Berlin. Sie haben Angst vor einer Kaufsucht, aber kein Arzt nimmt Sie ernst? Expertin Gaby Guzek antwortet auf ganz persönliche Leserfragen.

Das Thema Sucht hat viele Gesichter und hinterlässt noch viel mehr Fragen – bei Betroffenen und auch Angehörigen. Hier können Sie sie stellen, egal zu welcher Art der . Sie bleiben garantiert anonym. Unsere Suchtexpertin Gaby Guzek beantwortet Ihre Fragen.

Sie haben Fragen zum Thema Sucht oder sind selbst betroffen? Schreiben Sie uns an sucht(at)funkemedien.de.
Die Redaktion behält sich vor, ausgewählte Leserfragen anonym zu veröffentlichen.

Dieses Mal beantwortet Expertin Gaby Guzek eine Lesermail zum viel diskutierten Thema Kaufsucht.

Die besten Artikel der Serie „Raus aus der Sucht“

Kaufsucht: Wohin kann ich mich wenden?

Im Serienteil Kaufsucht: Die wahren Gründe für unser zügelloses Shoppen – 5 Tricks für Betroffene erklärt Gaby Guzek die Hintergründe von übermäßigem Einkaufen im Internet.

Unsere Leserin fragt:

„Ich fühle mich sehr angesprochen, meine die Ursache zu kennen (Einsamkeit in der Kindheit, Mutter mit Suchtproblemen und vermutlich bei mir auch unentdeckte ADHS). Ich shoppe gerne, bin Profi im Finden guter Preise und weiß, dass ich gefühlt keine Grenze für meine Ausgaben kenne.

Ich habe bereits eine Ärztin auf der Reha angesprochen, diese Sucht wird aber nicht so ernst genommen. Es heißt nur: ‚Müssen Sie weniger Geld ausgeben oder weniger einkaufen‘ – Thema beendet. Ich bin sehr bemüht, im Moment geht es mir auch mental gut, aber ich weiß, die nächste böse Kurve kommt.

An wen kann ich mich wenden, wo gibt es dazu Literatur? Denn ich denke, ein anderes Verhalten muss langsam gelernt werden.“

Autorin Gaby Guzek ist Wissenschaftsjournalistin und Coach. In unserer Serie „Raus aus der Sucht“ beleuchtet sie verschiedene Süchte und Wege aus der Abhängigkeit.
Autorin Gaby Guzek ist Wissenschaftsjournalistin und Coach. In unserer Serie „Raus aus der Sucht“ beleuchtet sie verschiedene Süchte und Wege aus der Abhängigkeit. © Carmen Wilhelmer | Carmen Wilhelmer

Shoppingsucht: „Kann Symptom bei ADHS sein“

Expertin Gaby Guzek antwortet:

Leider ist es in der Tat so, dass Kaufsucht häufig nicht wirklich ernst genommen wird. Aber wenn es Sie tröstet: Auch Alkoholiker bekommen gar nicht selten vom Arzt zu hören: „Dann trinken Sie eben weniger.“ Da steckt einfach auch eine enorme Hilflosigkeit dahinter.

Die Profis sitzen – wie so oft – in den Suchtberatungsstellen. Die Beratung ist kostenlos und auf Wunsch sogar anonym. Interessanterweise gibt es oft auch bei den Schuldnerberatungen Menschen, die sich damit auskennen beziehungsweise die Ihnen kompetente Therapeuten empfehlen können. Denn dort landen ja die Betroffenen, denen die Shoppingsucht alles genommen hat.

Ansonsten: Schauen Sie im Internet mal nach, ob es in Ihrer Nähe nicht sogar eine Selbsthilfegruppe zu Verhaltensstörungen (dazu zählt die Kaufsucht) gibt. Dort kennt man die richtigen Anlaufstellen.

Ganz wichtig wäre aber aus meiner Sicht, zunächst das vermutete ADHS wirklich abzuklären und gegebenenfalls zu diagnostizieren. Denn wenn das tatsächlich dahinter steckt, ist die Kaufsucht nur ein Symptom. Das man nicht weg bekommt, solange ein ADHS die Wurzel ist.

Zur Person

  • Gaby Guzek ist seit mehr als 30 Jahren Fachjournalistin für Wissenschaft und Medizin.
  • Sie arbeitete nach ihrem Studium unter anderem bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der Fachzeitschrift „Die Neue Ärztliche“. Jahrelang selbst von schwerer Alkoholsucht betroffen und mit den Therapiemöglichkeiten unzufrieden, begann sie, sich intensiv mit dem Phänomen Sucht auseinanderzusetzen. 2020 veröffentlichte sie im Eigenverlag ihr Buch „Alkohol adé“* und steht heute als Coach unter gaby-guzek.com und in ihrem Forum alkohol-ade.com Alkoholsüchtigen zur Seite.
  • Ihr aktuelles Buch „Die Suchtlüge. Der Mythos von der fehlenden Willenskraft: Wie Sucht im Hirn entsteht und wie wir sie besiegen“ ist bei Heyne erschienen.

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Gaby Guzek: Die Suchtlüge
Der Mythos von der fehlenden Willenskraft: Wie Sucht im Hirn entsteht und wie wir sie besiegen. HEYNE Verlag, Taschenbuch mit 224 Seiten, 13 Euro

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