Berlin/Frankfurt. In die Umwelt investieren und gleichzeitig privat vorsorgen: Der Boom der erneuerbaren Energien lockt trotz des Streits um die künftige Förderpolitik weiter viele Anleger an. Die guten Vorsätze der Kunden werden aber teils aus reiner Profitgier ausgenutzt, warnen Verbraucherschützer.
Der Öko-Euphorie und dem grünen Gewissen folgt immer häufiger die blanke Ernüchterung. Verbraucher, die vom Ausbau der erneuerbaren Energien auch bei der privaten Altersvorsorge oder eigenen Haustechnik profitieren wollen, fühlen sich angesichts von Negativ-Schlagzeilen in den vergangenen Monaten nicht selten übers Ohr gehauen. Ob die finanzielle Schieflage von Prokon, Windreich oder Windwärts, die Turbulenzen um Billigstromer mit Öko-Ablegern wie Flexstrom oder der Betrug mit mangelhaften Blockheizkraftwerken beim Anbieter GFE: Das, was bei tausenden umweltbewussten Kunden an Erwartungen geweckt wird, kann am Ende oft nicht gehalten werden.
"Es ist ein Problem, wie da kommuniziert und geworben wird", sagt die Finanzexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Dorothea Mohn. Natürlich müsse man jeden Einzelfall für sich betrachten. Insgesamt sehe sie aber schon die Tendenz, dass mit den häufig überzogenen Hoffnungen kleiner Öko-Anleger Schindluder getrieben wird: "Wir haben zum Teil eine perfide Logik. Je schlechter das Produkt, desto höher sind die Provisionszahlungen der Anbieter an den Vertrieb. Hohe Provisionszahlungen wirken renditezerrend."
Nicht Aufgabe des Staates
Nachdem vor allem der Fall des Windanlagen-Finanzierers Prokon nach dessen Insolvenzantrag bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte, ermahnte auch die Politik Unternehmen und Kunden zu einem schärferen Problembewusstsein. "Selbst eine noch bessere Regulierung wird nur bedingt helfen, wenn Anleger nur auf die Rendite und nicht auf die Risiken achten", warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Auch als Reaktion auf den drohenden Verlust von Genussrechtskapital bei der Firma aus Itzehoe schlug Verbraucherminister Heiko Maas (SPD) mehr Kompetenzen für die Finanzaufsicht Bafin vor. Genauere Prüfungen der Behörde sollen bei entsprechend hohen Risiken sogar in Verbote münden können. Doch die Bafin selbst ist anderer Meinung: Es könne nicht Aufgabe einer staatlichen Institution sein, festzustellen, dass Unternehmen A gut und Unternehmen B schlecht sei, sagte ihre Chefin Elke König im Finanzausschuss des Bundestages.
Aus Königs Sicht muss der mündige Bürger mit den Folgen finanzieller Fehlentscheidungen leben. Das Deutsche Aktieninstitut (DAI), das Pauschalverbote etwa von Genussrechten ablehnt, argumentiert ähnlich. "Es ist nicht Aufgabe des Staates, Anlegern Vorschriften zu machen, in welche Formen oder Branchen sie investieren dürfen", sagt DAI-Vorstand Christine Bortenlänger. Die finanzielle Allgemeinbildung müsse sich vielmehr bessern: "Jeder Anleger muss in die Lage versetzt werden, die mit einem Investment verbundenen Risiken einzuschätzen und auf dieser Basis eine fundierte Entscheidung zu treffen."
"Größenwahnsinnig, kriminell und betrügerisch"
Unabhängig vom Vorwissen der Verbraucher gilt: Je höher die in Aussicht gestellte Rendite, umso mehr Vorsicht ist geboten. So hatte die deutsch-schweizerische GFE fast 1500 Kunden mit nicht funktionierenden Mini-Blockheizkraftwerken um mehr als 62 Millionen Euro geprellt. GFE pries Anlagen an, die angeblich mit viel Wasser und wenig Pflanzenöl hochwirksam Strom erzeugen sowie 20 Jahre lang 30-prozentige Jahresrenditen erwirtschaften konnten. Tatsächlich aufgestellt wurden nur ein paar Kraftwerke. Sie produzierten zwar Strom - aber nicht wie versprochen 24 Stunden, sieben Tage die Woche.
Am Landgericht Nürnberg-Fürth sagte Ende Februar Richter Bernhard Germaschewski bei der Verurteilung von elf Verantwortlichen: "Sie wussten ganz genau, dass diese ökologischen Anlagen ziehen. Mit 30 Prozent Rendite ist ordentlich zu verdienen, und nebenbei rettet man den Planeten." Die versprochenen Einkünfte seien jedoch eine "reine Luftnummer" gewesen - "größenwahnsinnig, kriminell und betrügerisch".
Weg vom Anzapfen der Kleinsparer
Verbraucherschützerin Mohn betont: "Von den Anbietern werden die positiven Seiten stark einseitig herausgestellt. Das haben wir bei Prokon mit einem Renditeversprechen von 6 Prozent plus Überschuss eindrucksvoll erlebt." Den Interessenten werde nahegelegt: Tue Gutes mit Deinem Geld. "Da habe ich als Anlegerschützerin Bauchschmerzen."
Nötig sei bei der Finanzierung großer Infrastrukturvorhaben wie der Windkraft ein prinzipielles Umdenken der Projektplaner, fordert die Finanzexpertin: weg vom Anzapfen der Kleinsparer, hin zu einer höheren Attraktivität für Großinvestoren - etwa durch verlässlichere Rahmenbedingungen für die Windenergie. "Die Frage ist: Warum lässt man das uneingeschränkt auf alle Verbraucher los? Verlorene Gelder fehlen am Ende in der Altersvorsorge." (dpa)