Essen. Bauherren leben unter Umständen gefährlich - wenn sie sich nicht absichern und den beauftragten Unternehmen blind vertrauen. Denn nicht nur unter den Schlüsselfertiganbietern gibt es schwarze Schafe. Thomas Penningh vom Verband Privater Bauherren hat Tipps für den sicheren Weg zum Eigenheim parat.

Wer sich für den Bau eines Eigenheims entscheidet, muss dabei eine Menge beachten. Das gilt insbesondere für die beliebte Zusammenarbeit mit einem sogenannten Schlüsselfertiganbieter. Wer sich blind auf das beauftragte Unternehmen verlässt, kann auch böse auf die Nase fallen. Worauf es zu achten gilt, um auf der halbwegs sicheren Seite zu sein, was die häufigsten Probleme sind und welche Hilfe unabhängige Sachverständige bieten, verrät Diplom-Ingenieur und Architekt Thomas Penningh (kl. Foto), Präsident des Verbands Privater Bauherren, in einem großen Interview.

Herr Penningh, ist es grundsätzlich ratsam, sich beim Bau eines Hauses für die Zusammenarbeit mit einem Bauträger oder Schlüsselfertiganbieter zu entscheiden?

Thomas Penningh: Nur zehn Prozent bauen mit einem eigenen, freien Architekten. Neun von zehn Bauherren beauftragen heutzutage einen Schlüsselfertiganbieter. Dabei können sie auf vorgefertigte Konzepte zurückgreifen. Das Problem dabei: Während der freie Architekt der Sachwalter des Bauherren ist, nur diesem verpflichtet und dessen Interessen gegenüber Behörden und Handwerkern vertritt, handelt es sich beim Schlüsselfertigunternehmer um einen kommerziellen Anbieter, der grundsätzlich „auf der anderen Seite“ des Tisches sitzt.

Der Bauherr muss also seine Interessen wahren. Weil ihm das als Laie sicher schwer fällt, sollte er sich einen unabhängigen Berater an die Seite holen, der ihn berät. Nicht verlassen kann er sich dabei auf den Architekten beziehungsweise Bauleiter, der seinen Bau betreut – der steht nämlich im Dienst des Schlüsselfertiganbieters und ist damit parteiisch. Mehr zum Thema „wer ist wer am Bau“ verrät ein kostenloser VPB-Ratgeber, der unter www.vpb.de, Rubrik „Downloads“ heruntergeladen werden kann.

Worauf sollte bei der Auswahl eines Schlüsselfertiganbieters geachtet werden? Gibt es Zeichen, an denen unseriöse Anbieter zu erkennen sind?

Penningh: Wer hunderttausende Euro ausgibt, der sollte sich vorher gut erkundigen, wem er sein Geld anvertraut. Zunächst einmal sollten sich die angehenden Bauherren Referenzen nennen lassen – und dann auch dort nachfragen, wie der Bau gelaufen ist. Gefällt einem, was man dabei hört, sollte man sich als nächstes alle Vertragsunterlagen geben lassen und einem unabhängigen Sachverständigen vorlegen. Das ist natürlich nur sinnvoll vor der Vertragsunterzeichnung.

Schon bevor es auf dem Bau rundgeht, sollten sich Bauherren ausführlich über die Vergabe der Gewerke und die Ausführung der Leistungen informieren.
Schon bevor es auf dem Bau rundgeht, sollten sich Bauherren ausführlich über die Vergabe der Gewerke und die Ausführung der Leistungen informieren. © Pixelio

Dabei zeigt sich dann, wie die Firma mit ihrem Vertragspartner umzugehen gedenkt: Liefert sie die gewünschten Unterlagen schnell? Sind alle Pläne vorhanden? Ist das Bau- und Leistungsverzeichnis komplett? Oder muss der Sachverständige etliches nachfordern? Stimmen die Berechnungen zum Beispiel zur EnEV? Wie steht es mit dem Zahlungsplan? Ist er realistisch oder übervorteilt er den Bauherren systematisch? Welche Sicherheiten stellt die Firma? Wie hält sie es mit Terminzusagen? Der erfahrene Bausachverständige merkt hier ganz schnell, ob er es mit einer seriösen Firma oder einem „schwarzen Schaf“ zu tun hat.

Mit Bürgschaften gegen Insolvenz des Bauunternehmens absichern 

Was ist bei Abschluss des Vertrages zu beachten?

Penningh: Bei Schlüsselfertigbauten herrscht Vertragsgestaltungsfreiheit. Damit der Bauherr nicht benachteiligt wird, braucht er einen unabhängigen Berater an seiner Seite, jemanden, der den Vertrag in seinem Sinne prüft und ihn bei eventuell nötigen Nachverhandlungen berät – wie oben im Detail beschrieben.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Probleme, die Häuslebauer mit dem beauftragten Unternehmen haben?

Penningh: In 97 Prozent aller Verträge fehlen unentbehrliche Bauleistungen! Das geht aus der aktuellen VPB-Studie „Schlüsselfertig Bauen – Die Bauverträge mit privaten Bauherren in der Praxis“ hervor. Oft fehlen der Erdaushub oder die Hausanschlüsse. Diese unverzichtbaren Leistungen müssten dann zusätzlich bezahlt werden und belaufen sich schnell auf 50.000 Euro und mehr. Damit rechnet niemand, schließlich verlassen sich die Leute darauf, dass „schlüsselfertig“ auch „bezugsfertig“ heißt. Stimmt nicht! „Schlüsselfertig ist ein reiner Marketingbegriff , entscheidend ist nur, was im Vertrag steht.

Gibt es wirksame Möglichkeiten, sich gegen die Pleite des Bauunternehmens zu wappnen oder im Fall der Fälle nicht zu schlimmen Schaden zu erleiden?

Penningh: Ja, zum einen spielt der Zahlungsplan eine zentrale Rolle. Der ist, neben der Bau- und Leistungsbeschreibung, das A und O des Bauvertrags. Er regelt, welcher Abschlagsbetrag wann und für welche Leistung bezahlt werden muss. Nach einer VPB-Studie setzen allerdings 89 Prozent aller Generalunter- und Generalübernehmer die Abschlagszahlungen im Zahlungsplan zu hoch an und nötigen die Bauherren dadurch zur Vorkasse. Geht die Firma pleite, ist das vorab bezahlte Geld verloren.

Damit das nicht passiert, ist es wichtig, bereits im Bauvertrag mit sachverständiger Hilfe einen realistischen Zahlungsplan zu formulieren, und später die Zahlungen auch erst dann zu überweisen, wenn der entsprechende Bautenstand erreicht ist, sprich, wenn das, was bezahlt werden soll auch wirklich mängelfrei dasteht. Außerdem sollte sich der Bauherr eine Fertigstellungs-, besser auch noch eine Gewährleistungsbürgschaft geben lassen. Falls der Unternehmer in die Insolvenz geht, wird das Geld freigegeben, und der Bauherr kann sein Haus fertigbauen oder sanieren.

Die Gewährleistungsbürgschaft muss der Bauherr aber verlangen und vertraglich vereinbaren. Wenn das Unternehmen diese zusagt, wird es die Kosten aber vermutlich auf den Preis draufschlagen. Man kann Bauherren auch deshalb wieder nur raten, alle Verträge vor Unterschrift von unabhängiger Seite prüfen zu lassen.