Duisburg. Ausstellung: Der Bildhauer war vom damals neuen Lehmbruck Museum so begeistert, dass er ihm von jeder Papier-Arbeit ein Exemplar widmete.
Die Zeiten, da Henry Moore, dem Publikum der „Tagesschau“ fast jeden zweiten Abend begegnete, sind mit dem Umzug des Bundeskanzleramts nach Bonn schon eine Weile her. Aber mit seiner Groß-Skulptur „Two Large Forms“ hatte Henry Moore dem Vorplatz des Bonner Kanzlerbungalows die von Hausherr Helmut Schmidt und vielen anderen empfundene Tristesse genommen (Schmidt: „eine Mischung aus Westwall und lieblosem Heldenfriedhof“). Auch der Vorschlag, dort sanfte Hügel zu errichten und mit Rasen zu begrünen, stammte damals von Henry Moore.
Der Bildhauer hatte auch geahnt, dass seine abstrakte Bronze-Arbeit zunächst einmal Protest auslösen würde, was dann mit einer geifernden „Frankfurter Allgemeinen“ auch prompt geschah. Deshalb schlug Moore vor, die Skulptur dort zunächst leihweise zu platzieren. Nach zwei Jahren könnte dann der Bundestag über einen Ankauf abstimmen. Der Preis, schrieb Helmut Schmidt in seinem Nachruf auf den Künstler, sei äußerst maßvoll gewesen.
Henry Moore schenkte und verkaufte dem Lehmbruck Museum seine Grafiken
Eine ähnliche Mischung aus Wirkung, Bewusstsein und künstlerischen Entgegenkommen erlebte das ein Jahr zuvor eröffnete Lehmbruck Museum in Duisburg. Begeistert davon, dass da ein ganzes Museum schwerpunkthaft der Skulptur gewidmet war, sagte Henry Moore zu, künftig je ein Blatt all seiner entstehenden Grafiken Duisburg zu widmen „For Duisburg“ schrieb er dann immer unten links auf den Rand. Was nicht hieß, dass er sie dem Museum schenkte – aber auch hier sollen die Kaufpreise moderat gewesen sein.
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Und nun ist zum 60-Jährigen des Hauses ein ansehnlicher Teil dieser 470 Grafiken in der neuen Sonderausstellung des Lehmbruck unter dem naheliegenden Titel „For Duisburg“ zu sehen. Das reicht von den frühen Holzschnitten aus dem Jahr 1931, denen die Geburt des Künstlers Henry Moore aus dem Geist des Surrealismus deutlich anzusehen ist, bis zu Spätwerken wie der eigentümlich naturalistischen Serie von Schafen, die Moore 1974 in einem Mappenwerk vereinte (eine Diaprojektion in der Ausstellung zeigt auch, dass Schafe im Schatten von Moores Bronze-Riesen sich nicht nur wohlfühlen, sondern auch perfekt dorthin passen). Zu Themenschwerpunkten wie „Natur“ oder „liegende Figuren“ gruppiert, zeigen die grafischen Arbeiten Moores stetigen Versuch, Geometrie und natürliche Formen miteinander zu vereinen, eine Harmonie jenseits der Symmetrie zu finden. Besonders gelungen in der „Zwielicht“-Landschaft von 1950, die zu einer ganzen Reihe von Variationen zum Prometheus-Mythos gehört.
Henry Moores „Helmkopf“-Skulptur ragt in der Ausstellung heraus
All die 73 Lithografien, Zeichnungen und Kaltnadel-Radierungen verselbstständigten sich im Laufe der Zeit zu eigenen Werken. Als Vorarbeiten für seine Skulpturen taugten all die zweidimensionalen Formen nicht mehr, dazu fertigte er Maketten an, kleine Modelle. Die Magie, die Henry Moore ausmachte, konzentriert sich allerdings nirgends so sehr wie in der großen Bronzeskulptur aufrechte Innere/äußere Form aus dem Jahr 1951, die man in Duisburg aus der Hamburger Kunsthalle ausleihen konnte. Eine „Helmkopf“-Skulptur, wie Moore sie nannte, in der sich eine kleine Skulptur im Schutz, in der Umhüllung einer größeren befindet. Diese hier erzählt 1001 Geschichten von Mutter und Kind, von Schmutz und Gefahr, von Erotik und Liebe. Sie allein lohnt schon den Besuch der Ausstellung.
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Henry Moore: For Duisburg. Lehmbruck Museum, Friedrich-Wilhelm-Straße 40. Bis 19. Januar 2025. Geöffnet: Di-Fr 12-17 Uhr, Sa/So 11-17 Uhr. Eintritt: 9 €, erm. 5 €; Familien: 15 €. Sonntagsführungen: 10. November, 1.,8. und 22. Dezember., 5. und 19. Januar., jew. 11:30 Uhr. Begleitprogramm unter www.lehmbruckmuseum.de