Berlin. Christel hat die Enkel betreut, während ihre Schwiegertochter fremdging. Wie soll sie sich jetzt verhalten? Eine Expertin gibt Tipps.
Affären verletzen oft nicht nur die betrogenen Partner – häufig ist auch die Familie indirekt involviert. Wie fühlt es sich an, wenn man Abende mit Babysitten verbracht hat, während sich die betrügende Schwiegertochter mit ihrer Affäre im Hotel vergnügt hat? Wie schaut man rückblickend auf angebliche Urlaube „mit der besten Freundin“, während der man die Enkelkinder betreut hat? Eine Betroffene erzählt, eine Familientherapeutin gibt ihre Einschätzung.
„Ich liebe meine Enkelkinder, Thea und Silvie sind das Allergrößte für mich! Trotzdem will ich ihr ja nicht damit helfen, wenn die Mädels bei mir sind.“ Christel Niedermaier, die eigentlich anders heißt, hat nervöse Flecken im Gesicht, während sie von ihrem letzten Urlaub erzählt. Sie war mit den beiden Mädchen zusammen auf Kreta, als sie den Anruf ihres Sohnes bekam. Manuel, wurde von seiner Frau, Christels Schwiegertochter, betrogen.
Fremdgehen: Affären können sich auf die ganze Familie auswirken
Ein Seitensprung in der Beziehung ist nicht selten. Rund ein Drittel der befragten Frauen sowie rund ein Viertel der befragten Männer in Deutschland waren laut einer Studie der Online-Vermittlungsplattform Elitepartner in einer Beziehung schon untreu.
Bei einem Seitensprung bricht nicht nur für den betrogenen Partner eine Welt zusammen. Oft sind auch andere Personen – Familien und Bekannte aus dem Umfeld – involviert, die nachträglich mit einem schlechten Gewissen, Schuldgefühlen oder einem Gefühl der Machtlosigkeit zu kämpfen haben.
„Hätte ich geahnt, was zu Hause los ist, wäre ich gar nicht erst losgefahren“, sagt Christel Niedermaier über den gemeinsamen Urlaub mit den Enkelkindern. Im Nachhinein käme ihr alles wie eiskaltes Kalkül vor, hatte ihre Schwiegertochter Svenja doch den Urlaub vorgeschlagen, damit „die Mädels endlich mal wieder mehr Zeit mit ihrer Oma“ hätten.
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In der Abwesenheit der Familie habe Svenja ihrem Sohn eröffnet, dass sie sich scheiden lassen wolle – und, dass sie schwanger sei, einen neuen Partner habe sie nämlich auch. „Sie muss meinen Manuel schon Monate vorher betrogen haben und ist direkt zu ihrem neuen Partner gezogen“, sagt Christel.
Der untreuen Schwiegertochter den Rücken freigehalten
Besonders im vorausgegangenen halben Jahr habe sie häufig auf Thea und Silvie aufgepasst. „Manuel hat mir erzählt, dass das alles gerade etwas viel ist für meine Schwiegertochter – wieder zurück im Job und mit zwei Kindern. Ich habe die Kinder deshalb öfters abends zu mir genommen, damit Svenja auch mal ausgehen kann“, sagt Christel. Im Nachhinein vermutet sie, dass ihre Schwiegertochter genau diese Abende genutzt hat, um ihre Affäre zu treffen. „Das sind ja die einzigen Abende, an denen sie die Gelegenheit dazu hatte.“
Auch ein einwöchiger Urlaub mit einer Freundin auf Kreta vor einigen Monaten käme Christel inzwischen komisch vor: „Sie ist vorher nie allein verreist und hat auch keine Bilder gezeigt.“ Seitdem Christel von dem Seitensprung weiß, haben all die Nachmittage mit ihren Enkeltöchtern, all die Spaziergänge zum Kindergarten und zur Grundschule, von denen sie die Kinder abholte, einen bitteren Beigeschmack. „Ich will gar nicht wissen, warum mich meine Schwiegertochter so oft um Hilfe gebeten hat. Ich dachte immer, das sei einfach viel mit zwei Kindern.“
Kinderbetreuung verweigern: Hätte das den Betrug verhindert?
„Bei einem Seitensprung ist die Versuchung groß, Position zu beziehen“, sagt Beziehungscoach Kathrin Buser. Laut der Berlinerin setzen Familienmitglieder dabei gerne ihre eigenen moralischen Maßstäbe an, was schwierig sei – die wahren Gründe für den Betrug kenne schließlich nur das Paar. Auch wenn es schwerfalle, solle man versuchen, neutral zu bleiben. „Es ist irrational zu glauben, dass man in irgendeiner Art und Weise einen Einfluss auf das Geschehen in der Paarbeziehung hat“, sagt Buser.
Die Verweigerung der Kinderbetreuung hätte ihr zufolge den Betrug nicht verhindern können. „Wenn man sich das klarmacht, kann man die Zeit, die man mit den Enkeln verbracht hat, als ganz normale Oma-Enkelkinder-Zeit betrachten“, so Buser.
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Christel Niedermaier weiß dennoch nicht so recht, wie sie sich richtig zu verhalten habe. Einerseits wolle sie ihren Sohn unterstützen, wo es nur geht, sagt sie. Andererseits wolle sie ihrer Schwiegertochter nicht mehr unter die Arme greifen. Mit ihren 71 Jahren sei der Umgang mit ihren Enkeltöchtern ohnehin oftmals anstrengend.
Erst Seitensprung, dann Trennung: Ein Betrug und die Folgen
„Die Situation ist natürlich für alle schwierig“, sagt Manuel Niedermaier, Christels Sohn. „Ich sehe meine Ex-Frau jetzt mit anderen Augen. Und es wird bestimmt noch dauern, bis wir einen normalen Umgang miteinander finden. Da müssen wir uns jetzt zusammenreißen.“ Ihm sei wichtig, dass die Kinder nicht instrumentalisiert werden. Deshalb habe er auch ohne Widerspruch Geld für die gekauften Kinderbetten in der neuen Wohnung seiner Ex-Frau beigesteuert – obwohl sie sich die Wohnung mit ihrem neuen Partner teile.
Von Schuldzuweisungen hält der 43-Jährige nichts. Darüber werde man sicher noch während der Scheidung sprechen, in der Beziehung jedoch sei die Frage müßig. „Wir sind am Ende ja beide an der Beziehung gescheitert“, sagt Manuel. „Das Gefühl, betrogen worden zu sein, ist natürlich trotzdem kein schönes Gefühl.“
Manuel lebt aktuell allein und ist dabei, das Geschehene aufzuarbeiten. Auch wenn manches in seiner Ehe aus der Rückschau für ihn jetzt anders aussehe, sei er in vielen Momenten dennoch glücklich gewesen – diese Gefühle lasse er sich auch im Nachhinein nicht mehr wegnehmen.