Berlin. Millionen Deutsche nehmen täglich Nahrungsergänzungsmittel. Ärzte warnen bei Bluthochdruck vor einem besonders verbreiteten Präparat.
Brausetabletten enthalten oft hohe Mengen an Natrium. Eine aktuelle Studie zeigt, dass dies auch für Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin- oder Mineralstoffpräparate sowie für Medikamente gilt. Gerade für Menschen mit Bluthochdruck kann die Einnahme gefährlich sein, warnen Forscher.
In Deutschland greifen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes drei von vier Personen regelmäßig zu Nahrungsergänzungsmitteln. Was viele nicht wissen: Damit sich Brausetabletten im Wasser auflösen, enthalten sie oft erhebliche Mengen Natrium. Eine gesteigerte Natrium- beziehungsweise Kochsalzzufuhr (Natriumchlorid) wiederum geht häufig mit einem erhöhten Blutdruck einher. Damit erhöht sich auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Schlaganfälle oder Herzinfarte.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät, die Natriumzufuhr auf weniger als zwei Gramm pro Tag zu beschränken und auf stark natriumhaltige Lebensmittel sowie auf Nachsalzen des Essens zu verzichten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt deshalb, täglich höchstens sechs Gramm Salz zu sich zu nehmen.
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Bluthochdurck: Viele Deutsche essen viel zu viel Salz
In Deutschland liegt der durchschnittliche Konsum jedoch weit darüber. Bei etwa 70 Prozent der Frauen und bei circa 80 Prozent der Männer beträgt er laut einer DGE-Studie zur Gesundheit in Deutschland mehr als sechs Gramm pro Tag. 39 Prozent der Frauen und 50 Prozent der Männer nehmen sogar mehr als zehn Gramm Speisesalz täglich zu sich.
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„Das liegt unter anderem an sogenannten versteckten Natriumquellen“, erklärt Professor Ulrich Kintscher von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung (DGK). Das seien Nahrungsmittel und Präparate zum Einnehmen, bei denen nicht immer direkt zu erkennen ist, wie viel Natrium sie enthalten. Beispiele hierfür seien Wurst, Käse oder Ketchup.
Laut einer Studie von Forschenden des Universitätsklinikums des Saarlandes (UKS) gehören auch Brausetabletten zu diesen versteckten Natriumquellen. Sie hatten verschiedene Produkte untersucht, die als Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente verkauft werden.
Brausetabletten: Bedeutende Natriummengen in Schmerzmitteln
Mit einer speziellen Messmethode bestimmten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Natriumgehalt von 39 Vitamin-, Mineral-, Calcium- und Magnesium-Brausetabletten aus deutschen Drogerie- und Supermärkten sowie Discountern. Zudem analysierten sie 33 frei verkäufliche, apothekenpflichtige Schmerzmittel, Husten- und Erkältungsmedikamente sowie Calciumpräparate, die als Brausetabletten erhältlich sind.
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Das Ergebnis: „Eine einzelne Vitamintablette enthält durchschnittlich 380 Milligramm (mg) Natrium. Das deckt bereits rund 20 Prozent des täglichen Tagesbedarfs“, sagt Professor Felix Mahfoud, leitender Oberarzt der Klinik für Kardiologie des UKS laut Mitteilung. Aber auch Arzneimittel-Brausetabletten enthielten eine bedeutende Menge Natrium, insbesondere Schmerz- und Erkältungsmedikamente. Diese hatten sogar einen Natriumgehalt von durchschnittlich 450 mg pro Tablette.
Forschende fordern Hersteller zum Handeln auf
„Die Ergebnisse sind von großer Relevanz für das Management von Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck. Vielen ist der Natriumgehalt von Brausetabletten gar nicht bekannt“, warnt Dr. Michael Kunz vom UKS. Auf apothekenpflichtigen Mitteln müsse der Natriumgehalt angegeben werden, da werde er aber oft nicht beachtet. „Auf Produkten aus Drogerien und Supermärkten muss er gar nicht angegeben werden“, so Kunz.
Das Forscherteam fordert daher, dass die Hersteller von Brausetabletten verpflichtet werden sollten, den Natriumgehalt und das damit verbundene Risiko auf der Verpackung anzugeben. Besser noch wäre, die Zusammensetzung der Brausetabletten zu überarbeiten und möglichst Natrium einzusparen. Patientinnen und Patienten sollten zudem angehalten werden, den Konsum von natriumhaltigen Brausetabletten stark einzuschränken und auf andere Dosierungsformen wie Tabletten auszuweichen.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat in Deutschland jeder dritte Erwachsene einen Bluthochdruck, betroffen seien rund 20 Millionen Erwachsene. In der höchsten untersuchten Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen haben sogar drei von vier Erwachsenen eine Hypertonie. Etwa einer von fünf Erwachsenen mit zu hohem Blutdruck weiß davon nichts.
Der Grenzwert für hohen Blutdruck liegt laut RKI bei 140/90 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg). „Bereits unter diesem Grenzwert kann der Blutdruck das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen“, so das RKI. Daher gelte als optimal, wenn der Blutdruck unter 120/80 mmHg liege.