpakas, sieben Ziegen und Hund Paulinchen ziehen gemeinsam mit ihr von Burscheid ins Sauerland. Die Tiere gehören zum „Pako-Alpaka-Naturerlebnis“, das auf dem Mehrgenerationen-Hof Müller in Radlinghausen eine neue Heimat findet.

Verschiedene Angebote

Hinter „Pako-Alpaka-Naturerlebnis“ stecken verschiedene Angebote, bei denen Alpakas und Ziegen zum Einsatz kommen: Tiergestützte Heilpädagogik für Kinder mit besonderem Förderbedarf, Wanderungen, Kindergeburtstage und Bildungs-Angebote bzw. Patenschaften für Kindergärten und Schulklassen. Silvia Claßen ist Erzieherin und Heilpädagogin und hat sich durch vielfältige Weiterbildung für den therapeutischen Einsatz von Tieren qualifiziert.

Die Heilpädagogin Silvia Claßen eröffnet in Radlinghausen das
Silvia Claßen zieht mit ihrem „Pako-Alpaka-Natuerlebnis“ von Burscheid ins Sauerland. Bei ihrer heilpädagoischen Arbeit kommen auch Ziegen zum Einsatz. © privat | Privat

Langjährige Berufserfahrung

Nach ihrer Ausbildung zur Erzieherin am Berufskolleg Olsberg hat sie berufsbegleitend eine heilpädagogische Ausbildung absolviert. Anschließend lebte und arbeitete sie einige Jahre im Rheinland. Auf ihrer Homepage kann man nachlesen, dass die Sauerländerin im Laufe der Jahre in verschiedenen Bereichen Berufserfahrung gesammelt hat. Sie schreibt: „Ich war tätig im Kindergartenbereich und habe dort als Inklusionsfachkraft und Gruppenleitung einer integrativen Gruppe gearbeitet hat. In einer Praxis für Lerntherapie unterstützte ich Kinder mit Dyskalkulie und Legasthenie. Als Umweltbildungsreferentin konnte ich mich in naturpädagogische Projekte einarbeiten.“ Seit einigen Monaten arbeitet sie in Teilzeit in einer heilpädagogischen Praxis in Brilon, das Alpaka-Projekt will sie künftig nebenberuflich weiterführen.

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2019 hat Silvia Claßen in Burscheid das „Pako-Alpaka-Naturerlebnis“ gegründet, mit dem sie jetzt ins Sauerland umzieht. Die 46-Jährige erklärt, warum ihr die Einbindung von Tieren in ihre Arbeit eine Herzensangelegenheit ist: „So kann ich wunderbar meinen pädagogischen Beruf mit meiner Liebe zu Tieren verbinden. Die Tiere unterstützen mich in meiner heilpädagogischen Arbeit. Sie sind Seelentröster, Türöffner und Co-Therapeut zugleich.“ In Radlinghausen, wo das Projekt beheimatet sein wird, kann die Heilpädagogin künftig eine mehr als 3.500 Quadratmeter große Weide nutzen. Dort will sie – ähnlich wie in Burscheid – ihre Angebote umsetzen. Unter anderem will sie eine Veranstaltungsfläche herrichten, wo man auf Baumstämmen im Kreis um eine Feuerstelle sitzen kann. Mit dazu gehört auch ein Bauwagen, in dem sie sich mit den Kindern bei schlechtem Wetter aufhalten kann.

Tiergestützte Heilpädagogik

Die Heilpädagogin Silvia Claßen eröffnet in Radlinghausen das
Die Heilpädagogin Silvia Claßen eröffnet in Radlinghausen das "Pako-Alpaka-Natuerlebnis". Sie setzt Alpakas und Ziegen bei ihren Therapie-Angeboten ein. © privat | Privat

Silvia Claßen macht deutlich, dass sie sich ganz bewusst für Alpakas und Ziegen als tierische Therapeuten entschieden hat: „Die Tiere haben sehr unterschiedliche Charakter und eignen sich daher für verschiedene Therapie-Ansätze. Alpakas sind sehr sensibel, scheu und stressanfällig und lassen sich nicht so gerne streicheln. Ziegen sind genau das Gegenteil. Sie sind wild, quirlig und lassen sich gerne kraulen.“ Die Heilpädagogin gibt ein Beispiel, wie sie diese Eigenschaften für die Therapie nutzt: „Wenn ein Kind sich völlig distanzlos verhält, kann ich mit den Ziegen sehr gut arbeiten. Setzt man sich auf einen Baumstamm, kommen sie sofort angerannt, springen auf einen drauf. Wenn einem Kind dieses Verhalten unangenehm ist, bekommt es ein Gefühl dafür, dass es für andere nicht unbedingt schön ist, wenn man bestürmt und bedrängt wird.“

Kinder lernen durch Umgang mit den Tieren

Auch für die Therapie mit den Alpakas hat Silvia Claßen ein anschauliches Beispiel: „Wenn ich einem hyperaktiven Kind erkläre, dass es für die Tiere stressig ist, wenn jemand auf die Wiese kommt, schreit oder ruckartige Bewegungen macht, dann kann das Kind lernen, dass es sich zurücknehmen und ganz vorsichtig sein muss, damit es dem Tier nah sein kann.“ Diese Verhaltensweisen gelte es, auf das reale Leben zu übertragen. Das funktioniere aber nur, wenn man eine Vertrauensbasis schaffe und über einen längeren Zeitraum regelmäßig an diesem Verhalten arbeite, um es zu verinnerlichen.

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Wunderbar geeignet seien Alpakas auch, wenn ein Kind Probleme habe. Wenn ein Mädchen zum Beispiel erzählt, dass es gerade Streit mit seiner Freundin hat, könne man das sehr gut auf den Herdenverband der Alpakas übertragen und erklären, dass es Tiere gibt, die sich gut oder weniger gut miteinander verstehen oder dass dort eine Rangordnung herrscht, in der einer – so wie Alpaka „Valentino“  - der Chef ist. So könne man über die Tiere eine Vertrauensbasis schaffen und mit den Kindern ins Gespräch kommen.

„Die Tiere haben sehr unterschiedliche Charakter und eignen sich daher für verschiedene Therapie-Ansätze. Alpakas sind sehr sensibel, scheu und stressanfällig und lassen sich nicht so gerne streicheln. Ziegen sind genau das Gegenteil. Sie sind wild, quirlig und lassen sich gerne kraulen.“ “

Silvia Claßen
Heilpädagogin

Grundsätzlich gehe es in der Therapie darum, dass die Kinder erfahren: „Ich kann etwas. Ich kann Alpakas füttern oder führen, obwohl sie so scheu sind. Ich schaffe das. Die Tiere vertrauen mir.“ Das Therapie-Angebot richtet sich an Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren, die einen besonderen Förderbedarf haben, also z.B. Kinder mit Autismus, ADHS, Entwicklungs- oder Sprachverzögerungen. Für Kinder und Jugendliche mit einem Pflegegrad können die Förderstunden über den monatlichen Entlastungsbetrag abgerechnet werden; aber auch andere Kinder können als Selbstzahler an den Angeboten teilnehmen.

Wanderungen und Kindergeburtstage

Neben der Tiergestützten Heilpädagogik kann man künftig auch Wanderungen mit Alpakas buchen und bei einem Spaziergang viel Wissenswertes über die Tiere erfahren. Auch Kindergeburtstage kann man künftig in Radlinghausen feiern. Silvia Claßen verspricht Spiele, Spaß, Erlebnisse mit Alpakas und Ziegen und Lagerfeuer. Wichtig ist ihr aber auch, dass das „Pako-Alpaka-Naturerlebnis „kein Streichelzoo ist.“ Sie sagt: „Bei uns werden die Tiere weder permanent gefüttert noch ständig bekuschelt. Das Erleben mit den Tieren gemeinsam in der Natur steht im Vordergrund. Mir ist es wichtig, den Tieren mit Respekt zu begegnen.“

Anmelden kann man sich für die verschiedenen Angebote bereits jetzt schon. Die Eröffnung ist am 1. September. Weitere Infos: www.alpakaerlebnis.com