Essen. Kurz vor seinem 70. Geburtstag bekommt William Kentridge den Internationalen Folkwang-Preis. Im September 2025 folgt eine Ausstellung in Essen.
Südafrika kennt das Sprichwort „Wenn der gute Arzt versagt, versuch‘s doch mal mit einem weniger guten Arzt“. Deshalb hat William Kentridge 2016 in Johannesburg das „Zentrum für weniger gute Ideen“ gegründet. Was schon deshalb eine gute Idee war, weil bis jetzt rund 2000 Kunstschaffende spartenübergreifend gearbeitet und sich weiterentwickelt haben, in Aufführungen, Workshops, Lehrprogrammen. „Ich“, sagt Kentridge, „nutze das Zentrum allerdings auch für meine eigenen Projekte!“
Und das sind nicht eben wenige. Zurzeit läuft auf der Biennale in Venedig noch die Video-Serie „Selbstporträt als ein Kaffeepott“ über Dinge, die im Kopf und im Atelier des Künstlers im digitalen Zeitalter entstehen können). Daneben arbeitet Kentridge ja auch als Opernregisseur – nicht nur an Klassikern wie der „Zauberflöte“ oder „Lulu“, sondern auch an Uraufführungen wie „Das große Ja, das große Nein“. Die feierte gerade in Arles Premiere – es geht um deutsche Flüchtlinge aus dem Nazi-Reich, die über Marseille nach Martinique der tödlichen Gefahr entkommen wollen.
„William Kentridge hat bleibende Maßstäbe für den innovativen Umgang mit Zeichnungen und Animationen gesetzt“
Den mit 10.000 Euro dotierten Internationalen Folkwang-Preis bekommt William Kentridge nun für all dies, sein Gesamtwerk also von den frühen, auf Kohle-Zeichnungen beruhenden Trickfilmen bis zu einem Bühnen-Gesamtkunstwerk wie „Sybil“, das Tanz, Literatur, Musik, Film und Zeichnung miteinander Funken schlagen lässt und vor zwei Jahren noch die Ruhrfestspiele in Recklinghausen eröffnete. Ulrich Blank, der Vorsitzende des Folkwang-Museumsvereins, der den Preis unregelmäßig vergibt, schwärmt von Kentridge: „Er hat bleibende Maßstäbe für den innovativen Umgang mit Zeichnungen, Bewegtbildern und Animationen in der Kunst gesetzt. Sein Ideenreichtum ist unbegrenzt, seine Grenzüberschreitungen sind legendär.“
Wenn man den Künstler fragt, welches Projekt ihn jetzt gerade beschäftigt, erzählt er von der Doppel-Ausstellung im Museum Folkwang und in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ab September nächsten Jahres: „Listen to the Echo“ („Lausche auf das Echo“). In Essen soll der Schwerpunkt auf Trickfilmen, Multimedia-Arbeiten, Zeichnungen und Skulpturen liegen, die den Aufstieg und Niedergang der Montanindustrie und den Kolonialismus verarbeiten.
Vorgänger von William Kentridge waren Neil McGregor, Reinhold Würth, Okwui Enwezor und Barbara Klemm
Der Internationale Folkwang-Preis ehrt Persönlichkeiten, die sich um Förderung und Vermittlung von Kunst im Sinne des Museumsgründers Karl Ernst Osthaus verdient gemacht haben. Bisher haben den Preis erhalten: der Museumsmanager Neil McGregor (2010), der Schraubenfabrikant und Sammler Reinhold Würth (2013), der Ausstellungsmacher Hans Ulrich Obrist (2015) und sein Kollege Okwui Enwezor (2017) sowie die Fotografin Barbara Klemm (2021).