Essen. Darf der Vermieter Zweitschlüssel haben? Darf der Nachbar in der Mittagstunde Klavierspielen? Wie oft darf ich Partys feiern? Wenn es um Mietrecht geht, fühlen sich viele Menschen gut informiert. Doch in vielen Fällen liegen sie falsch. Ein Experte räumt mit den zehn größten Mietrecht-Irrtümern auf.

Die laute Musik des Nachbarn von nebenan, der Riesenköter der Familie obendrüber und die eigenwilligen Vorstellungen des Vermieters von "fachgerechter Renovierung": Rund um das Thema Miete ergeben sich immer wieder zahllose Probleme.

Was die rechtliche Lage angeht, hat annähernd jeder das Gefühl, sich zumindest halbwegs auszukennen. Doch viele vermeintliche Wahrheiten stimmen so gar nicht. Zusammen mit Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds, klären wir auf.

1) Der Vermieter darf einen Schlüssel zur Wohnung haben.

Nein, auf keinen Fall. "Niemand darf ohne Wissen des Mieters einen Schlüssel zu dessen Wohnung haben", erklärt Mietrecht-Experte Ulrich Ropertz. Für Notfälle reiche es völlig aus, wenn der Mieter seinen Vermieter darüber informiert, wo ein Zweitschlüssel deponiert ist, beispielsweise bei Freunden.

Betritt der Vermieter ohne Wissen des Mieters dessen Wohnung, so sei das ein Fall von Hausfriedensbruch - und berechtige den Mieter zur fristlosen Kündigung.

2) Partys sind einmal im Monat erlaubt.

Eine solche Regelung gibt es nicht, erklärt Ulrich Ropertz - auch wenn sich sehr viele Menschen darauf berufen. "Mieter haben kein Recht auf ausschweifende, laute Partys", sagt er. Die gesetzliche Nachtruhe von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens gelte ausnahmslos jede Nacht.

Das heiße natürlich nicht, dass man nicht feiern dürfe. Allerdings sollte man auf den Lärmpegel achten und die Nachbarn im Vorfeld informieren. Im Zweifelsfall kann man sie ja gleich miteinladen.

Was der Mietvertrag über das Halten von Hund und Katze sagt 

3) Der Vermieter kann das Halten von Haustieren grundsätzlich untersagen.

Das stimmt nicht, sagt Ropertz und führt ein Urteil des Bundesgerichtshofs als Beleg an. Darin haben die Juristen klar entschieden, dass ein generelles Verbot von Haustieren die Mieter zu stark benachteilige. Geklagt hatte ein Mann aus Gelsenkirchen, der einen Mischlingshund in seiner Wohnung halten wollte, obwohl sein Mietvertrag das untersagte. Der Vermieter dürfe kein pauschales Verbot aussprechen, sondern müsse im Einzelfall abwägen, urteilten die Richter.

Kleintiere wie Hamster oder Fische dürfen Mieter übrigens immer halten, auch wenn Haustiere laut Mietvertrag verboten sind.

4) Wer drei potentielle Nachmieter stellt, kann vorzeitig aus seinem Mietvertrag raus.

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Eine These, die so häufig erzählte wurde, dass die meisten Menschen sie für wahr halten, doch das stimmt nicht: Der Mieter muss den Vertrag, den er unterschrieben hat, auch erfüllen - und das bedeutet im Zweifel zu zahlen, bis die Kündigungsfrist abgelaufen ist.

Allerdings hat der Vermieter meist ja ein Interesse daran, die Wohnung neuzuvermieten. Wer seinem Vermieter also zahlungskräftige Nachmieter präsentiert, hat - auch ohne Rechtsanspruch - gute Chancen, aus dem Vertrag herauszukommen.

Wer bestimmt beim Renovieren über die Wandfarbe? 

5) Von 12 bis 15 Uhr ist gesetzliche Mittagsruhe.

Nein, eine "gesetzlich verordnete" Mittagsruhe gibt es in Deutschland nicht. Viele Bundesländer haben eine offizielle Mittagsruhe angeordnet, doch NRW gehört nicht dazu. Hier gibt es tagsüber keine festgeschriebene Ruhephase.

Allerdings schreibt beispielsweise die bundesweit gültige Geräte- und Maschinenlärmschutz-Verordnung vor, dass zwischen 13 und 15 Uhr keine lauten Geräte eingesetzt werden dürfen. Zudem können Kommunen Lärmverordnungen erlassen, die spezielle Ruhezeiten vorsieht. Gleiches gilt für Hausordnungen.

6) Der Vermieter darf beim Renovieren die Wandfarbe bestimmen.

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Die Frage, in welchem Ausmaß Mieter beim Auszug renovieren müssen, hat die Gerichte in Deutschland schon etliche Male beschäftigt.

Der BGH hat dabei eindeutig festgelegt: Wenn der Mieter renovieren muss, dann entscheidet er selbst über die Farbe. Einzige Einschränkung: Die Wandbemalung darf die Qualität der Wohnung nicht senken bzw. darf es dem Vermieter nicht schwieriger gemacht werden, die Wohnung zu vermieten. Der Mieter sollte also dezente Farben verwenden.

Während der Mietzeit kann der Mieter die Wände streichen, wie er will. Da darf sich der Vermieter überhaupt nicht einmischen.

Mieter dürfen Kaution und Miete nicht aufrechnen 

7) Wer einmal die Miete nicht zahlt, kann fristlos gekündigt werden.

So schnell geht das nicht, gibt Experte Ropertz Entwarnung. Wer die Miete einmal schuldig bleibe, könne noch nicht gekündigt werden. Erst wenn zwei Monate lang keine Miete gezahlt worden ist, habe der Vermieter das Recht, seinem säumigen Mieter fristlos zu kündigen.

8) Bei Auszug kann man die Kaution mit den letzten Monatsmieten verrechnen.

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Das ist Quatsch, sagt Mietrecht-Experte Ropertz. "Der Vermieter hat bis zum letzten Tag des Mietverhältnisses Anspruch auf die Miete." Der Mieter dürfe die Mietzahlung nicht mit der Kaution verrechnen.

Wer es doch versuche, riskiere, dass der Vermieter klagt. Im äußersten Fall könne es sogar zu einer Kontopfändung kommen.

Bei Mietverträgen gibt es kein Rücktrittsrecht 

9) Der Mietvertrag gilt erst bei Einzug.

Das kann natürlich auch nicht stimmen. "Der Mietvertrag gilt ab dem Moment, wo er unterschrieben ist", erklärt Ropertz. Ein 14-Tage-Rücktrittsrecht wie bei Haustürgeschäften oder Internetbestellungen gibt es bei Mietverträgen nicht.

Andersherum bedeutet das: Wer seinen Mietvertrag deutlich vor dem Einzugstermin abschließt, kann gegebenenfalls kündigen, bevor er die erste Miete zahlen muss.

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10) Der Vermieter hat völlig freie Hand bei Mieterhöhungen

Nein, das ist so nicht richtig. Experte Ropertz erklärt: Will der Vermieter eine Erhöhung durchsetzen, muss er anhand von Vergleichswohnungen oder eines Sachverständigengutachtens nachweisen, dass die Erhöhung gerechtfertigt ist.

Auch wenn er Modernisierungen am Haus vorgenommen hat, kann der Vermieter die Miete erhöhen. Mit allgemeinen Aussagen wie "alles wird teurer" lasse sich aber keine Mieterhöhung begründen, sagt Ropertz.