Berlin. Bei „Maischberger“ geht es um die Großthemen Zuwanderung und Bürgergeld. Die Sendung zeigt: Mit Schwarz-Grün dürfte es schwer werden.

In der Ampel kracht es seit geraumer Zeit heftig – bei vielen wichtigen Themen liegen die Koalitionspartner über Kreuz oder blockieren sich gegenseitig. Schwarz-Grün galt einmal als mögliche Alternative: Als Modell gelten die Regierungen in NRW und Baden-Württemberg. Im TV-Talk von „Maischberger“ zeigt sich allerdings, dass das in der jetzigen bundespolitischen Großwetterlage nicht gut oder besser: gar nicht funktionieren wird.

In der Sendung formuliert der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, eine Komplettabsage: „Wir brauchen einen Politikwechsel – und der ist mit den Grünen nicht möglich“, wirft er Bundesumweltministerin Steffi Lemke vor.

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In der Sendung geht es um die innenpolitischen Themen, die derzeit für die unversöhnlichsten Debatten sorgen: Die Begrenzung der Zuwanderung – zum Beispiel durch das Instrument der Bezahlkarten und die sozialen Leistungen, insbesondere das Bürgergeld, das die CDU unter dem Vorsitzenden Friedrich Merz wieder deutlich stärker an Bedingungen koppeln möchte – zum Beispiel die Bereitschaft, sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen.

Warum eigentlich schämt sich die SPD für eine erfolgreiche Politik

In der Aufwärmrunde zitiert der (SPD-nahe) Schauspieler Walter Sittler Statistiken, wonach nur ein verschwindend geringer Anteil der Bürgergeld-Bezieher die Aufnahme einer Arbeit verweigern würde. In der Realität lässt sich das allerdings nach dem zeitweisen kompletten Wegfall von Sanktionen für diese Fälle gar nicht genau messen.Kristina Dunz, Stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des Redaktionsnetzwerks Deutschland, widersprach auch im Grundsatz: Von 3,9 Millionen Bürgergeld-Empfängern gelten etwa zwei Millionen als arbeitsfähig. Diese wieder in Arbeit zu bringen durch Reglementierungen des Bürgergeldes sei ein legitimer Ansatz.

Christoph Schwennicke, Mitglied der Chefredaktion von „T-Online.de“, warf der jetzigen SPD vor, die richtigen sozialpolitischen Schritte der Regierung Schröder zurückzudrehen – namentlich Hartz IV und die Rente mit 67: Statt stolz zu sein auf eine Politik, die 20 Jahre wirtschaftliche Stabilität und eine Festigung der Sozialsysteme beschert habe, schäme man sich dafür.

Die Rente mit 67 sei ausgehöhlt worden und man habe nun das „freundlich klingende“ Bürgergeld statt Hartz IV. Aber, so Schwennicke: Auch hinter dem Bürgergeld müsse die Vereinbarung stehen, dass die Solidargemeinschaft hilft, wenn jemand seinen Job verloren hat – aber der bemüht sich im Gegenzug auch, wieder einen zu finden, um das Hilfe-System zu verlassen. Das sei momentan aufgeweicht und daher falsch.

Zuwanderung: „Es gibt keine Goldrandlösung“

Ähnlich kontrovers, aber deutlich hilfloser wurde das Thema Zuwanderung debattiert: Einig war sich die Runde, dass die von der CDU geforderte Obergrenze nicht mit den bestehenden Gesetzen in Einklang stehen – denn was passiert mit Flüchtlingen, die kommen, wenn das Kontingent erschöpft ist. Aber zumindest Dunz und Schwennicke waren sich auch einig, dass die Zahlen sinken müssen – da die Leistungsfähigkeit der Kommunen erreicht – und damit auch keine ordentliche Integration der Ankommenden möglich sei.

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Schwennicke plädiert für die Pläne, mit Ländern wie Ägypten oder Tunesien Verträge zu schließen, um schon vor den EU-Außengrenzen jene Menschen abzuweisen, die keine Chance auf ein Bleiberecht in Deutschland haben. Der Weg fand keinen echten Beifall. Aber: „Eine Goldrandlosung gibt es nicht“, betonte Schwennicke. In der Tat: Will man eine Lösung des Zuwanderungsthemas, als de facto eine Verringerung, dann wird es allenfalls praktikable Lösungen geben – und man muss wahrscheinlich vom hohen moralischen Ross ab steigen.

Und – zack – eskaliert die Diskussion

Darum ging es letztlich auch im Schlagabtausch zwischen Dobrindt und Lemke. Dobrindt, von der Moderatorin als „Grünenfresser“ eingeführt, wirft der Partei vor, sie polarisiere der Gesellschaft, indem sie eine ideologisch gefärbte Politik durchboxt – gegen die Mehrheit einer Bevölkerung. Beispiel Heizungsgesetz: Obwohl klar sei, dass mit dem Heizungsgesetz nur drei Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden kann, würden den Hausbesitzern exorbitante Investitionskosten aufgezwungen.

Und gleichzeitig habe man die letzten drei Atomkraftwerke abgeschaltet – und so Deutschlands CO₂-Ausstoß um 15 Millionen Tonnen erhöht. Lemke verteidigt, sich mit dem Hinweis, dass die Partei versuche, als richtig erkannte Politik umzusetzen – und dabei passierten mitunter Fehler. Beim Heizungsgesetz habe man diese auch rasch korrigiert. „Nichts tun gegen den Klimaschutz heißt, man steckt den Kopf in den Sand.“

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Dobrindt warf den Grünen außerdem vor, die bundesweite Einführung der Bezahlkarte zu blockieren, ebenfalls aus ideologischen Gründen. Mit der Bezahlkarte soll die Auszahlung von Bargeld an Asylbewerber und Flüchtlinge ersetzt werden – die staatlichen Leistungen seien ein Faktor, warum der Zustrom nach Deutschland so hoch – lautet die Begründung. Es geht als darum, diese sogenannten Pull-Faktoren zu verringern.

Lemke verweist darauf, es handele sich um eine weitreichende Maßnahme, die keine Menschen stigmatisieren dürfe. Es seien weitere Absprachen zur Umsetzung notwendig. Dobrindt platzt der Kragen: „Die Grünen wollen gar nicht, dass die Zahl der Flüchtlinge zurückgeht.“ Lemke kontert: Die Politik der Union und Dobrindts Argumente seien Ausdruck einer Ausländerfeindlichkeit.

Die Debatte, die auf beiden Seiten zuerst mit großer Disziplin geführt wurde, sie ist in Windeseile entgleist. Man kann sich tatsächlich nicht vorstellen, wie eine schwarz-grüne Koalition unter diesen Vorzeichen funktionieren soll.

Hier finden Sie die Sendung in der ARD-Mediathek