Olsberg/Arnsberg. Mit Nacktfotos aus einem Chat soll ein Mann (34) eine junge Frau unter Druck gesetzt haben. So urteilt das Landgericht:
Der vor dem Landgericht Arnsberg für zwei Verhandlungstage angesetzte Prozess wegen der Vergewaltigung einer 22-jährigen Frau aus dem Hochsauerland wurde bereits am ersten Tag mit dem Urteil abgeschlossen. Ergebnis: Das Verfahren wurden gegen Auflage vorläufig eingestellt.
Schwere Vorwürfe
Die Staatsanwältin hatte einem 34-jährigen Einzelhandelskaufmann aus Mudersbach vorgeworfen, im April 2020 die junge Frau per Internet dazu genötigt zu haben, sich mit ihm zu treffen. Falls sie auf seine Forderung nicht eingehe, werde er die von ihr zuvor im Rahmen eines Chats übersandten Nacktbilder veröffentlichen.
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So gedrängt, habe sie den Forderungen des Internetbekannten Folge geleistet und sei von diesem vergewaltigt worden, so die 22-Jährige. Einige Tage später habe er dieselbe Drohung wiederholt, um ein erneutes Treffen zu erreichen. Dazu kam es allerdings nicht, weil die Geschädigte bei der Polizei eine Strafanzeige erstattete.
Angeklagter bestreitet Vergewaltigung
Der Angeklagte gab in der Verhandlung vor dem Landgericht auf die Fragen des Richters und der Staatsanwältin bereitwillig Antworten. Er bestritt aber, die Frau vergewaltigt zu haben. „Weil sie zu dem Treffen in Olsberg mal Ja und mal Nein gesagt hatte, war ich es leid. Da ist mir dummerweise die Sache mit den Nacktbildern eingefallen“, machte der Angeklagte deutlich. Man habe gegenseitig Sex-Fotos ausgetauscht und sich gegenseitig angemacht. „In Olsberg dann haben wir uns geküsst und im Intimbereich gestreichelt. Sie hat alles bereitwillig mitgemacht“, so der 34-Jährige weiter. Zu einem Geschlechtsverkehr sei es nicht gekommen.
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Aus einem dem Gericht vorliegenden Chat geht allerdings Gegenteiliges hervor. Passagen dieses Chats-Verlaufes lassen den Schluss zu, dass ein Geschlechtsverkehr tatsächlich stattgefunden haben muss. Fraglich aber blieb, ob der Angeklagte diesen erzwungen oder ob das vermeintliche Opfer freiwillig mitgemacht hatte.
Erinnerungslücken
Die 22-Jährige sagte mehrfach aus, dass ihr Chatpartner sie durch die Androhung, die Bilder zu veröffentlichen, zu dem Treffen genötigt habe. Nacktbilder von ihr habe sie ihm geschickt, weil er sie angeblich haben wollte. Die meisten Fragen des Richters beantwortete die Zeugin mit: „ Kann ich echt nicht mehr sagen. Das ist schon so lange her.“
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Auf die Frage, ob sie Sex gewollt habe, sagte sie: „Eigentlich nicht.“ Sie habe sich ihrem Vater am nächsten Tage offenbart, der bei der Polizei Anzeige erstattete. Auch an das, was sie dort zu Protokoll gegeben hatte, konnte sie sich kaum erinnern. „Alles ist wie weg.“
Ihre Mutter macht als Zeugin klar, dass ihre Tochter durch einen genetischen Defekt auf dem geistigen Niveau einer 13-Jährigen sei. Sie stehe unter Betreuung. Nach der Beweisaufnahme zog sich das Gericht zur Beratung zurück.
Richter hat Bedenken
Der Vorsitzende gab bekannt, dass arge Bedenken bestünden, ob eine Vergewaltigung stattgefunden habe. Sollte es zu einem Geschlechtsverkehr gekommen sein, könnte dieser auch nach den jetzigen Erkenntnissen im Einverständnis vollzogen worden sein. „Ein Beweis lässt sich nicht erbringen. An dem Verbrechenstatbestand der Vergewaltigung bestehen Zweifel. Was bleibt, ist ein Vergehen der Nötigung zum Treffen in Olsberg.“
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Dieses Vergehen könne, wenn die Staatsanwaltschaft damit einverstanden sei, vorläufig eingestellt werden. Dazu gab die Anklagevertreterin grünes Licht, sodass die Kammer den Vorwurf der Vergewaltigung nicht mehr aufrecht erhielt und per Beschluss das Verfahren gegen eine Geldauflage in Höhe von 600 Euro zu Gunsten des Vereins „Frauen helfen Frauen“ vorläufig einstellte.