Berlin. Darf man am Arbeitsplatz den Kugelschreiber einstecken oder das Diensthandy privat nutzen? Experten sagen, was zulässig ist.
Eine Kündigung bei der Arbeit wegen Stromkosten von 40 Cent – was absurd klingt, wurde für einen Hotelrezeptionisten in Düsseldorf bittere Realität: Er lud sein privates Hybridauto an einer Steckdose seines Arbeitgebers auf und wurde wegen den dadurch entstandenen Stromkosten von 40 Cent gekündigt. Obwohl das Arbeitsgericht letztendlich zu Gunsten des Hotelrezeptionisten entschied – eine Abmahnung wäre laut Gericht in dem Fall ausreichend gewesen – , stellt sich unweigerlich die Frage, was auf der Arbeit eigentlich erlaubt ist und was nicht. Dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Beispiel private Dokumente bei der Arbeit ausdrucken, den Kugelschreiber aus dem Büro einstecken oder berufliche E-Mails von einer Künstlichen Intelligenz (KI) schreiben lassen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer auf der Arbeit schnell mal eine Konzertkarte oder ein anderes privates Dokument ausdruckt, verschwendet vermutlich keinen Gedanken an die möglichen Konsequenzen. Dabei wäre das mitunter angebracht, denn theoretisch könnte eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber einem Angestellten vorwerfen, er habe Toner verbraucht und Papier gestohlen, erklärt Fachanwalt Peter Meyer, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Die private Nutzung des Eigentums vom Arbeitgeber – dazu zählen Computer und Drucker genauso wie Papier oder Toner – bedürfe daher „grundsätzlich der Genehmigung des Arbeitgebers“. Diese kann laut Meyer aber auch stillschweigend durch Duldung erfolgen.
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Kugelschreiber einstecken oder privat drucken – diese Konsequenzen drohen
Hat der Arbeitgeber nicht ausdrücklich jegliche private Nutzung der betrieblichen Arbeitsmittel verboten, ist Meyer zufolge „erlaubt, was die Betriebstätigkeit nicht stört und keine erheblichen Kosten für den Arbeitgeber verursacht“. Was das genau heißt, komme auf den Einzelfall an. In der Regel dürfte es erlaubt sein, dass ein Arbeitnehmer mal zwei Seiten ausdruckt. Das gilt vor allem dann, wenn Angestellte solche Dinge in ihrer Pause erledigen. „Dies ist normalerweise kein Problem und geduldete Praxis“, sagt Meyer.
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Der Rechtsanwalt Jan Paul Seiter macht in einem Blogeintrag auf „Anwalt.de“ allerdings deutlich, dass es – anders als im Strafrecht – im Arbeitsrecht nicht auf den Wert der Sache ankomme. Im Vordergrund stehe „der Bestand des arbeitsrechtlichen Vertrauens“. Und durch einen Diebstahl, egal ob es nur der Kugelschreiber, ein Briefumschlag oder eben das Druckerpapier ist, wird dieses Verhältnis laut Seiter „grundsätzlich nachhaltig gestört“ und könnte somit einen guten Grund für eine Kündigung darstellen.
Klar sollte, so Meyer, daher sein: „Wer fünf Exemplare seiner Doktorarbeit am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit auf Kosten des Arbeitgebers druckt und bindet, muss damit rechnen, dass das arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann“. Ähnlich sieht es laut dem Anwalt aus, wenn ein Arbeitnehmer zum Beispiel private Telefonkosten in Höhe von 1.700 Euro in vier Monaten verursacht.
Während der Arbeit im Internet surfen: Ist das erlaubt? Expertin klärt auf
Doch auch wenn die Kosten geringer ausfallen, ist die private Nutzung des Diensthandys während der Arbeitszeit tabu, wie Livia Merla, Fachanwältin für Arbeitsrecht der mgp-Kanzlei in Berlin, auf Anfrage dieser Redaktion erklärt. „Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit gar nicht privat im Internet surfen“, so die Expertin. Gibt es dazu jedoch keine klaren Regelungen, stellt sich laut der Fachanwältin oftmals die Frage, ob es inzwischen nicht „normal“ ist, auch mal privat im Internet zu surfen. Dies dürfte in „einem angemessenen Rahmen“ vertretbar sein, erläutert Merla.
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Bei einer exzessiven Nutzung des Internets sei das jedoch nicht mehr vertretbar, und die betreffende Person laufe Gefahr, „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ zu erleiden. Denn „Arbeitszeit ist nun einmal Arbeitszeit“, so Merla. Eine mangelnde Arbeitsleistung könnte daher als Arbeitszeitbetrug gewertet werden, bei dem schlimmstenfalls auch eine Kündigung drohe.
Diensthandy in der Freizeit nutzen: Was Sie wissen müssen
So berichtet die Fachzeitschrift „Arbeit und Arbeitsrecht“ zum Beispiel von einem Arbeitnehmer, dem von seinem Arbeitgeber gekündigt wurde, weil er in einem Zeitraum von 30 Arbeitstagen insgesamt etwa fünf Tage das Internet zu privaten Zwecken genutzt hatte. Wegen dieser erheblichen privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit bewertete das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg diese außerordentliche Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung für wirksam.
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Doch nicht nur das Surfen während der Arbeitszeit, sondern auch die Nutzung des Diensthandys in der Freizeit, kann Konsequenzen haben. Arbeitgeber können nämlich gänzlich verbieten, dass ein Mitarbeiter auf dem Firmenlaptop oder Handy privat im Internet surft, erklärt Fachanwältin Merla. Die Gefahr von Viren, die man sich beim Surfen im Internet einfangen kann, sei hier in der Regel der Hintergrund. Verstößt ein Arbeitnehmer hiergegen, verletzt er laut der Fachanwältin ebenfalls seine „arbeitsvertraglichen Pflichten“.
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Darf man ChatGPT und Co. bei der Arbeit nutzen? Das sagt ein Fachanwalt
Diese spielen auch bei einem anderen arbeitsrechtlich relevanten Thema eine große Rolle, das momentan in aller Munde ist: Künstliche Intelligenz und KI-Chatbots. Denn auch, wenn es verlockend sein kann, die nervige, lange Mail an den Kunden einfach von ChatGPT schreiben zu lassen, sollten Arbeitnehmer dabei Vorsicht walten lassen.
Meyer verweist hier auf Paragraf 613 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Demnach muss der Arbeitnehmer seine Dienstleistungen höchstpersönlich erfüllen. „Und KI ist etwas anderes als eine Fräsmaschine oder das Korrekturprogramm“, so Meyer. „Das ist etwas, was die ganze Arbeit sozusagen übernimmt“. Man könne also „sehr darüber streiten, ob man dann noch höchstpersönlich die Arbeiten erbringt.“
KI bei der Arbeit: „Mit der Zustimmung des Arbeitgebers ist alles möglich“
Und es gibt noch einen weiteren Aspekt. „Das ist die Fürsorgepflicht des Arbeitnehmers“, sagt der Fachanwalt. Sie ergibt sich aus Paragraf 241 Absatz 2 BGB. Demnach muss der Arbeitnehmer auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht nehmen. Im Fall der Nutzung von KI könnten das Meyer zufolge „zum Beispiel Interessen des Urheberrechts sein oder des Datenschutzes“. Das spiele vor allem dann eine Rolle, wenn Beschäftigte nicht nur kurze E-Mails, etwa zur Terminbestätigung, sondern umfassende Ausarbeitungen für Kunden von einer KI erstellen lassen. „Das muss immer mit Zustimmung des Vorgesetzten erfolgen, wenn Sie solche Leistungen von ChatGPT übernehmen lassen wollen“, sagt Meyer.
Wer ohne Zustimmung des Arbeitgebers KI nutzt – und dies auch nicht offenlegt – , handelt sich also womöglich Ärger ein. Das gilt erst recht, wenn man KI trotz Verbots des Arbeitgebers verwendet. „Dann muss man damit rechnen, dass man eine Ermahnung, Abmahnung und vielleicht im wiederholten Fall auch eine Kündigung bekommt“, so Meyer. Der Fachanwalt weist jedoch daraufhin, dass andersherum, sprich mit der Zustimmung des Arbeitgebers, „alles möglich“ sei, was den Einsatz von KI betrifft.