Essen. Der Signa-Insolvenzverwalter Stapf räumt in Wien auf. Dem Verkauf von Galeria Karstadt Kaufhof will er nicht im Wege stehen.

Was bleibt übrig von René Benkos Immobilien- und Handelsimperium Signa? Was wird aus Galeria Karstadt Kaufhof? Der vom Wiener Gericht bestellte Insolvenzverwalter Christof Stapf bringt nach und nach Licht ins Dickicht des Firmengeflechts. In seinem Zwischenbericht an die Gläubiger der insolventen Signa Holding, der unserer Redaktion vorliegt, zeichnet er von der einstigen Schaltzentrale Benkos ein wenig schmeichelhaftes Bild aus minderqualifizierten Managern, einem kaum zu durchschauenden Beteiligungsnetz und dem Kontrollverlust über wichtige Unternehmensteile. Dazu gehört offenkundig auch die Schweizer Handelstochter, unter der Galeria Karstadt Kaufhof firmiert. Der angekündigte Verkauf der deutschen Warenhauskette wird damit wahrscheinlicher.

Zunächst räumt Stapf aber in der Wiener Zentrale auf: Er habe „die gesamte Geldgebarung an sich gezogen“, betont er, was bedeutet, dass er allein den Finger auf der Kasse hat. Damit etwas reinkommt, um die Sanierung überhaupt weiterführen zu können, verschont er auch Benkos persönlichen Leuchtturm nicht: Das Chrysler Building in New York. Er führe Gespräche über einen Verkauf der Beteiligung an der Signa RFR US Selection, der das einst größte Gebäude der Welt gehört. Benko hatte sich 2019 für kolportierte 150 Millionen US-Dollar ins Chrysler Building eingekauft.

Signa: Benkos Cessna wird verkauft

Meistbietend zu erwerben ist auch Benkos Privatjet, den er und andere in der Holding jahrelang für Geschäftsreisen genutzt haben, der Verkauf der Cessna Citation XLS sei im Gange, teilte Chefsanierer Stapf mit. Alle Repräsentationsaktivitäten, etwa Jagdveranstaltungen, seien „unmittelbar geschlossen“ worden, von den 42 Beschäftigten der Zentrale seien nur noch acht übrig. Auch seien die Mietverträge des Firmensitzes in zwei repräsentativen Wiener Innenstadt-Palais gekündigt worden. Für das Geschäft nicht notwendige Beteiligungen, etwa an Medienhäusern, würden ebenfalls aufgegeben. Unlängst hatte die Essener RAG-Stiftung Benko noch knapp ein Viertel der Anteile am „Goldenen Quartier“ in der Wiener Innenstadt abgekauft.

Für wie verzichtbar er die meisten Manager in Benkos Machtzentrale hält, machte Stapf gleich mit deutlich: Seine Überprüfung habe ergeben, „dass im Bereich des mittleren Managements der Gruppe ein Mangel an Managementkapazitäten mit übergreifendem Wissen besteht und die Holding ihrer Kontrollfunktion zuletzt nur mehr teilweise nachgekommen ist“. Das ist schlecht angesichts der Komplexität des Firmengeflechts: Allein die Holding habe 53 direkte Beteiligungen an Gesellschaften und mittelbare Beteiligungen an mehreren hundert weiteren Gesellschaften, erklärte Stapf und ergänzte zur Illustration: „Das vorläufige Organigramm der Gruppe umfasst insgesamt 46 Seiten im A3-Format.“

Signa-Sanierer steht zu Verkaufsplänen der Schweizer Galeria-Mutter

Für die Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof nicht unwichtig sind folgende Aussagen des vom Gericht bestellten Insolvenzverwalters der Signa Holding: Er sei bemüht, die Stabilisierung der Handelstöchter, auch der Signa Retail Selection zu unterstützen. Zu ihr gehört auch die Essener Warenhauskette Galeria mit ihren 91 Standorten und 12.500 Beschäftigten. Die in der Schweiz sitzende Gesellschaft hatte in Zürich Nachlassstundung beantragt, um sich von ihrer österreichischen Mutter abzukoppeln. Dies mit dem Ziel, ihre Beteiligungen selbst und unabhängig von der Zustimmung der Mutter veräußern zu können. Sie sollten - und damit auch Galeria - in den kommenden Monaten verkauft werden, teilten die Schweizer mit.

Der Kaufhof auf der Düsseldorfer Königsallee steht möglicherweise vor einem erneuten Besitzerwechsel, wenn Galeria verkauft wird.
Der Kaufhof auf der Düsseldorfer Königsallee steht möglicherweise vor einem erneuten Besitzerwechsel, wenn Galeria verkauft wird. © DPA Images | Federico Gambarini

Signa-Sanierer Stapf signalisiert zum einen, dass er diesen Weg unterstützt, indirekt allerdings auch, dass ihm womöglich gar nichts anderes übrig bleibt. Denn er betont an anderer Stelle nicht nur, mehr frisches Geld für die Finanzierung des komplexen Sanierungsverfahrens zu benötigen, sondern auch „die Wiedererlangung der Kontrolle über einzelne Teile der Signa-Unternehmensgruppe, soweit dies überhaupt noch möglich ist“. Er plädiert deshalb „für die Schaffung eines gruppenübergreifenden Lenkungsgremiums für die Restrukturierung der gesamten Gruppe“. Die Schweizer Handelstochter, zu der Galeria gehört, wollte genau das mit ihrem Gang zu einem Züricher Gericht verhindern.

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Bisher, teilt Stapf mit, hätten im Zuge des Insolvenzverfahrens 43 Gläubiger Forderungen in der Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro angemeldet. Die Signa Holding selbst war von insgesamt fünf Milliarden Euro an Verbindlichkeiten ausgegangen. Nach österreichischem Insolvenzrecht muss die Signa Holding mindestens 30 Prozent davon aufbringen, also 1,5 Milliarden Euro. Dafür muss mehr verkauft werden als das Chrysler Building und der Firmenjet.

Bis Klarheit herrscht, wer im Signa-Reich was zu Geld machen darf, wird es noch einige Wochen dauern. Stapf hat sich „für die forensische Sicherung der Daten und deren rechtlicher Analyse“ sowie der Liquiditätsplanung und die Organisation der Verkaufsprozesse von Beteiligungen Verstärkung von der Unternehmensberatung Deloitte geholt. Die vom Gericht verlangte Datensicherung gestalte sich schwierig, sei aber „mit erheblicher Verzögerung begonnen“ worden, so der Insolvenzverwalter.

In Essen schwindet die Bereitschaft, Signa Miete zu zahlen

In der Essener Galeria-Zentrale wartet man derweil auf die von Signa im letzten Insolvenzplan zugesagten 200 Millionen Euro, mit der die Sanierung der Warenhäuser angegangen werden sollte. Je länger die versprochenen Zahlungen ausbleiben, desto mehr wächst dem Vernehmen nach die Unlust, weiter überhöhte Mieten für die Kaufhäuser zu zahlen, deren Immobilien noch Signa gehören. Die Süddeutsche Zeitung will erfahren haben, dass Galeria diese Mieten vorerst bis Februar nicht mehr zahlen will. Dann müsste Signa die erste Tranche von 50 Millionen Euro nach Essen überweisen, was angesichts der Insolvenz in Österreich wenig wahrscheinlich ist.