Schönau. Heute überschlagen sich die Öko-Stromanbieter in Deutschland längst mit ihren Angeboten. Doch vor knapp 20 Jahren gab es noch keinen einzigen von ihnen. Eine Frau hat das damals kämpferisch geändert. Dafür gewann Ursula Sladek nun den Deutschen Umweltpreis.
"Stromrebellin" wird sie gerne genannt, die 67 Jahre alte Ursula Sladek. Und wenn man die Gründerin der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) fragt, wie sie denn diesen Spitznamen eigentlich findet, muss sie nicht lange überlegen. "Das geht schon in Ordnung, ich bin ja auch kämpferisch und setze mich vehement für wichtige Dinge ein", sagt sie.
Doch auch wenn sie heute alles wieder genau so machen würde wie damals: Leicht sei es nicht immer gewesen, erzählt sie. Nicht alle Bürger der 2300 Einwohner zählenden Gemeinde Schönau im Schwarzwald seien 1994 von ihrer Idee begeistert gewesen, das Stromnetz des örtlichen Anbieters zu kaufen und auf Ökostrom umzusteigen. "Vor allem in der Zeit der Bürgerentscheide gab es Tage, an denen ich mich gefragt habe: Warum tust du dir das nur an?", erzählt Sladek.
Ökostrom für Schönau seit 1997
Doch zu dem Zeitpunkt habe man ihre Idee nicht mehr zurückdrehen können, zu weit seien die Vorarbeiten schon gediehen, und zu groß sei die Verantwortung gewesen, die auf ihr lastete. Und so machten Ursula Sladek und ihre Mitstreiter weiter und hatten am Ende das schier Unmögliche geschafft: Nach ihrer Gründung 1994 übernahm die EWS im Jahr 1997 schließlich das öffentliche Stromnetz und versorgte die Schönauer fortan mit Ökostrom.
Nun wird ihr Durchhaltevermögen mit dem Deutschen Umweltpreis belohnt, dem zweiten wichtigen Preis für die Rebellin. Denn bereits im Jahr 2011 erhielt Ursula Sladek in den USA den renommierten "Umwelt-Oscar". Überreicht wurde ihr diese Auszeichnung zwar nicht vom US-Präsidenten Barack Obama persönlich. Doch nach der Preisverleihung durfte Sladek Obama immerhin in dessen Oval Office die Hand schütteln und kurz mit ihm sprechen.
100 gute Gründen gegen Atomkraft
Dabei überreichte die Schwarzwälderin dem Präsidenten ein Schriftstück mit "100 guten Gründen gegen Atomkraft", wie sie erzählt. "Ich hatte damals mein Bein gebrochen und wurde im Rollstuhl geschoben. Also habe ich mich einfach auf das Schriftstück gesetzt und es auf diese Weise ins Weiße Haus geschmuggelt", sagt Ursula Sladek und lacht.
Was genau sie Bundespräsident Joachim Gauck bei der Preisverleihung am 27. Oktober in Osnabrück mitbringen wird, möchte sie zwar noch nicht verraten. "Aber ich habe schon etwas mit ihm zu besprechen, mir gehen die Themen sicher nicht aus", sagt die studierte Lehrerin und Mutter von fünf Kindern.
Kein Gedanke an den Ruhestand
Dass sie jemals aus ihrem Unternehmen aussteigen wird, kann sich die derzeitige Vorstandsvorsitzende der Netzkauf Elektrizitätswerke Schönau eG im Moment noch nicht wirklich vorstellen. Zu viele Ideen hat sie noch im Kopf, zu viele Visionen, was sie mit ihrem Preisgeld von 250 000 Euro anstellen möchte. Doch Ursula Sladek hat nicht nur fünf Kinder, sondern auch neun Enkelkinder im Alter zwischen einem und zehn Jahren, um die sie sich gerne kümmert.
Auch ihre Nachfolge bei dem Öko-Stromanbieter ist bereits geregelt. Nach langer Suche habe man sich für ihre Söhne Sebastian (36) und Alexander (34) entschieden, beide arbeiten bereits im Unternehmen. "Uns war wichtig, dass der Geist von Schönau weiterhin verkörpert wird, und das machen meine Söhne ganz hervorragend." (dpa)