Berlin. Darf man während der Arbeitszeit zum Arzt oder muss man frei nehmen? Eine Expertin erklärt: Das sagt das Arbeitsrecht zu Arztterminen.
- Für Menschen, die in Vollzeit arbeiten, ist es mitunter schwer, einen Arzttermin außerhalb der Arbeitszeit zu bekommen
- Doch darf man auch einen Termin wahrnehmen, wenn man eigentlich arbeiten müsste?
- Eine Expertin erklärt: Das sagt das Arbeitsrecht
Das Dilemma kennen vermutlich viele Menschen: Man braucht einen Termin beim Arzt, doch der einzige, der in absehbarer Zukunft frei ist, liegt mitten in der eigenen Arbeitszeit. Darf man den Termin also wahrnehmen und während der Arbeit schnell mal zum Arzt gehen oder muss man warten, bis es wieder andere, freie Termine gibt?
"Streng genommen sind Arzttermine eine private Angelegenheit des Mitarbeiters", erklärt Livia Merla, Fachanwältin für Arbeitsrecht der mgp-Kanzlei in Berlin, auf Anfrage dieser Redaktion. "Nach Möglichkeit" sollten diese daher außerhalb der Arbeitszeit genommen werden. Auf Grund zunehmend flexibler Arbeitszeiten sei das laut Merla oftmals auch möglich.
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Expertin erklärt, welche Arzttermine man während der Arbeitszeit wahrnehmen darf
Doch was ist, wenn man im Büro plötzlich Fieber bekommt oder ein fieses Kratzen im Hals hat und eigentlich gern zum Arzt gehen würde? "Entscheidend ist dabei, ob der Arztbesuch während der Arbeitszeit wirklich notwendig ist", erklärt die Fachanwältin. Wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter während der Arbeitszeit akut krank wird und auf eine ärztliche Versorgung angewiesen ist, sei das "natürlich der Fall", und daher absolut legitim, während der Arbeitszeit zum Arzt zu gehen.
Anders sehe es jedoch bei "allgemeinen Routinechecks oder Vorsorgeuntersuchungen ohne akute Beschwerden" aus. Diese fallen laut Merla nicht in die Kategorie eines akuten Notfalls. "Daher argumentieren Arbeitgeber in diesen Fällen häufig damit, dass solche Termine auch unproblematisch außerhalb der regulären Arbeitszeiten wahrgenommen werden können", erläutert die Fachanwältin. Sollten jedoch tatsächlich keine anderen Termine außerhalb der Arbeitzeit verfügbar sein, dürfe man auch einen Termin während der Arbeit ausmachen.
Das Gleiche gelte, so Merla, für "spezielle Untersuchungen", die nur zu bestimmten Zeiten durchgeführt werden können, wie zum Beispiel ein Besuch bei einem Facharzt oder eine Blutuntersuchung in den Morgenstunden. Auch die dürften während der Arbeitszeit wahrgenommen werden.
Unter diesen Umständen muss der Arbeitgeber während eines Arzttermines Lohn zahlen
Das führt unweigerlich zu dem nächsten potentiellen Konfliktpunkt, der laut der Fachanwältin, "in der Praxis häufig für Streit sorgt": Ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter während eines solchen nicht verschiebbaren Arzttermines in der Arbeitszeit weiterhin Lohn zu zahlen?
Ja, meint Merla. "In diesen Fällen muss der Vorgesetzte den Mitarbeiter nicht nur freistellen, sondern auch das Entgelt weiterzahlen". Allerdings käme das immer auch auf die Tarif- oder Arbeitsverträge an. Teilweise würden die laut der Fachanwältin "anderweitige Regelungen" vorsehen.
Wer nun hinterlistigerweise auf die Idee kommt, einfach zu behaupten, es gebe ausschließlich Termine, die in der Arbeitszeit liegen, sollte vorsichtig sein: "Kommt es zum Streit, müsste der Arbeitnehmer beweisen, dass der Termin nicht außerhalb der Arbeitszeit hätte wahrgenommen werden können", erklärt die Fachanwältin für Arbeitsrecht.
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