Berlin. Eine Fettleber kann das Risiko für Diabetes oder Krebs erhöhen. Vermeintlich gesunde Ernährung kann dabei zur Falle werden.

  • Ein Viertel bis ein Drittel der westlichen Bevölkerung haben eine Fettleber
  • Warum Smoothies und Obst nicht immer gesund sind und wie sie zur Fettleber beitragen können
  • Bewegung und Ernährungsumstellung können helfen, die Leber zu regenerieren und warum sie das einzige Organ ist, das nachwachsen kann

Ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung in westlichen Ländern hat eine Fettleber. Und von Jahr zu Jahr werden es mehr. Eine verfettete Leber ist die häufigste Ursache eines chronischen Leberleidens. Dabei wird sie fast immer zufällig entdeckt: Sobald der Arzt bei den Patienten rechts unterhalb des Brustkorbs ein Ultraschallgerät entlangbewegt, tauchen die vier Leberlappen auf dem Monitor auf – durchsetzt mit kleinen Sprenkeln. Das sind Fetteinlagerungen, die dort nicht hingehören.

Das Fett in der Leber macht gleichwohl für kurze Zeit nichts. Auf Dauer aber ist es sehr gefährlich für die Gesundheit. Das ist das Fatale daran: „Die Fettleber ist der Anfang allen Übels“, sagt der Gastroenterologe Christian Trautwein vom Universitätsklinikum Aachen. Denn sie kann große Probleme nach sich ziehen: Die Leber selbst entzündet sich mit der Zeit, eine Hepatitis entsteht, ganz ohne die Beteiligung von Viren. Das sehen Ärzte auch unmittelbar an den Blutfettwerten.

Wird nichts unternommen, verliert die Leber ihre lebenswichtigen Funktionen: Nährstoffe umzubauen, Energie bereitzustellen und zugleich den Körper zu entgiften. Im schlimmsten Fall brauchen Betroffene gar ein Spenderorgan. Das verfettete Organ bedingt aber auch eine Entzündung im gesamten Körper, führt Trautwein aus. Auf die chronische Entzündung folgen oft Diabetes und Herzkreislauferkrankungen. Sogar die Gefahr eines Krebsleidens steigt um 15 Prozent, wie eine Studie 2020 ermittelte. Besonders Brustkrebs bei Frauen und Hautkrebs bei beiden Geschlechtern treten häufiger auf.

Fettleber: Nicht allein der Alkohol lässt das Organ verfetten

Die malade Leber steht nach gegenwärtigem Verständnis am Anfang einer Kaskade auf dem Weg zu den bedeutendsten Zivilisationskrankheiten. Vor diesem Hintergrund fordert die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten mit anderen Fachgesellschaften und Verbänden nun, die Bekämpfung der Fettleber als Gesundheitsziel im deutschen Sozialgesetzbuch zu verankern. Sie soll wie Diabetes und Übergewicht international in Präventionsprogramme aufgenommen werden.

Bei dem Wort „Fettleber“ zucken allerdings die meisten Patientinnen und Patienten zusammen, weiß Ansgar Lohse, Hepatologe am Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf und Buchautor des Sachbuchs „Das Schweigen der Leber“. Viele denken sofort an zu viel Alkohol. Auch der kann das Organ verfetten lassen. Doch seit Jahren sehen Ärzte und Ärztinnen mehr und mehr Menschen, die eine andere Form der Fettleber haben. Sie nennen diese auch „nicht-alkoholische Fettleber“. Sogar unter Kindern ist sie inzwischen zum häufigsten Leberleiden geworden.

Lebensstil spielt entscheidende Rolle

Schuld ist der Lebensstil: Zu viele Kalorien und zu wenig Bewegung machen die Leber krank. Verständlich wird das aus evolutionärer Sicht: Das Organ half Menschen in der Vergangenheit, Nährstoffe zu verdauen, aber auch für Notzeiten zu speichern. Kohlenhydrate können in der Leber in Form von Fett gespeichert werden.

Diese Eigenart der Leber ist durchaus nützlich: Zugvögel futtern sich vor der Abreise gen Süden mitunter eine Fettleber an. Diese spendet ihnen während des langen Flugs Kraft – und regeneriert sich wieder. „Aber derzeit haben wir überhaupt keine Fastenperioden mehr. Die meisten essen oder trinken tagsüber fast pausenlos, oft auch noch süße Getränke“, so Trautwein. Die Fettleber bunkert in der Folge immer weiter und wird als Energiereserve nie angezapft.

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Smoothies und Obst: Vermeintlich gesunde Ernährung schadet der Leber

Besonders schlecht für die Leber ist dabei Fruchtzucker, wie eine Reihe von Studien der letzten Jahre untermauert. Das Organ kann diesen Zucker nicht verstoffwechseln und hortet ihn direkt als Fett. Landläufig gelten aber ausgerechnet Säfte, Smoothies und viel Obst als gesund. Dass das ein Trugschluss ist, demonstrierte 2021 die Studie eines Teams um die Forscherin Bettina Geidl-Flück vom Universitätskrankenhaus Basel.

Sie reichte 94 gesunden Männern drei Getränke: Die einen bekamen eine fruchtzuckergesüßte Variante. Die anderen erhielten ein glucosehaltiges Pendant und die dritte Gruppe bekam das Getränk mit Haushaltszucker serviert. Haushaltszucker besteht aus einem Molekül Glucose und einem Molekül Fructose, die miteinander verknüpft sind. Nur die Fructose bahnt aber der Fettleber einen Weg, fand die Forscherin. Glucose bewirkte dies nicht.

Viel Bewegung, wenig Fruchtzucker: Leber kann sich regenerieren

„Unser Körper ist nicht dafür gemacht, dass wir zehn Mangos auf einmal essen“, warnt der Molekularbiologe Mathias Heikenwälder vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Er erforscht, wie die Fettleber und das Mehr an Krebsleiden zusammenhängen und weiß: Auch schlanke Menschen, die sich wenig bewegen und viel Süßes und Säfte zu sich nehmen, tun ihrer Leber keinen Gefallen.

„Die gute Nachricht ist, dass es eine ganz einfache Behandlung der Fettleber gibt“, sagt Lohse, „eine konsequente Umstellung des Lebensstils.“ Reichlich Bewegung und eine nicht zu hochkalorische, gesunde Ernährung, möglichst ohne Fruchtzucker, lassen das Organ wie bei den Zugvögeln nach dem langen Flug wieder in seine Balance kommen. 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche und höchstens 50, besser nur 25 Gramm Zucker pro Tag, empfehlen Experten. Die Leber ist nämlich auch das einzige Organ, das partiell nachwachsen kann. Sie ist also nicht nur stumm, sondern auch gutmütig.

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