Essen. Emojis gehören für viele zum Arbeitsalltag dazu. Aber was ist in der Büro-Kommunikation erlaubt – und was nicht? Ein Essener Experte gibt Tipps.
Äffchen, die ihre Gesichter verstecken, bunte Herzchen oder genervt rollende Augen: Insgesamt gibt es mehr als 3000 verschiedene Emojis. Sie werden längst nicht mehr nur im privaten Umfeld, sondern auch unter Kolleginnen und Kollegen verschickt. Die Mehrheit der Deutschen ist überzeugt, dass Emojis zum Arbeitsalltag dazugehören. Das hat eine Umfrage, die von Duolingo und Slack in Auftrag gegeben wurde, gezeigt.
Doch wann sind Smileys & Co. im Büro wirklich sinnvoll? Welche Emojis sind tabu? Und dürfen auch Führungskräfte Herzchen verschicken? Darüber hat Sophie Sommer mit Michael Beißwenger gesprochen, der an der Universität Duisburg-Essen zu Emojis forscht.
Haben Sie ein Lieblings-Emoji – und würden Sie dieses auch Ihren Kolleginnen und Kollegen schicken?
Michael Beißwenger: Im privaten Kontext mag ich zwei Emojis sehr gerne, die relativ neu sind: den Zerfließenden und den, der das Gesicht hinter seinen Händen versteckt. Dann noch den Klassiker, der aussieht wie das Gemälde „Der Schrei“ von Edvard Munch. Und den Kussmund-Smiley, den man aber in aller Regel nur mit bestimmten Partnern verwendet. Ich würde niemals sagen, dass Emojis auf der Arbeit nichts zu suchen haben. Emojis können die digitale Kommunikation unter bestimmten Bedingungen sinnvoll unterstützen. Ihre Verwendung sollte aber nicht dazu führen, dass man bei den Kollegen oder bei der Chefin aneckt.
Sind Kuss- und Herzchen-Emojis auf der Arbeit also tabu?
Ich würde nicht pauschal sagen, dass man seinen Kollegen niemals ein Herzchen schicken darf. Im Büroalltag geht es ja nicht immer nur formell zu: Im Pausenraum, in der Mittagspause, bei Treffen unter Kollegen nach Feierabend herrscht ja auch ein lockerer Ton. Durch das Home-Office verlagert sich ein Teil dieser Kommunikation, die der Beziehungsgestaltung dient, in den digitalen Raum. Und da erfüllen Emojis durchaus wichtige Funktionen.
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Und zwar?
Emojis leisten zwei wesentliche Aufgaben, die in jeder Art von Kommunikation eine Rolle spielen. Zum einen sind sie hilfreich dabei, Nachrichten verständlich zu machen. Zum anderen dienen sie der Beziehungsgestaltung. Die spielt auch am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle. Angenommen, man lobt seinen Kollegen vor Ort für eine Leistung, dann unterstreicht man das Gesagte mit einer freundlichen Geste, mit einem netten Tonfall, mit der Mimik. All das steht uns in der schriftlichen digitalen Kommunikation nicht zur Verfügung. Genau da können die Emojis einspringen. Ein „:-)“ am Ende einer Nachricht setzt das Lob zusätzlich ins Bild und unterstreicht dessen Wirkung.
Emojis bieten die Möglichkeit, zu kommunizieren, ohne eine lange Nachricht tippen zu müssen. „Daumen hoch“ für Zustimmung, „Daumen runter“ für Ablehnung. Können Emojis die Effizienz der Büro-Kommunikation steigern?
In bestimmten Kontexten kann man mit einem „Daumen hoch“ sehr effizient kommunizieren. Das geht aber nur, wenn die Frage sehr explizit gestellt wurde. Zum Beispiel: „Können Sie mir eine Literaturliste schicken?“ Wenn ich dann mit „Daumen hoch“ reagiere, ist klar, was ich damit meine. Emojis sind in ihrer Wirkung da besonders stark, wo sie das das sprachlich Geäußerte unterstützten.
Vorausgesetzt, man hat dasselbe Emoji-Verständnis. Allerdings kommt es oft vor, dass Emojis vom Sender und Empfänger unterschiedlich interpretiert werden. Ein beliebtes Beispiel: der Zwinker-Smiley , den einige nicht als reines Zuzwinkern verstehen, sondern als provokant oder anzüglich.
Wenn ich befürchte, dass ein Emoji zu Missverständnissen führen könnte, sollte ich es lieber gar nicht erst nutzen. Das gilt für die private Kommunikation, vor allem aber fürs Büro.
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Was kann ich tun, wenn ein Kollege oder eine Vorgesetzte mir einen Smiley schickt, mit dem ich mich unwohl fühle?
Ich würde zunächst eine andere Kollegin oder einen Kollegen fragen, wie sie oder er das Emoji deuten würde. Und im Zweifel den Sender um Klärung bitten und ganz direkt sagen: „Ich verstehe nicht, warum Sie mir hier ein Herzchen geschickt haben. Könnten Sie mir das erklären?“
Das Beispiel macht deutlich, dass man Emojis in der Kommunikation mit Kollegen und Angestellten immer bedacht nutzen und Emoji-Gewohnheiten aus der privaten Kommunikation mit Freunden oder mit dem Partner nicht unhinterfragt in die Bürokommunikation übertragen sollte. Das kann sonst rasch zu Missverständnissen auf der Beziehungseben führen, unter Umständen auch als übergriffig empfunden werden. Man sollte Emojis also nie inflationär nutzen.
Ab wann wird es denn zu viel?
Emojis im Arbeitskontext sind etwas ganz Neues, sodass es da noch keine gesellschaftlichen Konventionen gibt. Es gibt auch nicht nur die eine Büro-Kommunikation: Es gibt Gespräche mit der Chefin, mit Kolleginnen, mit externen Partnern, im Büro und in der Mittagspause, und in jedem dieser Kontexte gelten andere Bedingungen des angemessenen Umgangs.
Ich würde daher immer dazu raten – insbesondere, wenn man neu im Team ist – erst einmal zu gucken, ob und wie die anderen Kollegen Emojis nutzen. Und im Zweifel einfach den Kollegen des Vertrauens fragen, was angemessen ist. Eigentlich ist der angemessene Umgang mit Emojis nichts anderes, als einen angemessenen Dresscode fürs Büro zu finden. Es kommt auch durchaus vor, dass der Chef oder die Chefin Emojis in der Büro-Kommunikation nicht gerne sieht. Genauso gibt es aber auch Vorgesetzte, die selbst Emojis nutzen.
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Sollten Führungskräfte selbst Emojis verschicken oder laufen sie damit Gefahr, nicht ernstgenommen zu werden?
Ich denke, in eingespielten Arbeitsgruppen mit flachen Hierarchien und einem kooperativen Arbeitsklima, kann es durchaus motivierend und ermutigend sein, wenn der Chef oder die Chefin hin und wieder auch selbst ein Emoji verschickt. Allein die Tatsache, dass Emojis existieren und in der privaten Alltagskommunikation beliebt sind, bedeutet aber noch lange nicht, dass sie auch in beruflichen Kontexten unumgänglich sind. „Alles kann, nichts muss“, so sagt man doch im Ruhrgebiet.
Spielt dabei auch eine Rolle, wie jung das Team ist? Ist die Nutzung von Emojis also eine Generationenfrage?
Ich würde nicht unterschreiben, die Nutzung von Emojis ein altersgebundenes Phänomen ist. Auch ältere Menschen verschicken in privaten Chats gerne und zum Teil häufig Emojis. Im Betrieb kann es natürlich vorkommen, dass der eine oder andere Mitarbeiter bewusst keine Emojis nutzt, um zu signalisieren, dass ihm eine professionelle Distanz und ein eher sachlicher Stil wichtig sind. Das muss aber überhaupt nichts mit dem Alter zu tun haben.
Abgesehen von der internen Büro-Kommunikation. Darf ich zum Beispiel einer neuen Kundin oder einem Geschäfts-Partner Emojis schicken?
Im Zweifel gilt: lieber eine Stil-Ebene höher ansetzen, also lieber zu formell, anstatt zu informell zu schreiben. Dann ist man auf der sicheren Seite.
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