Berlin. Ein Schrebergarten kann im Alltag zur Belastungsprobe werden. Wer Fehler macht, riskiert Stress mit Unkraut und den Nachbarn.
Wenn die ersten Triebe sprießen, haben viele Hobbygärtnerinnen und -gärtner zwei Gefühle: die Freude über den Start der Saison und die Überforderung beim Gedanken an alles, was jetzt zu tun ist. Noch mal schnell googlen: „Wie geht der Obstbaumschnitt?“ Laub kehren, Rosen schneiden, Unkraut nicht mit jungen Staudentrieben verwechseln und ja nicht den Zeitpunkt verpassen, an dem die Hecke geschnitten werden darf, weil sonst empfindliche Bußgelder drohen. Der Kleingarten ist Rückzugsort und Lebensaufgabe zugleich.
Knapp 900.000 Kleingärtnerinnen und -gärtner sind unter dem Dach des Bundesverbandes der Kleingartenvereine Deutschlands organisiert. Berlin liegt mit rund 66.000 Schrebergärten deutschlandweit auf Platz eins. „In Berlin wartet man sechs bis acht Jahre auf eine Parzelle“, sagt Sandra von Rekowski, Pressesprecherin des Verbands. Doch wie bekommt man es hin, dass die ersehnte grüne Oase nicht zu einer zusätzlichen Belastung wird, weil Zeit oder Energie fehlt fürs Rasenwässern, Unkrautjäten oder den Streit mit dem Nachbarn über die zu hohe Hecke.
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In vielen Kleingartenvereinen gibt es genaue Bestimmungen, wie die Gartenfläche genutzt werden soll. Die Gartenordnungen können je nach den Vorschriften des Landesverbands sowie den Regeln der verschiedenen Kleingartenvereine variieren. So steht häufig in der Gartenordnung, dass auf einem Drittel der Fläche Obst und Gemüse angebaut werden muss. Das Problem: Nicht jeder hält sich an die Regelungen – es kommt zu Streitigkeiten.
Stress im Kleingarten: Mulchen bringt viele Vorteile
Sandra von Rekowski besitzt selbst einen 400 Quadratmeter großen Kleingarten in Berlin. Sie schwört darauf, ihren Boden zu mulchen. Im Herbst könne man Laub einfach im Beet liegen lassen. „Da muss man nicht so streng hinterher sein. Das Laub schützt die Pflanzen nämlich im Winter vor strengen Frösten“, sagt sie. Und zählt die Vorteile auf:
- Es müsse weniger Unkraut gezupft werden,
- das Wasser bliebe zudem besser im Boden,
- und man müsse weniger gießen.
Apropos gießen: Rekowski rät Kleingartenbesitzern dazu, Regentonnen aufzustellen. Das Regenwasser in den Tonnen ist im Sommer luftwarm. Gieße man die Pflanzen damit, würden sie besser als mit sehr kaltem Wasser gedeihen.
Die Natur hilft beim Gärtnern
Rekowski rät außerdem zu mehr Artenvielfalt im Schrebergarten. „Je mehr unterschiedliche Pflanzenarten ich im Garten habe, desto mehr Nützlinge kommen in den Garten, die die Schädlinge von selbst vertilgen“, sagt sie. Und gibt ein Beispiel: Angenommen, viele Läuse kleben unter Blättern im Gemüsebeet. Etwas weiter hat man eine Blumenwiese ausgesät, die Insekten wie Marienkäfer anlockt. Diese Insekten fressen die Läuse auf. „Ich sorge mit biologischer Vielfalt in meinem Garten dafür, dass mir geholfen wird. Ich muss nichts machen, die Insekten tun das für mich“, sagt sie.
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Auch der Standort ist entscheidend. Wie viel Sonne bekommen die Pflanzen? Wie viel Regen und Wind? Ist der Boden sandig oder schwer und lehmig? „Es gibt verschiedene Pflanzen, die auch für verschiedene Standorte gemacht sind. Man sollte sich informieren, an welchem Ort eine Pflanze gut gedeihen wird“, sagt Rekowski.
Technik im Kleingarten: Bewässerungscomputer verschafft Abhilfe
Carolin Engwert hat einen weiteren Tipp, um sich nicht unnötig viel Arbeit zu machen. Sie ist Gartenbuchautorin und bloggt regelmäßig über ihren Berliner Kleingarten. Anfänglich hatte Engwert Sorgen: Ständig muss an heißen Tagen gegossen werden. Ihre Lösung: ein Bewässerungscomputer. Eine selbst programmierte Zeitschaltuhr schaltet das Wasser an und wieder aus. Das spare eine Menge Arbeit. Sinnvoll sei es auch, sich einen Feuchtigkeitssensor zuzulegen. Falls es zusätzlich regnet und der Boden nass genug ist, unterbricht er die Bewässerung.
Um Geld zu sparen, teilt sich Engwert teure Gartengeräte mit anderen Vereinsmitgliedern. „Zum Gärtnern brauche ich nicht viele Dinge“, sagt sie. Eine scharfe Gartenschere, Schaufel, Schubkarren und Rechen seien genug.
Engwerts Geheimtipp: das Hori-Hori, ein japanisches Gartenmesser. Dieses vielseitige Werkzeug könne zum Graben, Schneiden, Umpflanzen und Entfernen von Unkraut verwendet werden. Mit seiner scharfen Klinge und robusten Konstruktion würde es verschiedene Gartenarbeiten erleichtern.
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Rekowski und Engwert empfehlen beide, mit Kompost zu düngen. Das spare Kosten, verbessere die Bodenqualität und fördere das Bodenleben. Im Kompost sind verschiedene Arten von winzigen Lebewesen enthalten. Dazu gehören unter anderem Bakterien, Pilze und Würmer. Diese Mikroorganismen wandeln Abfallstoffe in nährstoffreichen Humus um – ein natürlicher und umweltfreundlicher Dünger.
Kleingartengemeinschaft: Von den Nachbarn lernen
Schrebergärten sind auch gemeinschaftliche Treffpunkte. Wer sich eine Parzelle anschafft, solle sich innerhalb der Kleingartengemeinschaft engagieren wollen, sagt Engwert. „Ich finde die bunt gemischte Welt im Kleingarten großartig. Dort begegnen sich Menschen, die sich sonst niemals kennengelernt hätten.“
Laut Rekowski sei es auch sinnvoll, das Wissen der anderen Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern zu nutzen. „Wenn man nicht so viel Ahnung vom Gärtnern hat, kann es auch entlastend sein, einfach mit den Gartennachbarn ins Gespräch zu kommen.“ Sie haben möglicherweise gute Tipps und Tricks parat.
Die beiden Expertinnen beteuern, dass sie durch die Gartenarbeit auch viel für ihr eigenes Leben gelernt hätten. Um sich selbst nicht zu stressen, rät Engwert dazu, die eigenen Ansprüche herunterzuschrauben. „Das Obst und Gemüse muss nicht so aussehen, wie aus dem Supermarkt“, sagt sie. Unter weiter: „Gerade im Garten geht es darum, auch das Unvollkommene zu lieben.“ Der Garten habe sie Demut und Akzeptanz gelehrt. Es sei nicht schlimm, wenn Dinge nicht gleich so gedeihen, wie man es sich wünsche. „Das ist normal, so ist die Natur.“