Berlin. Eine aktuelle Studie zeigt, was Paare miteinander verbindet. Doch stärken Gemeinsamkeiten eine Beziehung? Eine Pychologin klärt auf.
Es heißt: Gegensätze ziehen sich an. Oder vielleicht doch nicht? Darauf deutet jedenfalls eine aktuelle Studie aus den USA hin. Demnach verlieben sich heterosexuelle Menschen eher in Personen, die ihnen in vielen Bereichen ähnlich sind. Die im Fachblatt „Nature Human Behaviour“ veröffentlichte Arbeit widerlegt also das alte Sprichwort. Erstautorin Tanya Horwitz fasst es in einer Mitteilung so zusammen: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Vögel mit ähnlichen Federn tatsächlich eher zusammen fliegen.“ Doch es gibt auch Bereiche, in denen sich viele Paare unterscheiden.
Forscher: Menschliche Paarung wahrscheinlich kein Zufall
Für die Studie führte das Forschungsteam der University of Colorado Boulder (USA) eine umfassende Metaanalyse durch, für die es 199 frühere Arbeiten analysierte. Dazu verwendeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten von fast 80.000 Paaren aus Großbritannien. Untersucht wurden 133 verschiedene Merkmale – von politischen Einstellungen bis zum Alter des ersten Geschlechtsverkehrs. Gleichgeschlechtliche Paare wurden in die Studie nicht einbezogen. Wegen möglicher Abweichungen wollen die Forschenden eine separate Untersuchung machen.
In 89 Prozent der Fälle, also bei 118 Merkmalen, fanden die Forscherinnen und Forscher einen signifikanten positiven Zusammenhang. Das bedeutet, dass heterosexuelle Paare in der Regel ähnliche Eigenschaften und Einstellungen teilen. „Viele Modelle in der Genetik gehen davon aus, dass die menschliche Paarung zufällig ist. Diese Studie zeigt, dass diese Annahme wahrscheinlich falsch ist“, sagt der leitende Autor Matt Keller in der Mitteilung der Universität.
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Größe und Gewicht: Diese Rolle spielen oberflächliche Merkmale in der Partnerschaft
Einige Eigenschaften kamen besonders oft gemeinsam bei Paaren vor. Dazu gehörten politische und religiöse Ansichten, das Bildungsniveau, die Intelligenz, das Geburtsjahr. Auch bei Gewohnheiten wie Zigaretten- oder Alkoholkonsum waren sich die Menschen mit ihrem Partner sehr ähnlich. Die Forscher vermuten, dass viele Gemeinsamkeiten dadurch zustande kommen, weil die Menschen in den gleichen Gebieten aufwachsen und leben. Einige fühlen sich von ihresgleichen angezogen, andere werden sich erst mit der Zeit immer ähnlicher.
Oberflächliche Merkmale wie Größe oder Gewicht waren wiederum weniger übereinstimmend, ebenso medizinische Probleme. Auch Persönlichkeitsmerkmale waren Nebensache – etwa, ob jemand extrovertiert oder introvertiert ist. „Die Menschen haben all diese Theorien, dass Extrovertierte Introvertierte mögen oder dass Extrovertierte andere Extrovertierte mögen. Aber tatsächlich ist es so, als würde man eine Münze werfen“, sagt Horwitz.
Unterschieden haben sich die Paare dazu noch beim Schlaftyp, also ob jemand Frühaufsteher oder Langschläfer ist, ob jemand dazu neigt, sich Sorgen zu machen und wie gut jemand hört.
Psychologin: Zu große Ähnlichkeit nicht förderlich für eine Beziehung
Grundsätzlich sei es eher besser, Gemeinsamkeiten zu haben als Gegensätze, sagt die Diplom-Psychologin Sandra Jankowski. „Zu viele Gegensätze können Probleme in der Kommunikation und Streits verursachen.“ Schwierig könne es werden, wenn Paare unterschiedliche Familien- und Zukunftspläne hätten. Auch unter verschiedenen politischen Ansichten könnte die Partnerschaft leiden. „Zu viel Streit verkraftet eine Partnerschaft nicht“, sagt Jankowski, die Mitglied im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) ist. „Die goldene Regel sagt: Ein Streit muss mit fünf schönen Situationen ausgeglichen werden.“
Allerdings betont sie, dass eine zu große Ähnlichkeit auch nicht förderlich für eine Beziehung sei. „Das kann dazu führen, dass man sich langfristig nichts mehr zu sagen hat und dann eher wie Bruder und Schwester wird. Wenn der Austausch fehlt, werden zu starke Gemeinsamkeiten gefährlich.“
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Frühere Studien: Menschen mögen Dinge, die ihnen ähnlich sind
Schon frühere Untersuchungen zeigten: Gleich und gleich gesellt sich gern. So zum Beispiel eine im Fachjournal „Psychological Science“ veröffentlichte Arbeit, die die digitalen Facebook-Spuren der Menschen untersucht hat. Dabei wurde geschaut, was den Menschen gefällt und was sie gepostet haben. Die Wissenschaftler stellten fest, dass Menschen gern mit Dingen interagieren, die ihnen ähnlich sind, zumindest online.
Eine andere Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift „Journal of Personality and Social Psychology“, sammelte Informationen von 1523 Paaren, Freunden und Bekannten und befragte sie zu ihren Werten, Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen. Die Forscher stellten fest, dass diese Menschen in all diesen Faktoren 86 Prozent Ähnlichkeit aufwiesen.
Gegensätze ziehen sich an – woher das Sprichwort nun kommt, ist unklar. In der Wissenschaft tauchte es erstmals 1954 in einem Artikel des amerikanischen Soziologen Robert F. Winch auf. Dieser hatte die Theorie: Menschen suchen in ihrer Partnerin oder ihrem Partner Eigenschaften, die ihnen selbst fehlen.