Berlin. Einem Großteil der Frauen ist die Perimenopause nicht bekannt. Eine Ärztin klärt über die Symptome auf und gibt Tipps für Betroffene.
Die Wechseljahre haben ein Imageproblem: Hitzewallungen, Hormonchaos, Gewichtszunahme, aber bis 50, so die Überzeugung, hat man damit nichts zu tun. Und solange die Periode noch kommt, sei man auf der sicheren Seite. Dabei ist aktuell etwa jede vierte Frau in Deutschland schon in den Wechseljahren. Ein Großteil von ihnen ist in der sogenannten Perimenopause – wovon laut einer Umfrage 88 Prozent der Frauen noch nie gehört haben. Es ist die Übergangsphase zwischen dem gebärfähigen Alter und der Menopause. Die Symptome werden aber oft viel zu spät erkannt.
„Viele Frauen glauben, dass die Wechseljahre erst mit der Menopause, also der allerletzten Periode, anfangen“, sagt Ärztin und Autorin Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns. „Die hormonelle Umstellung ist aber ein langer Prozess, ähnlich wie die Pubertät. Er beginnt oft schon zehn Jahre vorher, also ungefähr mit 40.“ In dieser Zeit werden die Monatszyklen instabiler, und die Hormone fahren Achterbahn. Die Symptome treten schubweise auf und verschwinden wieder. Viele Frauen bringen die ersten Anzeichen aber nicht mit den Hormonen in Verbindung. Nicht nur weil sie weiterhin ihre Menstruation haben, einen Kinderwunsch oder vielleicht gerade erst Mutter geworden sind. Sondern auch weil die ersten Begleiterscheinungen der Perimenopause eben nichts mit Schweißausbrüchen zu tun haben.
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Perimenopause: Welche Symptome gibt es?
Wenn wir auf die Lebensmitte zusteuern, bemerken wir zwar kleine Veränderungen, können sie aber oft nicht richtig zuordnen: Mal wachen wir nachts auf und zerbrechen uns den Kopf, dann fühlen wir uns tagsüber total zerschlagen. Ohne Einkaufszettel sind wir aufgeschmissen, weil wir die Hälfte vergessen. Verlieren die Nerven, wenn uns jemand den Parkplatz wegschnappt. An Tagen, die eigentlich gut laufen, ist uns auf einmal zum Heulen, und wenn wir mal ein bisschen gefeiert haben, brauchen wir eine Woche, um uns davon zu erholen. Aber liegt das nicht einfach am Stress? „Tatsächlich denken das fast alle Frauen“, so Suzann Kirschner-Brouns. „Selbst ich als Ärztin habe nicht gleich erkannt, was mit mir los ist, und die diffusen Beschwerden erst mal ignoriert.“
Woher die Symptome kommen, lässt sich hingegen leicht erklären: Alle weiblichen Eizellen sind mit unserer Geburt angelegt. Wenn wir älter werden, sind sie also nicht mehr ganz frisch. Ab Ende 30 kommt es deshalb im Zyklus immer öfter zu einem schwachen Eisprung, ab und zu fällt er sogar aus. Dadurch produziert der Körper weniger Progesteron und Östrogen. In der Perimenopause steht vor allem der sinkende Progesteronspiegel im Vordergrund. Es fehlt also immer mehr von dem Hormon, das Stress reguliert, Nerven beruhigt und uns gut schlafen lässt.
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„Manche Frauen leiden auch unter Herzrasen, Rückenschmerzen oder depressiver Verstimmung“, sagt Suzann Kirschner-Brouns. „Das kann alles mit den Hormonschwankungen zusammenhängen. Doch weil die Perimenopause im Medizinstudium kaum behandelt wird, stellen Ärzte oft keine entsprechende Diagnose.“ Im späteren Verlauf fällt auch das Östrogenlevel, dann treten zusätzlich noch Hitzewallungen auf, der Stoffwechsel wird träger, und die Lust auf Sex lässt nach. Oft wird auch die Schleimhaut im Vaginalbereich dünner und trockener.
Was hilft bei der Perimenopause?
Darüber wurde in den letzten Jahren viel diskutiert: In den 90ern waren Hormonpräparate vor allem in den USA beliebt. Doch weil die Dosierung sehr hoch war und die Hormonersatztherapie zu spät angefangen wurde, erkrankten viele Frauen an Krebs. Seitdem ist die Skepsis groß: Nur sechs Prozent der Frauen zwischen 45 und 65 Jahren nahmen laut einer Studie aus dem Jahr 2020 Hormone in den Wechseljahren. „Dabei sind die Bedingungen heute ganz andere: Die modernen, bioidentischen Hormone entsprechen der Struktur der körpereigenen Botenstoffe, sie sind also besser verträglich“, erklärt Suzann Kirschner-Brouns. Wenn man sich dafür entscheidet, ist es sinnvoll, schon in der Perimenopause zu beginnen, denn damit wird der Alterungsprozess verlangsamt, und es kann vor Osteoporose, Darmkrebs und Herzerkrankungen schützen.
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Phytopharmaka, etwa mit Rotklee, Soja, Traubensilberkerze, Mönchspfeffer oder Sibirischem Rhabarber, haben teilweise eine östrogenartige Wirkung. Sie können Hitzewallungen, Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen lindern. Auch diese Präparate können Nebenwirkungen haben und sollten daher nur in Absprache mit der Gynäkologin eingenommen werden. „Jede Frau nimmt ihre Wechseljahresbeschwerden anders wahr und bringt ihre persönlichen Risiken mit“, meint die Expertin. Deshalb sei es so wichtig, individuell darauf einzugehen und abzuwägen.
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Perimenopause: Deswegen ist eine Ernährungsumstellung so wichtig
Im Verlauf der Perimenopause ändert sich der Stoffwechsel: Wird der Zyklus unregelmäßiger und fällt mal aus, verbraucht der weibliche Körper 300 kcal weniger am Tag. Zusätzlich schwindet mit zunehmendem Alter die Muskelmasse, dafür wachsen die Fettspeicher – besonders am Bauch. „Wer weiter so viel isst und trainiert wie immer, bringt im Laufe der Wechseljahre fünf bis zehn Kilo mehr auf die Waage“, sagt Suzann Kirschner-Brouns. „Deshalb sollte man die Essgewohnheiten am besten schon zu Beginn der Hormonumstellung anpassen.“ Konkret: weniger verarbeitete Lebensmittel, leere Kohlenhydrate, Fett, Zucker und Alkohol, dafür mehr Ballaststoffe, Gemüse und hochwertige Öle. Eiweiß und Calcium (in Milchprodukten, Soja und Hülsenfrüchten) sind wichtig, um die Muskeln und Knochen zu erhalten.
„In unserer Gesellschaft herrscht immer noch der Glaube: Wer nicht mehr fruchtbar ist, ist auch nicht mehr attraktiv“, meint Kirschner-Brouns: „Das ist natürlich Quatsch. Wenn wir in die Perimenopause kommen, haben wir bestenfalls noch unser halbes Leben vor uns.“ Ganz wichtig ist der Ärztin, dass sich Frauen mit diesen Veränderungen besser auskennen und die Anzeichen nicht so lange ignorieren, bis die Menstruation schließlich ausbleibt. Und es gibt jede Menge gute Dinge, die mit dem Beginn der Wechseljahre einhergehen. Viele entwickelten unter anderem ein größeres Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse. So kann man auch dieser Phase ein wenig gelassener entgegensehen. („Midlife-Care: Wie wir die Lebensmitte meistern und die Kraft unserer Hormone nutzen“, Lübbe Life, 2020.)